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CHÖRBI

orgel

Ich bin nicht gewalttätig, das sage ich gleich vorneweg. Aber wenn ein gut gekleideter Herr vor mir steht und mir seinen kleinen Kobold zeigen will, dann werde ich zur Furie, dann könnte ich ihm „Die Königin der Nacht“ barfuß auf den Hintern trommeln.

Nun steht aber nicht ein Mann vor mir, der mir seinen Kobold mal vorführen will, sondern es sind gleich zwei Männer und die haben noch etwas viel Dolleres, nämlich einen HURNY und sie kommen unüberchörbar aus der Schweiz, weshalb der HURBY bei ihnen auch CHÖRBI heißt.

CHÖRBY das ist ein Staubsauger, man hat es sich schon gedacht, und dieser Staubsauger kann alles: Luftmatratzen aufpumpen, Rücken massieren, Badewasser aufsprudeln, Krach machen und natürlich Staubsaugen.
Und genau das wollen mir die Herren Habasch und Pörre ganz genau zeigen.

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Frau Büser wollte die ja rausschmeißen, weil sie meinte das seien Zeugen Jehovas. Ich warf jedoch einen Blick auf den überdimensionalen Koffer der Herren Habasch und Pörre und fragte Frau Büser: „Und, was meinen Sie, haben die beiden in dem Koffer, Jehova persönlich?“

„Jehova? Nicht doch! Da sind die ganzen Wachttürme drin!“

„Ja, aus Stein und Zement vielleicht.“

„Vielleicht ist es ja die Großdruckausgabe mit extra großen Buchstaben, so gut sieht er ja nicht mehr, unser Chef“, steuert Sandy bei, fängt sich einen fürchterlich strafenden Blick meinerseits ein und wenig später packen die Schweizer ihren Wunderapparat aus.

Nein, gegen Jehovas Zeugen habe ich nichts, ich habe aus ganz bestimmten Gründen, von denen ich später noch mal erzählen werde, eine ganz besonders hohe Meinung von ihnen, wenngleich ich mit ihrer Religion nichts anfangen kann. Ich habe auch nichts gegen Staubsaugervertreter, schon gar nicht wenn sie aus der Schweiz kommen, die sprechen so niedlich.

Der CHÖRBI sei quasi nur deshalb von Ingenieuren der NASA erfunden worden um mich, ausgerechnet mich glücklich zu machen und wenn ich das erste Mal mit ihm Sahne schlage oder Laub wegpuste, dann hätte ich enorm an Lebensqualität gewonnen, meint Herr Habasch und währenddessen nimmt der CHÖRBI unter Herrn Pörres Händen unglaubliche Ausmaße an. Mit dem ganzen Zubehör und dem voluminösen Staubsack ist er fast so groß wie eine Harley-Davidson und … er macht auch soviel Krach!

Mit der Hyperreinigungsfunktion könne der CHÖRBI quasi jeden Flecken in Lichtgeschwindigkeit aus dem Teppich beamen, lächelt mich Herr Pörre an und ich deute nur wortlos auf einen Fleck direkt vor Frau Büsers Bürotür.
Diesen Fleck hat Sandy produziert, als sie der Meinung war, sie müsse an einem langweiligen Samstagnachmittag eine zweistündige Wartezeit im Büro damit überbrücken, indem sie sich die Haare schwarz färbte. Bei diesen langen Haaren geht das alleine sowieso schlecht und wenn man dann auch noch niemanden zum Helfen hat, geht das noch schlechter. Auf jeden Fall landete ein Klecks dieser farbe auf dem Boden und Sandy hat dann auch noch versucht, diesen mit Nagellackentfrner, Hustensaft, Druckertoner, Tinte und Ketchup zu entfernen.

„Da, machen Sie doch den mal weg!“ sage ich zu den Schweizern und die füllen aus einer mitgebrachten Flasche Wasser in den CHÖRBI, denn der kann auch dampfstrahlen.
Etwa eine Viertelstunde später ist der Fleck etwa doppelt so groß, das solle mich aber weiter nicht beunruhigen, denn das da sei jetzt nur noch Wasser und wenn das getrocknet sei, dann sei er weg, der Fleck.

„Und das hier?“ frage ich und deute auf eine etwas abgelaufene Stelle im Eingangsbereich meines Büros. Da schlurfen so viele rein und raus, da hat es den Teppichboden doch schon etwas mitgenommen.
„CHÖRBI kann das!“ ruft Herr Habasch und gibt Dampf. Gleichzeitig schaltet Herr Pörre im düsenjägerartigen Cockpit des CHÖBI die Rotationsbürsten hinzu und wenige Sekunden später ist die abgelaufene Stelle verschwunden.
Sie ist jetzt aber nicht dergestalt verschwunden, daß sie nun wieder wie neu aussieht, sie ist tatsächlich und buchstäblich weg.
Der CHÖRBI hat sie gefressen, ein Faden hat sich um die Rotationsbürste gewickelt und mit der Kraft eines Mähdreschers hat sich der Teppichboden auf der Fläche einer Fußmatte quasi aufgelöst. Zurück bleibt der gelblich-graue Gummibelag auf dem die Schlingenware ehedem befestigt war.

Ich muß jetzt gestehen, daß ich schon vor längerer Zeit den freundlich aber bestimmt vorgetragenen Auftrag meiner Gattin hatte, endlich diesen vergammelten Boden aus meinem Büro rauszuwerfen. Allerdings hatte ich zu der Zeit gerade einen neuen Werkzeugkoffer erstanden und mit dem darin befindlichen Cuttermesser sämtliche losgelösten Fäden abgeschnitten und mit dem nagelneuen Schraubendreher eine superperfekte Abschlussleiste montiert, die die verbliebenen Fransen toll verdeckte… bis der CHÖRBI sie jetzt gefunden hat.

Das ist den Schweizern natürlich fürchterlich peinlich, Pörre zieht den Stecker, Habasch schlägt die Hände vors Gesicht und sagt etwas, das sich anhört wie „Ui Chui dä mui is fui“ oder so. Etwas Ähnliches habe ich mal aus dem Mund einer asiatischen Pornodarstellerin gehört, als ich ganz zufällig, sozusagen aus Versehen, durch eine dumme Vertauschung in der Videothek kurzzeitig in den Besitz des Filmes: „Dr. Barbuse und die Äbtissin mit der Peitsche“ gekommen war.
Aber Habasch wird weder gepeitscht, noch bin ich Dr. Barbuse der Langriemige, sondern lediglich mein Teppich wurde skalpiert. „Das ist jetzt aber dumm“, sage ich und Habasch meint: „Gut daß das jetzt passiert, gut das das passiert während wir noch da sind.“

„Wenn Sie nicht da wären, wäre das gar nicht passiert.“

„Da hat er Recht“, pflichtet mir Pörre bei und Frau Büser kommt aus ihrem Büro, sieht das Malheur, verzieht nicht einmal ihr Gesicht, sondern sagt im Vorbeigehen nur: „Na, spielt ihr schön?“

Eigentlich müßte ich ein Hohlkreuz haben, so oft wie die mir schon in den Rücken gefallen ist!

Pörre versucht sich an einer Erklärung und kommt zu dem Schluß, daß das ja nur die besondere Qualität des CHÖRBI beweise, woraufhin ich hinzufüge: „Sieht aber trotzdem Scheiße aus, oder?“

Dafür käme die Firma natürlich auf, aber immerhin sei nunmehr sichergestellt, daß da auch wirklich keine einzige Milbe mehr zu finden sei, die seien nämlich alle in atomisiertem Wasser gebunden im Auffangtopf des CHÖBI.

4.000 Euro!

4.000 Euro wollen die Schweizer für ihren Apparat und ich winde mich. Um mein Winden etwas zu überspielen, saugt Pörre den Rest des ganzen Büros, auch bei Sandy zwischen den Füßen, wo er sich besonders lange aufhält und als ich mich dann immer noch winde, saugt er auch noch die ganze Trauerhalle.
Ich winde mich weiter und handele bei Herrn Habasch noch den Hyper-Filter und den Autoschlauch aus, den er gewissenhaft notiert.
Nach etwa dreieinhalb Stunden ist das ganze Haus gesaugt, halte ich ein unterschriebenes Blatt mit einem Schuldanerkenntnis für den zerstörten Teppichboden in Händen und die beiden Schweizer haben enttäuscht den CHÖRBI wieder eingepackt.

„Wie, Du hast das Ding nicht gekauft?“ erstaunt sich meine Frau: „Du kaufst doch sonst alles was blinkt, piepst und wo ein Kabel dran ist.“

„Oder wo Batterien reinkommen“, ruft Frau Büser über den Flur. Ich sag nur Hohlkreuz!

„Nein, den CHÖBI kaufe ich nicht, basta!“

„Wie kommt das denn?“ will meine Frau wissen und Frau Büser, die verräterische Natter muß sich wieder einmischen und ruft: „Weil er erst vorgestern beim Vorwerk-Mann einen Kobold bestellt hat!“

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