Geschichten

Die Degus

Es ist schon eine Weile her, daß Frau Birnbaumer-Nüsselschweif mit uns zu tun hatte. Man liest ja jede Woche mehrfach von ihr in der Zeitung und jedes Mal, wenn ich ihren bescheuerten Doppelnamen lesen muß, beschleicht mich ein leichter Würgereiz.
In der vergangenen Woche ist Herr Weichselbauer gestorben. Das hat niemanden sonderlich berührt, Verwandte hatte er keine, Freunde wohl auch nicht und so waren es einmal mehr nur die Mitarbeiter des Bestattungshauses, die sich um ihn kümmerten und sorgten.

Vor zwei, drei Jahren hatte Herr Weichselbauer eine Vorsorge abgeschlossen, so wußten wir genau was zu tun ist und alles lief wie am Schnürchen. Das heißt, es wäre alles problemlos verlaufen, wäre da nicht Frau Birnbaumer-Nüsselschweif gewesen.

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Den alten Weichselbauer holten wir in seiner Wohnung ab, ein mürrischer Hausverwalter schloss uns auf und unsere Männer holten den Verstorbenen und die auf dem Küchentisch liegenden Sterbepapiere ab. Der Verwalter schloss wieder ab, passte im Treppenhaus auf, daß unsere Männer ja nicht die Wände verkratzen und meinte dann noch während des Einladens: „Wann kommt ihr denn vorbei, die Wohnung ausräumen?“

„Keine Ahnung“, sagte Manni, unser Fahrer, und fügte hinzu: „Ich sag’s unserem Chef, der kümmert sich darum.“

Im Büro angekommen, legte mir Manni einen Zettel auf den Tisch: Wohnung bei Weichselbauer auflösen?

Ja, er und der Verwalter hatten Recht, in der Vorsorge war genau geklärt und bereits im Voraus bezahlt, daß die Wohnung durch ein Fachunternehmen leerzuräumen und besenrein zu übergeben sei. Alles Verwertbare soll karitativen Organisationen zu Gute kommen und der Rest auf die Kippe gefahren werden. Lediglich für die Degus solle ein schöner Platz in einer netten, tierlieben Familie gefunden werden.

Ach ja, die Degus! Dunkel erinnerte ich mich daran, daß der alte Mann beim Vorsorgegespräch vor ein paar Jahren von diesen possierlichen Nagern erzählt hatte. Mir fielen auch seine Worte wieder ein: „Nur damit wir mal drüber gesprochen haben, vermutlich leben die schon gar nicht mehr, wenn ich mal sterbe, so lange leben diese Tiere gar nicht.“

„Manni!“ rief ich über den Gang, denn ich hatte gesehen, daß unser Fahrdienstleiter zu Antonia und Frau Büser ins Büro gegangen war: „Fahr mal eben mit Sandy in die Wohnung vom alten Weichselbauer und schau mal ob es da Haustiere gibt, es müssten eventuell ein paar Degus da sein.“

„Gugus?“

„Nein, De-gus.“

„Degus? Was sind das denn für Tiere? Sie wissen ja, daß ich Angst vor Schlangen habe!“

„Keine Bange, das sind kleine Nager, etwa so groß wie ein Hamster, sehen ein bißchen aus wie kleine Chinchillas. Die kommen ursprünglich aus Chile und werden auch Strauchratten genannt, haben aber mit Ratten nichts zu tun.“

„Ach so. Und was mach‘ ich mit denen?“

„Am besten bringste den Käfig mit hierher, wir müssen dann mal rumtelefonieren, was wir mit denen machen.“

Es vergingen rund dreißig Minuten, dann rief Manni an: „Also Chef, das wird nix. Wir können den Käfig nicht mitbringen, das ist kein Käfig zum Herumtragen, sondern der Mann hat ein Viertel seines Wohnzimmers mit Maschendraht abgeteilt und da sind auch jede Menge von den Viechern drin.“

„Wie viele sind es denn? Ich meine der alte Weichselbauer hat von vier oder fünf gesprochen.“

„Was? Um Himmels Willen, das sind bestimmt dreißig Stück!“

Aus dem Hintergrund hörte ich, wie Sandy rief: „Nee, das sind genau 36! Moooment… nee, 37… oder warte mal, nee, es sind doch 40.“

Wenig später waren Manni und Sandy wieder da und berichteten, daß eine genaue Zählung ergeben habe, daß es doch ’nur‘ 28 Degus sind, man könne die lebhaften Kletterkünstler nur sehr schwer zählen. Man habe die jetzt mal gefüttert, Futter habe da gestanden und denen ausreichend Wasser gegeben.

Was macht man nun mit 28 Degus?

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