Mitarbeiter/Firma

Die Tasche

handtaschepixabayFrau Büser ist eine feine Dame, eine sehr resolute feine Dame und sie weiß, das Regiment im Büro zu führen. Es ist ein von Liebenswürdigkeit und Strenge geführtes Regiment, dem auch ich als Chef mich zu unterwerfen hatte. So und nur so gehören die Aktenklemmen an die Unterlagen „Sonst findet ja kein Mensch was wieder!“.

Wenn Frau Büser morgens kam, dann hatte sie ihre Handtasche dabei, nicht so ein Disco-Handtäschchen, sondern eine richtige Handtasche, mehr schon eine Armtasche mit großen runden Bügeln aus Kunststoff.
Das hellbraune Teil schleppte sie wohl mit, weil sie in der Mittagspause oder nach Feierabend sicherlich noch ihre Einkäufe darin verstauen wollte.
Als Berufstätige mußte sie bestimmt ja oft noch auf dem Nachhauseweg irgendwo bei LIDL oder so vorbei, ist ja klar.

Allzugerne hätte ich gewußt, was zu Frau alles in diesem riesigen Damenbeutel alles mitschleppt, denn die Tasche war sehr schwer, was mir mal auffiel, als ich die Tasche in ihrem Büro anhob und zur Seite stellte, weil ich an eine Schublade mußte.

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Eines Tages kam Antonia von der Post wieder und brachte die neuen Telefonbücher mit. Ein dickes Buch für alle Teilnehmer der Stadt und ein etwas dünneres Buch, die so genannten „Gelben Seiten“.
Heute hat ja kaum noch jemand ein Telefonbuch, denn die Nummern lassen sich im Internet schneller finden und Mobilnummern sind in den Büchern kaum enthalten.
Aber damals waren die Telefonbücher recht wichtig für ein Bestattungshaus und wir hatten nicht nur unser örtliches, sondern fast alle bundesweiten Ausgaben in einem Regalschrank.
Sehr oft mußten wir die Nummern von weit entfernten Friedhofsverwaltungen, Standesämtern und Kollegen heraussuchen, auch bei der Recherche halfen die Bücher immer sehr.

Die neuen Bücher legte Antonia mir auf den Tisch, als Ranghöchster durfte ich sie zuerst beschnuppern, wonach mir aber überhaupt nicht der Sinn stand. Also schnappte ich die Dinger, ging ins vordere Büru und wollte sie einfach Frau Büser geben, aber die war nicht in ihrem Büro.
So schob ich die Türen des Telefonbuchschranks auf, nahm die beiden veralteten Bücher heraus und stellte die neuen an ihren Platz.

So weit, so gut.

Doch nun stand ich da mit den beiden Büchern in der Hand und überlegte …
Da fiel mein Blick auf Frau Büsers große, hellbraune Henkeltasche. Ein spitzbübisches Grinsen huscht mir übers Gesicht und flugs hatte ich die beiden Telefonbücher in ihre Tasche gestopft.
Ich schwöre, ich habe nicht weiter in den Tiefen der Tasche geforscht, nur einen Knirps-Regenschirm an die Seite geschoben und noch ein Halstuch herausgenommen, dann die beiden Bücher rein, den Knirps wieder zurück an seine Stelle und das Halstuch wieder drüber. Schritte auf dem Gang! Schnell ein unschuldiges Gesicht aufsetzen. Frau Büser kam. „Ach, ich habe die neuen Telefonbücher in den Schrank gestellt“, sagte ich und suchte das Weite.

Gleich würde das Gezeter losgehen und es würde ein großes Hallo und Gelächter geben.

Doch … nichts geschah!

Der Jux war voll in die Hose gegangen, denn auch den restlichen Tag über bemerkte sie die Bücher nicht. Sie merkte es auch nicht, als sie die Tasche am Feierabend schnappte und davoneilte.

Na ja, am nächsten Tag würde sie morgens in mein Büro stürmen und mir mit vorwurfsvoller Miene die beiden Wälzer auf den Tisch werfen.
Doch auch das blieb aus und ich hakte diesen Spaß als gescheitert ab.

Die Sache geriet in Vergessenheit.

Es mag vier oder sechs Wochen später gewesen sein, da kommt eines Morgens Frau Büser in mein Büro, sie lacht, sie droht mir in gespieltem Zorn mit dem Zeigefinger und schimpft: „Da haben Sie mir aber gestern Abend einen Streich gespielt. Ich mache meine Tasche auf, ich denk‘ noch, warum ist die heute so schwer, und dann finde ich die Bücher da drin! Ja, ja, Sie sind mir einer. Aber mit mir können Sie sowas nicht machen, ich hab’s zu Hause gleich gemerkt!“

Jau!

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