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Drama um falsche Urne

Hallo Herr Wilhelm,
ein sehr naher Verwandter ist urplötzlich und zu jung verstorben. Für ein anderes Familienmitglied hatten wir eine ganz spezielle Urne aus Keramik mit einem Baummotiv gewählt. Diese Urne sollte es auch dieses Mal sein, das war uns sehr wichtig.
Doch dann kam es zu einigen Problemen mit dem Bestatter. Uns wurde gesagt, es sei besser, die Urne mit einem Bestattungswagen abzuholen, da die Paketlieferung zu unzuverlässig sei.
Der Todesfall und die Einäscherung fanden in A-Stadt statt und die Beisetzung sollte in einem Grab in B-Stadt erfolgen.
In B-Stadt hingen wir nun in der Luft, weil man uns dort keinen Termin für die Beisetzung geben wollte, so lange die Urne noch nicht eingetroffen war.
Beim Bestatter wurde ich von Pontius zu Pilatus durchgereicht, und immer war die zuständige Dame nicht erreichbar. Auf Mails antwortete sie ebensowenig. Schließlich schob man mir den Schwarzen Peter zu und behauptete, man hätte ständig versucht mich zu erreichen, was aber angeblich leider nicht geklappt hätte. Das war gelogen, wir warteten so dringend auf den Anruf bzw. eine Mail, daß ich sozusagen auf dem Telefon geschlafen habe! Auch Mails habe ich von denen nicht bekommen!
Ein geplanter Beisetzungstermin platzte, weil die Urne nicht da war.
Nach vielen Telefonaten klappte es dann mit Verzögerung einige Tage später, und die Urne traf in B. ein.

Bei der Beisetzung trug ein Friedhofsarbeiter die Urne vor uns her. Ich hatte eine Ahnung, daß das nicht die richtige Urne war, konnte das aber wegen des Blumenschmucks nicht richtig sehen. Erst im Moment der Beisetzung, als die Blumen beiseite gelegt wurde, sahen wir, daß es tatsächlich nicht die Urne aus Keramik mit Baummotiv war, die wir bestellt hatten.
Ich war so von Gefühlen und Trauer überwältigt, daß ich nichts sagen und nichts machen konnte. Die falsche Urne wurde beigesetzt.

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Am nächsten Tag begann das alles in uns zu brodeln. Wir telefonierten wieder und wieder mit dem Bestatter. Dort zeigte man sich kühl und beharrte darauf, die korrekte Urne mitgeliefert zu haben, der Fehler müsse im Krematorium A-Stadt oder beim Friedhofsbüro in B-Stadt passiert sein. Man sei ja schließlich so korrekt und solche Fehler kämen niemals vor.
Das Friedhofsamt in B-Stadt winkte aber ab und sagte, was wir nachvollziehen können, man bestatte die Urnen, die angeliefert würden, andere habe man gar nicht.
Schließlich versprach sich der Bestatter am Telefon und gab unfreiwillig zu, die falsche Urne geliefert zu haben. Man bot uns einen Rabatt an.

Inzwischen war aber in uns die Befürchtung gewachsen, es könne nicht nur die falsche Überurne gewesen sein, sondern auch die falsche Aschenkapsel. Das Friedhofsamt teilte wohl diese Auffassung, denn man stimmte zu, die Urne wieder auszugraben.
Nun, wenigstens die richtige Aschenkapsel war es. Jetzt war aber das Grab offen, die Urne stand im Friedhofsbüro und wir bedrängten den Bestatter. Der winkte aber ab: „Sie? Sie haben das ja mit der falschen Urne nichtmal bemerkt, was wollen Sie denn jetzt?“
Dann hieß es, man gebe uns 250 Euro Rabatt auf die Bestatterrechnung, mehr sei aber nicht drin.

Wir aber hatten inzwischen beschlossen, die Beisetzung angesichts der Umstände (offenes Urnengrab, Urne nicht beigesetzt) zu wiederholen, diesmal aber richtig.
Die Kosten dafür soll der Bestatter übernehmen, der weigert sich aber. „Wo Menschen arbeiten passieren eben Fehler! Haben Sie noch nie einen Fehler gemacht?“ Die waren wütend und wurden auch noch frech.
Es kann doch nicht sein, daß ich jetzt auf den Kosten sitzenbleibe?

Zu Ihrem Verlust spreche ich Ihnen mein Beileid aus. Das was Sie da erleben mußten, ist ja fürchterlich.
Selbstverständlich steht der Bestatter in der Pflicht, auch die bestellten Waren zu liefern.
Nur dann müssen Sie für die bestellten Waren auch den vollen Preis bezahlen.
Da nicht die richtige Urne geliefert worden ist, müssen sie diese auch nicht bezahlen.
Nach meinem Dafürhalten müssen Sie auch nicht den Preis für die falsche Urne bezahlen.

Rechtlich tut sich nur die Frage auf, bei welcher Dienstleistung der Bestatter Fehler begangen hat und inwieweit er dafür haftbar zu machen ist.
Zum einen schuldet er Ihnen die Lieferung der korrekten Urne, zum anderen dreht es sich um die Dienstleistung der Urnenbeisetzung.
Ein Gericht könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß die Beisetzung trotz falscher Urne korrekt erbracht wurde und Sie somit allenfalls Anspruch auf die Erstattung des Kaufpreises für die bestellte Urne haben.
Genausogut könnte das Gericht aber auch völlig anders urteilen, nämlich, daß der Bestatter für die erneute Beisetzung mit der korrekten Urne aufzukommen hat.

Aber man sagt ja: Vor Gericht und auf hoher See, da ist man in Gottes Hand.
Das bedeutet, daß Ihnen niemand sagen kann, wie diese Sache vor Gericht ausgeht.

Ich würde an Ihrer Stelle einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragen und dessen Ratschlägen folgen.

Mit dem Bestatter würde ich mich gar nicht mehr herumärgern, das regt Sie nur unnötig auf. Lassen Sie die Sache durch den Anwalt klären.

Es ist halt leider so, daß die besonderen Umstände, die einen psychisch so belasten, manchmal vor den Augen des Gesetzes nicht die richtige Würdigung erfahren.
Da wird ein geliebtes Haustier auch mal zur Sache und es wird nicht berücksichtigt, wie wertvoll die Bindung zu diesem Tier war.
Ähnlich steht es mit Trauer und Pietät, da tun sich Richter manchmal schwer, das irgendwie zu gewichten.

Ich persönlich würde das jetzt so durchziehen, wie Sie das haben wollen. Erneute Beisetzung mit der korrekten Urne.
Danach würde ich, mit zwei Wochen Abstand, einen Anwalt aufsuchen und dem die Sache überlassen.
Ich kann mir vorstellen, daß der Bestatter angesichts eines kräftigen Anwaltschreibens mit Klageandrohung einknickt.
Wenn nicht, dann muß die Sache vor Gericht ausgefochten werden.

Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden!

Übrigens: Ich habe diese Anfrage sehr stark verändert, ich mußte sie im Blog behandeln, da ich Sie per Mail nicht erreichen kann. Die von Ihnen genannte Mailadresse funktioniert nicht.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 8. April 2015

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Matthias
9 Jahre zuvor

Hm, und was, wenn der Bestatter tatsächlich ständig versucht hat anzurufen, aber die angegebene Telefonnummer ebenfalls nicht gültig war?




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