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Der Horst

vollhorst-pixabay„Wenigstens haben wir uns nicht in die Köppe gekriegt!“

Das sagt Antonia zu mir, nachdem sie mir von einer Auseinandersetzung mit Sandy berichtet hat. Na gut, wenigstens haben die beiden sich wieder vertragen.
In einem Büro, in dem fast nur Frauen arbeiten und in dem ich mitunter der einzige Mann bin, habe ich da immer wieder einiges auszuhalten.
Man könnte ja meinen, ich sei da der Hahn im Korb, aber Frau Büser kennt diesen Spruch nur als: „Gell, Chef, heut‘ sind sie aber wieder mal der Horst im Korb?“

Manchmal bin ich aber nicht nur der Horst, sondern komme mir, angesichts der weiblichen Übermacht, die natürlich auch immer Recht hat, eher vor wie der Vollhorst.

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„Da habe ich ehrlich Schweiß und Wasser geschwitzt“, stöhnt Antonia eines Tages und ich berichtige: „Blut und Wasser heißt das.“

„Ja wieso das denn? Man schwitzt doch Wasser aus“, wehrt sie sich und schon stehen Frau Büser, Sandy und Nadine neben und hinter ihr und nicken. Klar, der Chefhorst hat gewiehert und da kann kein Blödsinn blöd genug sein, als daß man sofort jede Stutenbissigkeit fallen läßt und zu gleichgesinnten Bürosuffragetten mutiert.

Als alter Bücheronkel parierte ich: „Das stammt aus der Bibel. Nach Lukas hat Jesus in der Stunde der Entscheidung auf dem Ölberg vor seiner Verhaftung gebetet und dabei Blut und Wasser geschwitzt.“1

„Blödsinn!“ wehrte sich Frau Büser nun: „Der hat Essig geschwitzt, das weiß doch jeder.“

Gut, an solchen Stellen könnte man jetzt … Ich lasse es, schulterzuckend nicke ich das ab, gebe mich geschlagen, denn alles Weitere würde in einem Sinnlosgespräch enden. Nein, falsch! Es würde eben nicht enden, sondern es würde einfach immer und immer weiter gehen. Und dann bekomme ich Kopfweh. Und ich mag kein Kopfweh. Und darum nicke ich dann lieber schulterzuckend.

Deshalb sage ich auch nichts, als Frau Büser uns allen von der „Sturm- und Sangzeit“ ihres Mannes erzählt und aus diesem Grund ist es mir auch egal, wenn das „Kind aus dem Brunnen getrunken hat“ oder „Morgenstund Schlaf im Mund“ hat.
Wenn es heißt, „das Leben ist kein Pappenschlecken“ und „der Teufel schießt (sic!) auf die dickste Erbse“, dann ziehe ich den Kopf zwischen die Schultern, damit er nicht abfällt und mache einfach meine Bürotür hinter mir zu.

„Das Leben ist kein Promihof“ ist noch die aktuellste Entwicklung dieser Verballhornungen, aber man scheut weder vor Bibelstellen, noch vor alten Sprichwörtern zurück. Manchmal meine ich fast, die machen das absichtlich.
Aber dafür höre ich viel zu oft unbeabsichtigt und unbemerkt zu.

Als Horst im Korb kann man da nur das Hirn auf Durchzug schalten. Zumindest habe ich das jahrelang versucht. Aber diese Verballhornungen sind wie Ohrwürmer. Hat man sie einmal im Kopf und hat man sie dann auch noch einmal, zum Beispiel der Allerliebsten, weitererzählt, graben sie sich in den Hirnwindungen fest. Die Synapsen bilden dann feste Eiweißstrukturen um diese Blödsinnsinformation und man wird die Verhorstung nicht mehr los!
Irgendwann, man denkt gar nicht mehr an die ursprüngliche Begebenheit, kommt man in eine bestimmte Situation und sondert dann genau den gleichen Sprechsalat ab, wie die Verhorster.

„Das wird aber jetzt höchste Einbahnstraße!“

„Das stimmt, da hast Du mir aus der Zunge gesprochen!“

„Das ist ja zum Mäuseausreißen!“

„Das reißt dem Faß die Krone aus!“

„Wir sind doch alle bloß kleine Körner im Getriebe!“

„Wer einmal lügt, den hat man gern!“

„Der muß sich als junger Mann doch auch mal seine Haare abstoßen!“

„Weisheit kommt vor dem Fall!“

„Die süßesten Bäume fressen nur die Tiere!“

„Auf einem Bein kann man nicht sitzen!“

„Gut Ding will Eile haben!“

„Man sollte das Kind nicht mit den Haaren ausschütten!“

„Der Fisch stinkt vom Fuße!“

„Einmal ist zweimal!“

„Wes Boot ich ess‘, des Lied ich sink‘ (sic!)“

„Wer die Musik bezahlt, der bestimmt auch was es kostet!“

„Vorsicht ist wie Butter in der Porzellankiste!“

„Eine Schwalbe macht es nicht alleine!“

„Auf Regen kommt die Sonne rein.“

„Da hast du dir aber eine schöne Suppe eingeborgt (sic!)“

„Jetzt werd‘ bloß nicht überflüssig!“2

So geht das endlos weiter. Ich könnte ein Buch mit solchen Sprüchen füllen, die fallen in die Sprache ein, wie die Sandalen.

Kennt Ihr auch noch solche Verballhornungen und Versprecher?

1
]Lukas 22, 39-44
39 Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm.
40 Als er dort war, sagte er zu ihnen: Betet darum, dass ihr nicht in Versuchung geratet!
41 Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete:
42 Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.
43 Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft.6
44 Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.
]

2
statt übermütig

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