Geschichten

Dominic -2-

Über die langen Abende mit Dominic schrieb ich ja schon.
Begonnen hatte alles damit, daß er mich eines Tages zum Essen eingeladen hatte. Wie viele Ältere, die noch einen regen Umgang mit dem Computer pflegen, neigt Dominic dazu, seine Mails überaus aufwendig zu gestalten. Mit der Auswahl der richtigen Schriften, dem Heraussuchen passender Bilder und der Formulierung muß er Stunden zugebracht haben.
Dazu paßt, daß er eines Tages zu mir sagte: „Ich war heute voll im Stress, ich mußte drei Mails schreiben, da bin ich den halben Tag nicht vom Computer weggekommen.“

Seine erste Mail an mich war aber denkbar knapp: "Rotwein oder Weißwein? Gerne Montag Abend, es gibt Fisch."

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Ich nahm die Einladung an, war neugierig und wurde auf das Beste bewirtet. Fisch und Beilagen kamen aus dem Backofen, der Rosé-Wein (ich hatte mich nicht entscheiden können) war klasse und zum Nachtisch gab es Eis, damit kriegt man mich immer.
Die Welt wäre, meiner Meinung nach, um nichts ärmer, gäbe es beispielsweise keine Zimtkaugummis mehr, ich könnte auch auf Schweinsfüße in Aspik, Pepsi-Cola, rotbittere Salatblätter, Burger King und grobe Leberwurst prima verzichten, aber Eis – Eis muß sein.

Der Abend wurde zur Nacht und damit sehr lang. Zwei Männer die sich viel zu erzählen hatten, beide neugierig auf den anderen.
Wie ich im vorherigen Kapitel bereits schrieb, waren die Abende mit Dominic immer überaus erheiternd, bildend, abwechslungsreich und von großem Respekt geprägt.

Es folgten viele solcher Abende, in deren Verlauf ich aber die Kochkünste von Dominic besser einzuschätzen vermochte. Denn nicht nur beim ersten Mal hatte er die Speisen im Backofen zubereitet, das tat er immer – mit allem.
Oben auf seinem Herd lag ein Deckchen, das nie hochgenommen wurde, und darauf stand ein Plastiktablett mit seinen Medikamenten.
Sagen wir es so: Wenn irgendwo auf der Welt eine ganz schreckliche Epidemie ausbricht, und die Regierung des betroffenen Landes hätte nicht die erforderlichen Mengen an Wirkstoffen, dann könnte sie ohne weiteres mit Dominic Beständen über Jahre alle Erkrankten versorgen. Auch in Pappkartons, Schubladen und eigentlich an jeder Stelle der Wohnung konnte man weitere Schachteln finden.
Einige der Medikamente kannte ich, das Übliche gegen Bluthochdruck, Gicht, Gelenkschmerzen und auch einige Globuli.

Homöopathische Globuli, esoterische Zuckerkügelchen.

„Wogegen sind die denn?“

„Zur Beruhigung.“

„Damit beruhigst Du aber eher den Apotheker und den Hersteller, wirklich helfen können die nicht.“

Es folgte mein Exkurs über den Unsinn, für den ich millionenfach verdünnte Wirkstoffe halte, fachlich fundiert, sachlich gut vorgetragen, und von Dominic mit viel Anerkennung und Beifall entgegengenommen.
Er nahm die Globuli trotzdem – typisch für Homöopathiegläubige.

Ich sagte: „Guck mal. Das ist so, als ob Du in Basel Deinen Autoschlüssel in den Rhein wirfst und dann glaubst, Du könntest in Köln Dein Auto mit einem Schluck Rheinwasser aufschließen.“

Er lachte: „Das stimmt! Da hast Du recht!“, und lutschte seine Globuli weiter.

Aber Dominic ist gar kein Anhänger der Homöopathie. Er ist ein Medikamentengläubiger. Wenn ihm jemand argentinische Hurenrotze als Tropfen mit einem schönen großen Beipackzettel geben würde, er würde die Tropfen nehmen.

Und über alles das führte er Buch, in Excel-Tabellen. Excel-Tabellen führte er über den aktuellen Stromverbrauch im Wohnzimmer, die Durchschnittstemperatur seines Kühlschranks, den Verbrauch seiner Küchenheizung, seine Bestellungen bei Amazon, Rewe und sonstigen Firmen, sowie die Stunden von Kevin und Frau Bolte.

Doch der Reihe nach, zuerst das Kochen, dann Amazon und Rewe, dann Kevin und Frau Bolte.

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    Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

    Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

    Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

    Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 14. August 2017

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    2 Kommentare
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    7 Jahre zuvor

    witzig für mich (erst mal, da ich mir die Texte stückchenweise durchlese) und auffallend, da man ja selbst Mails schreibt: drei Mails geschrieben und das hat so lange gedauert? Na, ich nenne das nur eine tolle Ausrede, aber nett formuliert wie alle deine Texte…lg von mir hier und eine tolle Woche an den Betreiber des Blogs und alle,die hier kommmentieren..

    Georg
    7 Jahre zuvor

    Ohne McDoof mag die Welt ja noch sehr schön sein aber ohne Pepsi und BK???? Niemals!!!




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