Menschen

Das spült

Herr Henschel: „Und wenn ich’s Ihnen doch sage, meine Mutter ist erst verbrannt und dann mit dem Sarg beerdigt worden und genau so will ich das jetzt auch für meinen Vater.“

Bestatter: „Natürlich können wir Ihre Frau jetzt im Krematorium einäschern lassen, wenn Sie das so wünschen, aber wir können dann anschließend nur die Urne beisetzen, der Sarg ist dann weg.“

„Das ist doch Quatsch! Sagen Sie mal, wollen Sie mir einen Bären aufbinden, ich war doch schließlich dabei, als meine Mutter beerdigt worden ist. Erst war die Trauerfeier, dann ist’se eingeäschert worden und dann war die Beerdigung vom Sarg, ich war doch dabei!“

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„Wenn doch aber Ihre Frau Mutter eingeäschert worden wäre, dann gäbe es doch anschließend keinen Sarg mehr, weil der mitsamt dem Leichnam eingeäschert wird. Es gibt dann nur noch eine Urne. Das ist doch logisch.“

„Was bitteschön ist denn daran logisch?“

„Alles. Überlegen Sie doch mal in aller Ruhe. Was bedeutet denn eine Einäscherung? Da wird doch der Sarg mit dem Leichnam verbrannt, oder?“

„Keine Ahnung. Bin ich hier der Bestatter oder Sie?“

„Sehen Sie, da sind wir dann doch schon mal auf dem richtigen Weg. Sie erkennen, daß ich der Fachmann bin und ich erkläre Ihnen als Fachmann nun, daß es entweder eine Einäscherung gegeben hat oder eine Sargbeerdigung.“

„Ich war aber dabei!“

„Sicher, das steht doch außer Frage, blenden wir mal den Punkt jetzt aus, der ist ja nicht strittig. Also, da gab es eine Trauerfeier mit dem Sarg, richtig?“

„Ja, auf dem Friedhof in der Halle.“

„Gut, und dann? Was ist dann mit dem Sarg passiert?“

„Ja keine Ahnung, wir sind dann rausgegangen und die haben den Sarg rausgeschoben.“

„Und wie ist es dann weitergegangen?“

„Wir sind alle zum Kaffeetrinken in den Kulturraum von der AWO gegangen. Wissen Sie, wenn man da Kuchen beim Bäcker bestellt und den Kaffee selber kocht, dann spart man einen Haufen Geld, man muß hinterher nur alles wieder spülen und die Stühle wieder stapeln.“

„Okay, Trauerfeier in der Halle, Sarg rausgeschoben… Und dann, wann war denn die Beerdigung?“

„Ich hab doch gesehen wie der Sarg in die Erde gelassen wurde, ich war da doch dabei!“

„Ja gut, aber wann?“

„Direkt nach der Trauerfeier natürlich. Da sind wir alle zum Grab gegangen und haben zugeguckt wie der Sarg in die Erde gekommen ist.“

„Hm… jetzt haben Sie mir aber doch gerade eben erzählt, daß Sie nicht zum Grab gegangen sind, sondern zum AWO-Heim und Kaffee getrunken haben.“

„Moment mal, das stimmt ja gar nicht, wir sind nach der Beerdigung ins Kaffee Janssen gegangen…“

„Aha, kann es sein, daß Sie sich an zwei Beerdigungen erinnern und das ein wenig durcheinanderbringen?“

„Meine Mutter ist aber verbrannt worden!“

„Gut, überlegen Sie doch mal, wer noch alles verstorben ist, vielleicht schwingt ja da die Erinnerung an eine ganz andere Beerdigung noch mit.“

„Bei uns wird nicht so viel gestorben, wir haben’s nicht so mit dem Friedhof und so.“

„Fein, der liebe Gott möge Ihren Standpunkt unterstützen, ich wünsche es Ihnen. Aber nochmal: Ist damals noch jemand gestorben?“

„Ja, die Tante.“

„Aha!“

„Wie, aha?“

„Wie ist denn die Tante beerdigt worden?“

„Ja die ist in die Erde gekommen, mit dem Sarg und so…“

„Und danach sind Sie ins Kaffee Janssen?“

„Sagte ich doch gerade eben.“

„Also waren Sie nach der Erdbestattung Ihrer Tante im Kaffee Janssen?“

„Sag ich doch!“

„Und nach der Trauerfeier für Ihre Mutter? Hm, wo waren Sie da?“

„Im AWO-Heim. Meine Güte, muß ich jetzt alles dreimal erzählen?“

„Nö, nur solange bis Sie es verinnerlicht haben.“

„Wie meinen Sie das jetzt, soll das eine Beleidigung sein?“

„Nö.“

„Dann is‘ ja gut.“

„Also, Tante in die Erde, dann Kaffee Janssen. Mutter nur Trauerfeier und dann ins AWO-Heim.“

„Jetzt wo Sie’s sagen…“

„Also ist Ihre Tante erdbestattet worden und Ihre Mutter hat eine Feuerbestattung bekommen. Kann das so sein?“

„Mensch, was sind Sie aber auch schwer von Begriff, genau das sage ich Ihnen doch die ganze Zeit!“

„Ja, ich gebe es zu, manchmal brauche ich eine kleine Weile.“

„Da sollten Sie was gegen machen, in Ihrem Beruf. Am Besten Sie trinken viel Wasser, das spült!“

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(©si)