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Der Erwin II

Erwin Budenmann ist inzwischen unter der Erde und die Ermittlungen der Polizei sind zunächst einmal im Sande verlaufen. So weit wie uns das die CSI-Leute mit ihren coolen Sonnenbrillen und ihren geheimnisvollen blauen Wunderlampen weismachen wollen, ist die Forensik nämlich meist noch nicht bzw. wird nicht in jedem Fall die ganz große Kiste mit kriminalistischen Geheimwaffen ausgepackt.

Aber es hieße unsere Polizei unterschätzen, würde man nicht annehmen, daß auch bei scheinbarer anfänglicher Ergebnislosigkeit die Beamten nicht doch im Hintergrund bohren, forschen und ermitteln.

Einer der seit Ewigkeiten eine Trinkhalle betreibt und bei dem die meisten Kunden anschreiben lassen können, na der wird ja wohl vermutlich auch von einem erschlagen worden sein, der besonders fett in jenem verschwundenen Anschreibebuch in der Kreide stand.
Davon war ich überzeugt und nahm natürlich auch fest an, daß die Polizei in dieser Richtung ermittelt.

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Tat sie auch, aber im Gegensatz zum schiefhalsigen Miami-CSIisten der immer die Sonnebrille auf- und absetzt, müssen die realen Ermittler nicht in 35 Minuten den Täter gefasst haben und können ihre Hauptwaffen: Geduld, Fleiß und einen riesigen Polizeiapparat für sich wirken lassen.

Die Bestattung von „däm Äwwin“ ist recht unspektakulär abgelaufen. Tatsächlich hat sich ein etwas verwegener Haufen aus Freunden und Kunden eingefunden, Geld zusammengelegt und einen Teil der Bestattung bezahlt. Mittellos war Herr Budenmann ja nicht, aber bis der Nachlass eines Alleinstehenden geklärt ist, muß ja jemand einspringen, in diesem Fall die Stadtverwaltung. Die nehmen sich dann Zeit und forschen ganz akribisch nach irgendwelchen möglichen erben und somit auch Kostenträgern.
So mancher war schon überrascht, auf einmal Post von irgendeinem Friedhofsamt zu bekommen, weil ein naher Verwandter, von dem er nie mehr was gehört hatte, gestorben ist und er nun die Kosten fürs Begräbnis übernehmen soll.

Zuständig für solche Ermittlungen ist in manchen Bundesländern die Ortspolizeibehörde und das ist, entgegen aller Annahmen in der Bevölkerung, nicht die normale Polizei. Die ist nämlich aus Landesebene organisiert, während die Ortspolizeibehörde mehr im Verborgenen auf städtischer Ebene wirkt. Sie ist die Polizei, die zum Beispiel das Rauchen in Garagen „polizeilich verbietet“ und bei der Abwicklung von Bestattungen immer wieder ihre Finger im Spiel hat. Bei uns macht das das Ordnungsamt in Verbindung mit dem Friedhofs- und Grünflächenamt.

Erwin Budenmann ist also schon lange unter der Erde, ich habe immer noch ein mulmiges Gefühl wenn einer der Auftraggeber wegen irgendwas vorbeikommt oder anruft, denn einer von denen könnte ja der Mörder sein. Da ergeben sich aber auf einmal ganz neue Gesichtspunkte, die gestern dazu geführt haben, daß jemand eingesperrt wurde.

Und dieses Kapitel muß man eigentlich wie folgt überschreiben:

Wie doof kann einer eigentlich sein?

Völlig überraschend ist die Ordnungsbehörde nämlich darauf gestoßen, daß Erwin Budenmann einen Sohn hatte, einen jener Söhne, die ein Vater nicht unbedingt wiedersehen will, aus welchen Gründen auch immer. Ich weiß nicht warum Budenmann keinen Kontakt zu diesem Sohn hatte, aber es wird geredet, der habe die Eltern bestohlen, sei eigentlich immer nur im Knast gewesen und habe alles dafür getan, daß selbst der gutmütigste Vater von diesem Kind nichts wissen will. Wieder andere erzählen, der Sohn sei aus einer Liebschaft entstanden und Budenmann habe gar nicht gewußt daß es ihn gibt.
Wie dem auch sei, jedenfalls ist dieser Sohn, der nur 30 Kilometer entfernt wohnt, hier bei der Behörde erschienen und hat zähneknirschend die nicht sehr hohen Restkosten übernommen. Er sehe das gar nicht ein, schließlich habe er schon wer weiß wie lange keinen Kontakt mehr gehabt, aber bevor er Probleme kriegt, lässt er „sich lieber vom Büttel häuten“ und zahlt…

Und jetzt kommt’s: Natürlich haben auch die Kriminalbeamten ein zügiges Interesse daran gehabt, mal mit diesem Sohn zu sprechen. Ganz offensichtlich hatte der aber überhaupt keinen Kontakt zu seinem Vater und so verlief die Vernehmung ohne nennenswertes Ergebnis.
Doch dann, und hier kommt das „wie doof kann man eigentlich sein?“ ins Spiel, geht dieser Sohn, der ja niiiiie Kontakt zu seinem Vater hatte, in der Nachbarschaft des Kiosks herum und versucht von den Schuldnern seines Vaters Geld einzutreiben.
Als Beweis für die offenstehenden Beträge legt er jeweils Erwin Budenmanns Schuldenkladde vor….
Ich glaube kaum, daß er an mehr als drei Türen geklingelt hatte, da waren seine Hände schon hinterm Rücken in Eisen gefaßt und das Schuldenbuch in polizeilicher Verwahrung.
Also: Kann man wirklich so doof sein?

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#erwin

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