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Der billige Jakob aus dem Internet – erste Wahl beim Ordnungsamt in Peine – peinlich!

In meiner Eigenschaft als BestattungsExperte für verschiedene Fernsehsender rede ich mir ja immer den Mund fusselig und warne vor dem billigen Jakob, dem Discount- und Billigbestatter aus dem Internet.
Solche Bestatter sind nur etwas für Kunden, die wirklich eine Entsorgung des Leichnams zu einem niedrigen Preis wollen. Und selbst dann kommt es am Ende oft doch viel teurer als die blinkenden Sonderangebotszahlen im Web versprochen haben.

Das Ordnungsamt in Peine hatte die Bestattung eines Mannes ohne Angehörige durchzuführen. Irgendjemand muß das ja machen, wenn sonst keiner da ist. Zwar gab es in diesem Fall eine Betreuerin, die sich, wie es scheint, gut und nett um den Mann gekümmert hat und der hatte auch konkrete Wünsche für seine Bestattung geäußert und wohl auch entsprechende finanzielle Mittel, jedoch endet -und das übersehen viele- die Betreuung mit dem Tod des Betreuten.

So kam es, daß das Amt sich in die Pflicht genommen sah und den „billigen Jakob“ beauftragte. Anders als andere Ordnungsämter findet man in Peine, daß nicht einmal ein paar Blümchen und das Anmieten einer Trauerhalle zum Mindesten gehört.
Gut, auf eine Trauerfeier kann man nun wirklich verzichten, wenn jemand sowieso keine Hinterbliebenen hat, aber das bereits von der Betreuerin, gemäß dem Wunsche des Verstorbenen beauftragte, örtliche Bestattungsinstitut hätte sicherlich eine anständige und würdevolle Bestattung abgewickelt, so wie es letztlich jeder doch verdient hat.

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Doch jetzt liest man in der Peiner Allgemeinen Zeitung:

Ärger über „unwürdiges“ Begräbnis: Peiner Ordnungsamt buchte Discount-Bestatter

Sieben Jahre betreute sie den demenzkranken Mann (und) war seine einzige Vertraute. Doch nach seinem Tod hatte Betreuerin Eva Müller keine Rechte mehr…
„Sie machen das schon“, hat der stark pflegebedürftige Mann immer wieder zu Müller gesagt. „Ich habe nur einen Wunsch: Nach meinem Tod möchte ich in Peine bleiben und nicht mehr hin und her gefahren werden.“
Mehrere Tausend Euro hatte der Rentner gespart, sein ganzes Leben finanzierte er sich selbst – bis zum Schluss. „Doch leider hat er nie etwas schriftlich festgehalten“(…)

Das Peiner Ordnungsamt hat alles weitere übernommen (…)
„Ich hatte den Verstorbenen bereits zu seinem Wunsch-Bestatter überführen lassen und dort alles abgesprochen, es sollte ein schlichtes, aber würdevolles Begräbnis werden“, schildert (die Betreuerin).
„Das Amt hat dort auch einen Kostenvoranschlag angefordert, doch das wurde dann einfach ignoriert.“ Stattdessen habe es einen billigen „Discount-Bestatter“ aus dem Internet beauftragt, den Mann einzuäschern. Ein Subunternehmer aus Wilhelmshaven überführte den Verstorbenen nach Ostdeutschland, wo er in Stendal eingeäschert wurde und bis zur Rücküberführung nach Peine sechs Wochen, bis zur Begleichung der Rechnung durch das Amt, aufbewahrt wurde – genau das, was der Mann nie wollte.

„Als sie ihn abgeholt haben, hatte ich Tränen in den Augen“, schildert Heike Bresler, Angestellte bei Giere Bestattungen in Peine (…). „Die Mitarbeiter waren sehr ungepflegt und einem Bestattungsunternehmen nicht angemessen gekleidet. Der Mann wurde in einen einfachen nach Pressholz aussehenden Sarg gelegt. Dann fuhren sie in einem Lieferwagen davon. Es war so unwürdig und tat mir leid. Ich habe mich geschämt, dass solche Menschen den Verstorbenen anfassen durften.“

Zurück in Peine fehlte dann bei der Urnenbeisetzung eine Überurne. Die schlichte Aschekapsel sollte in den Boden eingelassen werden. Müller selbst hatte noch kurzfristig Pastor Dr. Sebastian Thier dazu geholt. Die Kapsel wurde schließlich mit einem notdürftig angebrachten Band in das Erdreich gelassen. „Sie wollten sie sonst einfach nur hineinplumsen lassen“, schildert Müller. Der Pastor habe nur mit dem Kopf geschüttelt.

„Ich bin so enttäuscht, dass man mit einem Menschen so umgeht“, meint Müller, die in solchen Fällen früher immer unbürokratisch mit dem Peiner Ordnungsamt zusammengearbeitet habe. Das Wunsch-Begräbnis des Verstorbenen wäre nicht viel teurer geworden und hätte lediglich einen Bruchteil seines Ersparten gekostet, meint sie . „Ich hätte da mehr Menschlichkeit erwartet.“

Es ist klar: Die Ordnungsämter müssen sparen wo immer es geht. Sehr viele Menschen nehmen die Sozialleistungen der Kommunen in Anspruch, manche davon vielleicht sogar über das erforderliche Maß hinaus, manche vielleicht sogar ungerechtfertigt.
Und daß ein Amt nur das Allernotwendigste bezahlt, liegt irgendwo auch auf der Hand. Aus dem Stadtsäckel darf und soll kein Luxus finanziert werden. So gesehen hätte das Amt richtig gehandelt, hätte es sich um jemanden gehandelt, der auch zu Lebzeiten nur das Allernotwendigste im Rahmen der Sozialhilfe vom Amt genommen hatte.

Das war aber in diesem konkreten Fall nicht gegeben. Die Betreuerin sagt ja, es hätte nur den Bruchteil des Ersparten (!) gekostet, den Mann wunschgemäß zu bestatten.
War hier die Gier des Fiskus nach der Hinterlassenschaft des Mannes größer als die menschliche Verpflichtung ihn angemessen zu bestatten?
Die Stadt Peine redet sich offenbar damit heraus, man habe von diesen konkreten Wünschen des Verstorbenen nichts gewußt und auch nicht davon, daß er bereits bei einem bekannten örtlichen Bestatter untergebracht war.
Dem steht aber die Tatsache entgegen, daß weiter oben ja berichtet wird, das Amt habe sogar ein Angebot bei diesem Bestatter eingeholt.

In der Peiner Allgemeinen Zeitung lesen wir die Reaktion der Stadt Peine:

„Das Ordnungsamt wusste nichts von den Wünschen des Verstorbenen“

„Die Betreuerin hatte sich vor Auftragserteilung unsererseits schriftlich an das Ordnungsamt gewendet. In Ihrem Schreiben bezog sie sich auf den Wunsch des Verstorbenen, anonym in einer Urne auf dem Gunzelinfriedhof bestattet zu werden“, sagt Stadt-Sprecherin Karin Richter. „Weitere Wünsche des Verstorbenen oder seiner Betreuerin wurden nicht an das Ordnungsamt herangetragen.“ Insbesondere sei zu keinem Zeitpunkt die Rede davon gewesen, dass die Peiner Bestattungsfirma „Giere Bestattungen“ der gewünschte Bestatter des Verstorbenen gewesen sei. (…)

Nach dem Niedersächsischen Bestattungsgesetz sei die Stadt verpflichtet, Bestattungen zu veranlassen, wenn sonst kein (vorrangig) Bestattungspflichtiger für die Bestattung sorgt. „Oberstes Gebot ist dabei die Achtung der Würde des Verstorbenen“, betont die Stadt-Sprecherin. „Wirtschaftliche Aspekte dürfen dabei jedoch nicht vollständig ausgeblendet werden.“ Das Ordnungsamt habe daher bei einer Vielzahl von Bestattern die Kosten abgefragt. „Der Zuschlag war dem wirtschaftlichsten Angebot zu erteilen“, sagt Richter. „Dies belief sich auf 715 Euro. Für die Feuerbestattung wurde dabei ein Kiefervollholzsarg angeboten und vereinbart.“ Giere Bestattungen hätte für nahezu identische Leistungen 1854,10 Euro veranschlagt. „Teure Extras darf das Ordnungsamt nicht in Auftrag geben“, fügt Richter hinzu. „Die Rechtsprechung sieht insbesondere Blumenschmuck, das Anmieten einer Trauerhalle und ähnliches als nicht erforderlich an.“

Teure Extras! Das lasse man sich einmal auf der Zunge zergehen! Diese „Extras“, das ist eine würdevolle Bestattung durch ein angesehenes Unternehmen ohne Pomp und unnötiges Trallala, finanziert aus der Hinterlassenschaft des Verstorbenen.
Dem stellt die Stadt Peine eine in der ganzen Branche verpönte Billigvariante, mit Transporterüberführung im „Billigverbrenner-Sarg“ gegenüber und hat nicht einmal Geld für eine etwa 30-50 Euro teure Überurne.

Ich finde das nur peinlich, geschmacklos und meine, daß die Stadt Peine dieses Verhalten nicht weiter zu entschuldigen versuchen sollte, sondern für die Zukunft, so wie viele andere Kommunen es tun, nicht das billigste (und mithin leider auch oft das schlechteste) Internetangebot annimmt, sondern vertrauensvoll auf die Zusammenarbeit mit den örtlichen Bestattern setzt. Klare Vorgaben, was das Amt bereit ist zu bezahlen und schon wird man im Dialog mit den örtlichen Bestattern erkennen, daß auch diese sehr günstige Bestattungen durchführen können.

Damit so etwas gar nicht erst passieren kann, wiederhole ich den schon fast gebetsmühlenartig vorgetragenen Rat: Zu Lebzeiten beim Bestatter eine Bestattungsvorsorge abschließen!
Eine Vollmacht die über den Tod hinaus gilt erstellen und so sicherstellen, daß eine Vertrauensperson die Bestattung so abwickeln kann, wie man es sich vorgestellt hat. Dann kommt in einem solchen Fall das Ordnungsamt gar nicht erst ins Spiel.

Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 12. Dezember 2012

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12 Jahre zuvor

Ärgerlich, dass es so gekommen ist…. wahrscheinlich ist es aber genau so gelaufen, wie das in Behörden erwartet wird: Es gibt eine Schema F, und nach dem wird vorgegangen. Preisvergleich, Auftrag erteilen an den günstigsten Anbieter, der die Minimalkriterien erfüllt. Der Mitarbeiter im Amt darf davon aus gutem Grund nicht abweichen, wenn es nicht einen Anlass gibt – sonst wäre da Vetternwirtschaft an der Regel. Die Beauftragung des kommunalen Unternehmens wurde hier im Blog ja auch zu Recht schon oft genug angekreidet. Ein guter Grund wäre natürlich ein bereits erteilter und finanzierter Auftrag an einen Unternehmer – eben die Bestattungsvorsorge, gleich ob mit oder ohne Sparbuch oder Sterbegeldversicherung. Dass man drastische Abweichungen in den Zahlen hat zwischen dem Billigheimer und dem lokalen Anbieter, macht die Sache für Externe kaum noch nachvollziehbar. Wahrscheinlich hatte der örtliche Unternehmer mit vernünftiger Urne und Blumenschmuck kalkuliert, ist auf dem Papier aber natürlich deutlich teurer – wenn auch möglicherweise trotzdem preis-werter. Was der Minimalstandard für Bestattungen sein sollte, ist offensichtlich Meinungssache. Urnenbeisetzung ohne Überurne finde _ich_ noch im Bereich des… Weiterlesen »

Undertaker_TOM
Reply to 
12 Jahre zuvor

Man muß davon ausgehen, daß es sich bei dem vermeintlich teuren Angebot des örtlichen Bestatters um ein Angebot handelt, daß aufgrund des dafür vorhandenen Vermögens des Verstorbenen eine Bestattungsleistung beinhaltet, die eben nicht auf alles „Unnötige verzichtet“, während das dem gegenübergestellte billige Internetangebot NICHTS außer der ENTSORGUNG enthält.

Knud
12 Jahre zuvor

Moin!

Die „Eva Müller“ ist mit dem Tod nicht mehr Betreuerin und hat keine Rechte mehr. Stimmt.
Da sie aber das Geld hat und die Wünsche des Verstorbenen kennt, hätte sie im Rahmen der mündlich übertragenen Totenfürsorge die Bestattung nach den Wünschen des Verstorbenen beauftragen können. Sie hätte, um es rechtlich unanfechtbar zu machen, für ihren Betreuten eine Bestattungsvorsorge abschließen können. DAS sollten gute Betreuer wissen.

funeralpalour
Reply to  Knud
12 Jahre zuvor

Genau – wozu sind denn Betreuer da? Wenn ein Betreuter entsprechende Wünsche äußert und die Mittel vorhanden sind, stellt sich die Frage: Warum hat die Betreuerin keine vorzeitige Bestattungsregelung getroffen? Hat wohl ihren Job doch nicht so ernst genommen.

Christian
Reply to  Knud
12 Jahre zuvor

Sehr schöner Einwand. Dieselbe Frage habe ich mir auch gestellt.

dem Himmel so nah
12 Jahre zuvor

„Günstig“ bestatten und dann für 20 Jahre Grabpflege Gebühr einkassieren?

„Mehrere Tausend Euro hatte der Rentner gespart, sein ganzes Leben finanzierte er sicht selbst – bis zum Schluss“

2 Fliegen mit einer Klappe: Bestattung durch Gespartes bezahlt und Pflegegebühr auf sicher. Das freut jeden Buchhalter…

12 Jahre zuvor

Willkommen in der Welt der VoL – Verdingungsordnung für Lieferungen und Leistungen, eins der Grundübel dieser Welt. Der Rathaustyp hat ja ganz richtig vom „wirtschaftlichsten“ Angebot gesprochen, aber das wie die meisten Kollegen mit dem „Billigsten“ gleichgesetzt. Das Problem: Wenn man das billigste Angebot nimmt, ist man fein raus, keiner fragt nach. Das billigste kostet am wenigsten und danach gehts den Leuten. Das billigste ist aber nicht immer das wirtschaftlichste. Ich kanns an einem Beispiel aus der EDV festmachen. Switche sind so eine Art Netzwerk-Mehrfachsteckdose. Es gibt intelligente (gemanagte) und blöde (ungemanagte) Switche. Als Administrator will man die schlauen, der Budgetbeauftragte findet aber die blöden toll, weil die meist nur 1/10 der schlauen kosten. Ich hab immer wieder in Anfragen Angebote für die blöden Switche bekommen, weil die Zentrale Ausschreibungsstelle die nicht ausgeschlossen hatte (die änderten auch immer mal lustig meine Texte) und musste dann Sei-ten-lang begründen, warum ich schlaue haben wollte und keine blöden. Hier siehts ähnlich aus: Man holt einen Haufen Angebote ein, ohne von der Materie wirklich Ahnung zu haben, zieht unter… Weiterlesen »

12 Jahre zuvor

Einfach nur PEINElich. Mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen.

Doch, man könnte. Eine ganze Menge. Angefangen damit, dass hier bewusst die lokale Wirtschaft und örtliche Unternehmen schlecht informiert werden und es keinerlei Kommunikation abweichend vom Dienstweg gibt, bis zum würdelosen und unmenschlichen Umgang mit Verstorbenen.

Aber da kann sich der werte Beamte ja bestens hinter Dienstvorschriften verstecken.

Astrid
12 Jahre zuvor

Das ist wirklich traurig. Wenn man vom Wunsch des Verstorbenen wusste, noch dazu vermutlich auch, dass genug Vermögen vorhanden ist, und dann lässt man jemanden so abfertigen… Es wäre möglich, dass mehrere verantwortliche Behördenstellen nicht kommuniziert haben. Sowas kommt vllt sogar öfters vor, aber in diesem Fall gab es eine engagierte Betreuerin….

Wolfram
12 Jahre zuvor

Hm. In Frankreich ist es eine Straftat, die Bestattung in einer Weise zu organisieren, die den Wünschen des Verstorbenen zuwiderläuft.
Hier bestatten denn auch Kommunen noch in der Erde und nicht in der Flamme…

Es wäre vielleicht an der Zeit, das in Deutschland auch mal anzudenken, obwohl ich sonst von der „wir regeln alles für alle“-Mentalität der französischen Gesetzgebung nicht so begeistert bin. Und obwohl ich gerade was die Trauerfeier angeht, der Ansicht bin, die ist für die Hinterbliebenen, nicht für den Verstorbenen, der hats ja schließlich hinter sich.




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