Geschichten

Das Fest der Liebe

Mein Bruder hat die Beerdigung unserer gemeinsamen Mutter in Auftrag gegeben. Ich wohne weiter weg und konnte mich die letzten Jahren aus verständlichen Gründen (Kinder, Karriere, Hausbau) nicht um meine pflegebedürftige Mutter kümmern, weil ich nebenberuflich auch noch die Abrechnung für meinen Mann mache, der ein zahntechnisches Labor hat.
Nun hat mein Bruder sich die letzten Jahre ins gemachte Netz gesetzt und meine Mutter gepflegt. Seine Frau hat sogar ihren Job aufgegeben um sich um die Mutter zu kümmern sagt sie. Ich glaube, dass die sich eher einen schönen Lenz gemacht hat, denn da kam ja jeden Tag einmal der Pflegedienst und das Geld von der Pflegeversicherung hat sich mein Bruder auch eingesteckt.
Ich muss dazu sagen, dass mein Bruder vor sechs Jahren sein Erbe im Vorraus angetreten hat und in das Doppelhaus unserer Mutter gezogen ist. Die Hälfte hat er mir mit einem Bankkredit ausbezahlt.
Man sieht deutlich, dass mein Bruder und seine Frau die ganzen Jahre nur profitiert haben, das Haus, das Pflegegeld, die Freizeit, alles nur Vorteile.

„Nun hat er die Beerdigung ohne mein Wissen und meine Absprache einfach in Auftrag gegeben. Wir sind in den Wochen vor Weihnachten seit Jahren immer zwei Wochen auf den Malediven und erst vorgestern wieder gekommen.
Da ruft er mich an und teilt mir mit dass Mutter gestorben ist. Ich habe ihm natürlich meine Meinung gesagt, so etwas sagt man nicht am Telefon, wir haben ja nie Handys mit, wenn wir im Ausland sind, wegen der Kosten und weil wir immer so eingespannt sind. Also ich finde, der hätte die knapp 600 Kilometer ruhig auf sich nehmen können, um mir den Tod unserer Mutter persönlich und schonend bei bringen zu können.
Das ist mal das Erste.
Mutter wollte immer verbrannt werden, also wenn sie mal tot ist. Das hat er auch soweit richtig bestellt, damit bin ich ja einverstanden. Die Krematierung ist auch schon erfolgt und morgen soll die Trauerfeier mit der Urne sein.
Meine Frage nun: Wenn ich an der Urnenbeerdigung teilnehme, verpflichtet mich das etwa zur Übernahme der Kosten? Das ist ja schliesslich auch eine Strecke, die wir fahren müssten.
Könnten wir nicht zeitgleich hier auf den Friedhof oder in die Kirche gehen und zum Beispiel eine Kerze anzünden? Das wäre dann doch symbolisch so, als ob wir dabei gewesen wären. Von meiner Mutter ist ja nichts mehr übrig.
Die Kosten wird er wohl allein tragen müssen, da habe ich mich im Rechtsblogforum erkundigt.
Er ist ja der Erbe des Hauses gewesen und damit auch für die Beerdigung zuständig.
Ich habe keine Rechtsgrundlage, hat mir dort jemand geschrieben, dass ich von der Zahlungspflicht befreit werde. Das bedeutet ja, dass ich nichts bezahlen muss.
Nun kommt das Zweite! Mein Bruder hat die Unverschämtheit, dazu muss man wissen, dass seine Frau ja aus dem Osten kommt, und will nun dass wir uns die Beerdigung teilen.
Mein Mann sagt aber, dass es bis 2001 ein Sterbefeld der gesetzlichen Kassen gegeben hat. Das waren 1050 Euro.
Wenn mein Bruder damals, als es meiner Mutter auch schon mal ganz schlecht gegangen ist, nicht die Pflege übernommen hätte, wäre sie ja gestorben und wir hätten dieses Geld bekommen.
Da er aber die Pflege damals schon angefangen hat, ist sie ja nur durch ihn am Leben geblieben und somit ist er ja auch rein rechtlich jetzt mal für die danach entstehenden Kosten verantwortlich.
Ich zahle ja auch nicht, wenn der sich ein Pony oder einen Hund hält, das ist ja sein persönliches Vergnügen.
Mein Mann hat ihn gestern Abend angerufen und ihm angeboten, dass wir einen Kranz zur Trauerfeier schicken und dafür dann ausnahmsweise die Kosten mal selbst übernehmen. Er meinte zu meinem Bruder, jetzt sei ja bald Weihnachten und da wollen wir mal nicht so sein und das mit dem Kranz selbst zahlen, es ist das Fest der Freude und der Liebe. Wie kann mein Bruder so hartherzig und selbstsüchtig sein?

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