Geschichten

Der Selbstbespieler

Frau Klammer kommt ab und zu bei uns vorbei, sucht das Gespräch, will sich bei uns im Bestattungshaus ein paar Minuten ausruhen. Ihr ist der Weg von ihrer Wohnung zum Friedhof zu beschwerlich und sie braucht diese kleine Pause. In Wirklichkeit, das ist uns klar, braucht sie vor allem diese fünf bis zehn Minuten Zuwendung, die sie stets durch den Kauf von ein paar Grablichtern für 3 Euro belohnt.

Seit Wochen treibt sich auf den Friedhöfen der Stadt ein Exhibitionist herum. Schon acht Frauen und aus Versehen auch einen Mann hat er belästigt, indem er hinter einem Grabstein oder Gebüsch hervorsprang und sein Gemächt entblößte. Die Zeitung hier ist voll von dem „gefährlichen Triebtäter“ und manche Frau hat regelrecht Angst, auf den Friedhof zu gehen und eventuell auf einmal einem erigierten Pürzel gegenüberzustehen.

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Ich kenne mich mit solchen Vorzeigern ja nicht aus, mir ist noch keiner begegnet und ich selbst habe diesen Trieb nicht. Aber sind die wirklich gefährlich? Ernsthafte Frage. Machen solche Leute mehr, als sich nur zu entblößen und damit andere sicherlich sehr stark zu belästigen? Besteht wirklich die Gefahr, daß so ein Exhibitionist auch über eine Oma herfällt?

Frau Klammer ist da anderer Meinung. Ihr ist nämlich dieser Mann begegnet und sie hat noch nicht einmal die Polizei oder den Friedhofsverwalter verständigt, sondern erzählt das relativ unaufgeregt unserer Frau Büser. Die sieht natürlich wieder alle Jungfrauen dieser Welt gefährdet, regt sich auf und ist froh darüber, daß Frau Klammer nicht mehr passiert ist. „Meine Güte, wenn der über Sie hergefallen wäre, nicht auszudenken!“

Doch Frau Klammer winkt nur ab, grinst und sagt: „Was will der Selbstbespieler denn mit diesem kleinen Ding ausrichten. Vor so einem Zipfel habe ich keine Angst.“

Selbstbespieler, schöner Ausdruck.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#selbstbespieler

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(©si)