Branche/Kommune

Der leise Tod der Sarghersteller

Die Kölnische Rundschau berichtet:

Erich Allescher ist der letzte seiner Zunft in Köln – er zimmert aus einzelnen Brettern Särge zusammen. Doch seine Arbeit ist bedroht. Zwei Drittel des Geschäftes fließen mittlerweile nach Osteuropa.

Quelle

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Bei dieser Nachricht erinnere ich mich an die Chefin einer tschechischen Sargfabrik, die mir auf einer Messe feixend sagte, sie liefere im Jahr soundsoviel tausend Särge nach Deutschland und sei sicher, daß die weitaus überwiegende Zahl der Bestattungen in osteuropäischen Särgen stattfinde. „Die Bestatter sagen zwar, daß sei deutsche Wertarbeit, aber die Särge kommen fast alle von uns.“

Ein Wunder ist das nicht.
Ich erinnere mich gut daran,

wie die Anfänge waren und polnische Sargfabriken ihre Vertreter von Bestattungshaus zu Bestattungshaus schickten.
Auf einem Lada war ein Dachgepäckträger montiert und auf dem befand sich unter einer Wolldecke ein besonders schön gefertigter Sarg.
Die zwei freundlichen Polen zeigten dem Bestatter den Sarg und viele weitere Modell in ihrem Katalog.

Viele dieser Modell kamen aufgrund fremder Farben, Formen und Schnitzereien für unseren Markt nicht in Frage, aber wenn die Polen die Preise nannten, blieb dem Bestatter vor Staunen oft die Zunge am trockenen Gaumen hängen.
Verlangte der deutsche Zulieferer 300 DM, so konnten die Polen Vergleichbares für 80 DM anbieten.

Kein Wunder, daß mancher da beherzt zugriff.

Doch dann kam die Ernüchterung.
Der schön mit einer Palme geschnitzte Kiefernsarg, die sogenannte Polenpalme, erwies sich bei der Lieferung als jämmerlich zusammengeklopfter Kasten, mit Spalten zwischen den einzelnen Brettern, Macken im Holz, einer ungleichmäßigen Lackierung und schlecht befestigten Griffen und Füßen.

So manche voreilig getätigte Großbestellung verstopfte dem Bestatter dann jahrelang das Lager, weil er die schlechten Särge nur für anonyme Feuerbestattungen verwenden konnte, vorzeigbar waren sie nicht.

Doch das waren nur die Anfangsprobleme. Kaum ein, zwei Jahre später brillierten die Osteuropäer mit Särgen, die in der Qualität einem Sarg aus deutscher Fertigung in nichts nachstanden; und das immer noch zu einem Bruchteil des Preises.

Discount- und Internet-Billigbestatter wären ohne diese Särge gar nicht denkbar.
Aber sie werben wenigstens mit dem günstigen Preis.

Mich hat immer gewundert, daß bei manchem Bestatterkollegen zwar der Pole ein und ausging, somit seine Einkaufspreise sicher stark gesunken waren, aber die Verkaufspreise in seiner Ausstellung um keinen Deut heruntergingen.

Mittlerweile kostet der einfachste Einäscherungssarg aus Osteuropa bei Massenabnahme nur noch um die 35 Euro.
Mehr braucht es für eine Feuerbestattung ohne Aufbahrung und Trauerfeier auch nicht.

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(©si)