Conny machte mich auf ein Netzfundstück aufmerksam.
In einem der Frage-Antwortportale, in denen Laien die Fragen von Laien beantworten und in denen meist die falscheste und schlechteste Antwort als besonders hilfreich bewertet wird, fragte jemand:
„Darf ein Bestatter jemanden einäschern ohne Erlaubnis der Angehörigen wenn die Verwesung zu stark fortgeschritten ist?“
Eine der Antworten darauf lautete:
Verwesen tut man als Leiche so oder so. Also ist das quatsch. Außerdem kostet einäschern extra und das wollen viele nicht, die z.B. kein Geld haben, aber schon nen überteuerten Sarg und das alles besorgen mussten. Zudem ist das Grab für Urnen viel kleiner auf dem Friedhof, als das für jemanden der nur im Sarg liegt. Zudem ist dann da die Frage: Wie Tauscht man dann das Grab, wenn das normale dann zu groß ist? Und es gibt ja noch sowas wie „der letzte Wille“ im Testament und wenn da drin steht, wie man beerdigt werden soll, darf keiner was dagegen sagen… In nem Testament meines Opas der vor fast 5 Jahren gestorben ist, stand drin er wolle verbrannt und auf dem Friedhof verstreut werden. Und so haben wir das auch machen lassen, auch wenn eine Tante von mir ihn lieber unter die Erde verbuddeln ließ…
Nun möchte Leserin Conny wissen, wie das denn wirklich richtig ist. Kann ein Bestatter ohne Auftrag einfach eine Einäscherung vornehmen?
Nun, dazu wissen wir zu wenig. Wir wissen nichts über die Vorgeschichte, nichts über die Zeiträume und auch nichts über das entsprechende Bundesland.
Die Antwort des Laien gibt auch nichts her, sie ist vom Ansatz her wertlos.
„Verwesen tut man als Leiche so oder so. Also ist das quatsch.“
Natürlich vergehen alle Verstorbenen, jedoch geschieht das in höchst unterschiedlichen Zeiträumen.
Der eine Verstorbene liegt auch nach einer tagelangen Liegezeit noch völlig intakt da, während ein anderer schon einen Tag nach dem Todeseintritt erste Zersetzungserscheinungen zeigt.
Die Kühlung beim Bestatter, auf dem Friedhof und im Krematorium ist nur dazu geeignet, den normalen Zersetzungsprozess zu verlangsamen, ganz aufhalten kann sie diesen nicht.
So kommt es vor, daß ein Verstorbener trotz guter hygienischer Versorgung und Kühlung so schnell eine Geruchsentwicklung und einen Zerfall zeigt, daß der Bestatter zur Eile mahnt.
Das Argument des Antwortgeber ist also dummes Zeug.
„Außerdem kostet einäschern extra und das wollen viele nicht, die z.B. kein Geld haben, aber schon nen überteuerten Sarg und das alles besorgen mussten.“
Dieser Teil der Antwort ist ebenfalls falsch. Die Feuerbestattung ist im Vergleich zur Erdbestattung wesentlich günstiger. Nicht umsonst beinhalten alle Billigangebote und auch vielerorts die Armen- und Sozialbestattungen die günstige Feuerbestattung.
Man kann einen wesentlich günstigeren Sarg wählen, da dieser nur den gesetzlichen Anforderungen genügen muß (Umhüllung des Körpers, Aufnahme von Flüssigkeiten etc.) und nicht dem Erddruck in einem Grab widerstehen können muß.
Außerdem ist das zu erwerbende Grab deutlich günstiger und man ist bei der Wahl des Verbleibs der sterblichen Überreste wesentlich flexibler.
Ein Erdsarg kann nur ins Erdgrab, Punkt. Eine Urne kann man im Meer versenken lassen, die Asche ausstreuen lassen, ins Weltall schießen oder in der Stratosphäre oder von einem Ballon verstreuen lassen.
Wenn es um die Frage geht, was am günstigsten ist, dann heißt die Antwort Feuerbestattung im günstigen Verbrennersarg, keine Schmuckurne kaufen und anonym beisetzen lassen.
„Zudem ist das Grab für Urnen viel kleiner auf dem Friedhof, als das für jemanden der nur im Sarg liegt. Zudem ist dann da die Frage: Wie Tauscht man dann das Grab, wenn das normale dann zu groß ist?“
Es ist ja nicht bekannt, ob die fragestellende Familie bereits ein Grab besitzt oder nicht.
Findet eine Feuerbestattung statt, bedarf es natürlich allein für diese Urne keines großen Grabes. Insofern stellt sich die Frage erst gar nicht, ob da ein kleines oder großes Grab in Frage kommt.
Hat die Familie bereits ein großes Grab, kann dort eine Urne oder ein Sarg beigesetzt werden, das macht keinen Unterschied. Hat sie noch kein Grab, wird sie für die Urne kein großes kaufen müssen.
„Und es gibt ja noch sowas wie „der letzte Wille“ im Testament und wenn da drin steht, wie man beerdigt werden soll, darf keiner was dagegen sagen… In nem Testament meines Opas der vor fast 5 Jahren gestorben ist, stand drin er wolle verbrannt und auf dem Friedhof verstreut werden. Und so haben wir das auch machen lassen, auch wenn eine Tante von mir ihn lieber unter die Erde verbuddeln ließ… „
Tja, erfahrene Bestatterweblog-Leser wissen, daß das Testament der denkbar schlechteste Ort ist, an dem man seine Wünsche bezüglich der Bestattung niederlegt.
Ein Testament wird oft erst Wochen, wenn nicht gar Monate nach der Beisetzung eröffnet. Und wenn dann da drin steht, daß der Opa gerne erdbestattet worden wäre, ist er vielleicht schon längst verbrannt…
Ein dummer Rat!
Die beste Variante, um seine Wünsche festzulegen, ist der Abschluß eines Bestattungsvorsorgevertrages bei einem Bestatter.
Dort legt man fest, wie, wo und unter welchen zeremoniellen Begleitumständen man bestattet werden möchte. Der Bestatter wird dann, sofern dem keine wichtigen Argumente der Angehörigen entgegenstehen, diesen Wunsch auch durchsetzen.
Aber, nicht immer sind die Entscheidungen, die der Verstorbene zu Lebzeiten getroffen hat, klug und gut durchdacht. Wem nützt es, wenn der Verstorbene sich ein 12 Meter breites, ständig mit Blumen aus dem Orient geschmücktes Erdgrab als Familienruhestätte wünscht, wenn keiner der Angehörigen in der Nähe lebt und niemand bereit ist, dieses Monumentalgrab zu pflegen, und dann auch noch kein Geld für die Grabpflege zurückgelegt worden ist?
Manchmal besteht auch nur noch eine freie Grabstelle für genau eine Urne in einem Familiengrab. Diese könnte für wenig Geld entsprechend verlängert werden. Für das vom Verstorbenen gewünschte Einzelerdgrab kämen fast 6.000 Euro auf die nicht begüterten Angehörigen zu.
All das können Gründe sein, trotzdem vom Willen des Verstorbenen aus Vernunftsgründen abzuweichen.
Bleibt die Frage, ob ein Bestatter einfach sagen kann: „Wir äschern den jetzt ein, weil der Leichnam schon in Verwesung übergeht.“
Nein, das kann ein Bestatter nicht einfach über die Köpfe seiner Auftraggeber hinweg entscheiden.
Er kann das tun, wenn die Hinterbliebenen gar nicht seine Auftraggeber sind und er stattdessen die Anweisungen aus einer Bestattungsvorsorge erfüllt.
Er kann da auch tun, wenn die Ortspolizeibehörde, das Ordnungs- oder Gesundheitsamt eine entsprechende Verfügung erläßt.
Und das kann passieren, wenn die Angehörigen sich nicht innerhalb gewisser Fristen rühren.
Ich erinnere mich an einen Fall, da wurde von der „Pietät Eichenlaub“ eine Verstorbene in einem Krankenhaus abgeholt, dort eiligst eingesargt und sofort auf den Friedhof gebracht.
Dadurch ist nur eine einzige Fahrt angefallen und die Pietät Eichenlaub muß keine Kühl- und Aufbewahrungskosten für diese Verstorbene aufwenden.
Indes: Auf der Rechnung tauchten natürlich zwei Fahrten und drei Tage Kühlkosten auf.
Nun handelte es sich bei der Familie der Verstorbenen um Menschen aus einem gewissen Milieu. Man trat erst großspurig beim Bestatter auf, kam mit zehn Personen und machte dicke Backen.
Nach diesem ersten Gespräch hatte man sich aber ob der zu erwartenden Kosten heftigst ge- und zerstritten.
Es meldete sich dann keiner der Angehörigen mehr und auf Nachfrage der Pietät Eichenlaub fühlte sich auch niemand zuständig.
So vergingen 14 Tage und trotz recht moderater Außentemperaturen begann bei der Verstorbenen in der Aufbahrungszelle des Friedhofs schon nach drei Tagen ein erheblicher Zerfall des Körpers, einhergehend mit der entsprechenden Veränderung und Geruchsentwicklung.
Auf Beschwerden des Friedhofsverwalters reagierte die Pietät nicht und so reichte der Verwalter die Beschwerde an das Friedhofsamt als Ortspolizeibehörde weiter. Dort versuchte die Mitarbeiterin, die Angehörigen zum Handeln zu bewegen, was erfolglos blieb.
So wurde dann von Amts wegen die sofortige Einäscherung nach erfolgter zweiter Leichenschau angeordnet.
Man sieht, es gibt so viele Varianten, die möglich sein könnten, von denen man aber aus der oberflächlich gestellten Frage nichts ableiten kann. So gesehen ist es nicht verwunderlich, daß alle Antworten ebenfalls ins Leere gehen.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
[…]und nicht dem Erddruck in einem Grab widerstehen können muß.[…]
Warum?
Kann doch eigentlich egal sein, wann der Sarg dem Erdruck nachgibt….denjenigen der da drin liegt stört es nicht mehr und die Angestellten des Friedhofs müssen sowieso früher oder später u.U. Erde nachfüllen wenn die Grabstelle einsackt….ob das nun früher passiert oder dann später sollte eigentlich egal sein…..
bombjack
@bombjack: Manchen ist das egal, so wie Dir. Anderen ist das aber nicht egal. Unsere Trauerkultur sieht den Toten als ewig Schlafenden, als Entschlafenen. So sehen die Angehörigen ihren Verstorbenen auch zum letzten Mal, eingebettet in einen Sarg mit Kopfkissen und Decke. Genau diese Vorstellung bewegen sie in ihrem Kopf, wenn sie an den Verstorbenen in seinem Grab denken. Daher möchte man als Sargbauer und Bestatter sicherstellen, daß der Verstorbene lange genug Zeit hat, soweit zu vergehen, daß die Angehörigen sich nicht mehr dadurch gestört fühlen, wenn das Holz einbricht und die Erde auf den Verstorbenen sackt. Das ist keine Erfindung der Sarg- oder Bestattungsindustrie, sondern der immer wieder geäußerte Wunsch, bzw. eine immer wieder vorgebrachte Befürchtung oder Reklamation, daß man auf gar keinen Fall will, daß der Verstorbene von der „nassen Erde zusammengedrückt wird“. Daher werden Särge für eine Erdbestattung aus Holz von festerer Beschaffenheit und/oder Verarbeitung verwendet. Außerdem: Nicht überall sind für das Auffüllen der nachgesackten Erde die Friedhofsangestellten zuständig. Auf wievielen Friedhöfen habe ich es schon gesehen, daß alte Mütterchen Woche für… Weiterlesen »
@Peter Wilhelm:
Vor einigen Jahren hatten wir hier im Nord-Westen NRW´s mal überdurchschnittlich viel Regen über einen langen Zeitraum. Daraufhin sind mir beim Gang über den Friedhof etliche Gräber aufgefallen, die durch die nasse, schwere Erde eingesackt sind. Wenn ich mich recht erinnere, war das hier auch damals in der Presse.
Mir fällt da noch eine Frage ein: Meine Großtante starb 2005. Sie bekam einen Eichensarg und die Erde, in der sie beerdigt wurde, ist in der Tiefe hell. Nie ist mir aufgefallen, dass die Erde nachgesackt wäre, obwohl andere Familienmitglieder und ich, regelmäßig auf dem Friedhof sind zur Grabpflege. Wäre es möglich, dass der Sarg noch ganz ist, oder ist das nach 10 Jahren mehr als unwahrscheinlich?
@André: Sehr gute Beobachtungen.
Grundsätzlich ist es vom Verhältnis der Friedhofsbesucher zum dortigen Personal abhängig, ob die Arbeiter nicht doch mal eben mit dem Lader einen halben Kubikmeter aufs Grab schütten und festdrücken.
Auf manchen Friedhöfen erledigen die das wie selbstverständlich, auf anderen wird ganz genau unterschieden, ob die Unterspülung neben oder auf dem Grab ist.
Ein Eichensarg kann so fest sein, daß er tatsächlich Jahrzehnte halten kann. Je nach Bodenbeschaffenheit kann aber auch ein stabiler Sarg nach wenigen Jahren zu Brettern und Fragmenten zerfallen sein.
In anderen Böden stehen die Särge bei einer Wiederbelegung oft noch völlig intakt in der Grube. Indes: Der Leichnam ist dann oft schon vergangen, sodaß die Arbeiter oft mal mit der Baggerschaufel dem widerstandsfähigen Sarg etwas zu Leibe rücken.
Ein leichter Druck und die Angelegenheit zerlegt sich.
Auf manchen Friedhöfen, ich meine es war in der Gegend von Aachen, zersetzen sich Särge in der Erde fast gar nicht. Auch die Zersetzung der Leichname wird durch Sauerstoffmangel gehemmt.
Hier helfen nur Drainagen und zusätzliche Grabbelüftungen.
@Peter Wilhelm:
Vielen Dank für Deine schnelle Antwort!!
Dann schau ich mal, ob da noch was absackt. Zumal meine Großeltern 2009 und 2010 direkt daneben bestattet wurden.
Das mit der Baggerschaufel bei der Wiederbelegung, wie Du schreibst, möchte ich nochmal aufnehmen: Ich hab hier mal gehört, dass die Friedhofsmitarbeiter den Sarg schonmal direkt beim verschließen des frischen Grabes zum einbrechen bringen. Allerdings glaube ich, dass diese Meinung von ganz besonder gut (Achtung Ironie) informierten Leuten kommt. Gesehen hat das natürlich nie jemand.
@André:
das gibt es bei uns auch, und das „Gerücht“ ist durchaus wahr…
Ich habe Kollegen die regelmäßig beim verfüllen des Grabes die Särge mit eindrücken…
und dass hab ich auch beobachtet, bzw. es haben auch meine Ohren gehört…
es ist was wahres dran…
Ich kann mich eben nicht damit abfinden, dass ich einen Verbrennersarg in ein Erdgrab stellen soll…
Wir beraten eben die Angehörigen nach besten Gewissen, und da wird auch offen über die Auswahl von einem Sarg gesprochen, ob dieses Modell für Erdbestattung geeignet ist oder nicht.
…ich hab grad „WiederbeleBung“ gelesen und schon übles Kopfkino gehabt…. Einfach zu heiss heute 😉
@Peter Wilhelm:
Okay….Danke für die Antwort hatte ich nicht auf dem Schirm….dann spräche aber auch nichts dagegen*, dass ein „Verbrennersarg“ für eine Erdbestattung verwendet wird, sofern die Angehörigen damit keine Probleme haben….
*= keine behördliche oder technische (Ofen des Krematoriums) Vorschrift
bombjack
@bombjack:
Nachtrag damit keine Missverständnisse aufkommen: ….und es wünschen…
bombjack
Wir bekamen früher ein so genanntes „Sozialmodell“ geliefert. Einmal mit Bohrung und ohne Bohrung, so hatte man für Erd und Feuerbestattungen ein Modell. Es war der schlichteste Kiefernsarg des Herstellers, wir nannten ihn in unserem Jargon Sozialmodell, weil vor langer Zeit die Sozialämter noch die Erdbestattung zahlten. Zumindest in unserer Gegend, später wurde der Verbrenner das Sozialmodell. Bei uns hat sich zur Jahrtausendwende die Verbrennung immer mehr etabliert, selbst Leute die früher einen guten Eichensarg nahmen, entschieden sich immer öfter für die Kremierung ihres Verstorbenen. Nun ja, die Zeiten ändern sich!
Es gibt auch Friedhöfe in denen man keine Eichensärge beisetzen darf, eben wegen der Bodenbeschaffenheit, und der Vergänglichkeit…
und wie gesagt es gibt eben ehrliche Bestatter die eben gut und sachlich Beraten, oder eben auch solche die es sch.. egal ist welchen Sarg die Hinterbliebenen aussuchen. Nach dem Motto Tod ist Tod, Hauptsache ich verkaufe was…
In einem der Frage-Antwortportale, in denen Laien die Fragen von Laien beantworten und in denen meist die falscheste und schlechteste Antwort als besonders hilfreich bewertet wird, …
Kenn ich. Nur zu gut. Wie oft habe ich Kunden dastehen, die irgendwo eine gefällige Antwort aufgeschnappt haben und nun daran fasthalten, egal, was der Professionelle vor ihnen da erzählt…
@Christians Ex:
Wie wahr, wie wahr! Also ist dass nicht nur bei uns so… Da heißt es immer: „wir haben uns im Internet auf ein Portal das äh,ähh, wir wissen nicht mehr wie es geheißen hat, informiert… „
@Christians Ex: nunja, das ist natürlich schon ätzend. Andererseits ist es auch oft so dass es irgendwelche Rabatte oder ähnliches gibt, die man nur auf Nachfrage (d.h. wenn man sich vorher informiert hat) kriegt – von denen der/die Professionelle gar nichts sagen darf.
Kommt natürlich immer auf die Quelle der Information an 😉
Joh, wenn ich mal einen schlechten Tag habe und etwas zum Lachen brauche gehe ich auf so ein Frage-Antwort-Portal und lese die Antworten.
:-))