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Eine Urne zuviel und der Baum -I-

Hier vor Ort haben wir es ja mit der durchaus starken Konkurrenz eines städtischen Bestattungsinstitutes zu tun.
Das Amt „Friedhofwesen und Grünflächen“ wurde in das Friedhofsamt und den Eigenbetrieb der Stadt „Friedhof und Grün“ zerlegt. Früher residierte das Friedhofsamt, wie man kurz sagte, direkt am Friedhof in einem repräsentativen Zweckbau und vermittelte sowohl die Gräber, als auch gleich die dazu passende Bestattung.

Diese Vermischung von Amt und Gewerbe durfte auf Dauer nicht so bleiben und so mußte das alles geändert werden.
Heute sitzen beide, Amt und Gewerbebetrieb der Stadt, immer noch im selben Bau, direkt am Hauptfriedhof, nur hat man zwischen beiden Teilen Schwingtüren eingebaut, was nach Meinung der Zuständigen eine deutliche räumliche Trennung signalisiere…

Und weil die Leute meinen, bei der Stadt sei alles subventioniert und zum Wohle der Bürger ganz billig, so wie bei den Leihbibliotheken, bilden sie sich ein, auch die Bestattungen seien dort besonders günstig.

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Pustekuchen! Kein Bestatter treibt mit so viel Personal so wenig Aufwand und die Einbettungsrekorde im Einsargraum des städtischen Krankenhauses werden immer von den „Städtischen“ gehalten: 10 Sekunden, Deckel drauf, fertig. Und das mit 4 Mann Besatzung im Bestattungswagen.

Nein, wenn man die Rechnungen vergleicht, bezahlen die Leute im Schnitt 20-50% mehr als bei einem ganz normalen, gewerblichen Bestatter.

Ja und die müssen sich noch gegen den städtischen Betrieb wehren. Nicht nur, daß der städtische Gewerbebetrieb die gesamte Logistik auf den Friedhöfen in Oberhoheit nutzt, etwa Befahren der Friedhöfe mit den Bestattungswagen, Nutzung beliebiger Kühlzellen und Zugang zu allen Zeiten, nein, die haben das alles sozusagen zum Nulltarif bekommen. Dazu gehören Büros auf den Vorortfriedhöfen, Aufenthaltsräume, Materiallager usw.

Alle städtischen Altersheime und Krankenhäuser wissen überhaupt nichts von den Bestattern. Verstirbt dort jemand, so wird automatisch den Angehörigen gesagt, die Papiere seien schon beim Friedhofsamt, sie sollen dort doch wegen der Beerdigung vorbei gehen. Dort nimmt dann ein Beamter den Sterbefall auf und macht Grab und Termin klar und dann kommt die nette Frau vom städtischen Bestattungsinstitut und nimmt die Leute mit, nur wegen dem Sarg…

Trotzdem wickeln die gewerblichen Bestatter einen großen Teil der Sterbefälle ab, müssen aber an allen Fronten gegen die „Städtischen “ ankämpfen. Da wird den Angehörigen gerne auch mal, wenn sie sich ein Grab auf dem Friedhof aussuchen, vom städtischen Friedhofsverwalter gesagt: „Warum sind Sie denn zu so einem Bestatter gegangen, bei der Stadt wäre doch alles aus einer Hand gewesen; nicht daß Sie das noch bereuen!“
Oder es wird ihnen einfach der Eindruck vermittelt, die normalen Bestatter könnten das alles gar nicht, ihnen fehle es an Kompetenz oder Ausrüstung.

So ist es auch Frau Kummerjahn ergangen. Sie wollte den letzten Wunsch ihres Mannes erfüllen und suchte auf den vielen Friedhöfen unserer Stadt ein Urnengrab unter ganz vielen Bäumen. Die Friedhofsmitarbeiter waren zwar freundlich und geduldig, hatten jedoch alle keine passende Stelle im Angebot.

Wir hatten Herrn Kummerjahn inzwischen vom Krankenhaus abgeholt, eingebettet und zum Krematorium gebracht. Später sollte mit der Urne eine Trauerfeier stattfinden.
Dazu kam es jedoch nicht, Frau Kummerjahn ließ den Termin auf unbestimmte Zeit verschieben, sie habe noch kein Grab, da müsse sie noch überlegen.
Normalerweise läuft das so, daß der Bestatter mit den Angehörigen die verschiedenen Bestattungs- und Grabformen durchspricht und die Angehörigen sich dann entscheiden. Eventuell müssen sie noch das konkrete Grab auf dem Friedhof aussuchen, aber spätestens dann steht das Grab fest.
So hatte sich Frau Kummerjahn zunächst für ein Urnenwahlgrab entschieden und das hatten wir auch so beim Friedhofsamt angemeldet, doch dann hatte sie das wieder abbestellt.

Es verging ein halbes Jahr und die Urne des Herrn Kummerjahn geriet ein wenig in Vergessenheit. Unsere Rechnung war bezahlt, vielleicht hatte die Frau sich inzwischen entschieden und die Urne direkt durch die Stadt beisetzen lassen.

Doch eines Tages winkt mich die zigarrenrauchende Schwabbelqualle am Krematorium zu sich und grunzt mir in seinem breiten Dialekt etwas vor: „Hammerdowurschtenzipfelkummamohlälogerischkammakummahäh?“
Ich gucke mich nach rechts um, da steht für gewöhnlich meine Frau, die ja aus dieser Gegend stammt, und babelfischt mir dann immer die hochdeutsche Übersetzung (Alle Germanisten schnell an die Tasten, ich habe wieder Hochdeutsch geschrieben!) ins Ohr, aber die ist nicht da und ich stehe dem Schwabbelmann hilflos gegenüber. Meistens hilft dann die Frage: „Wie haben denn die ‚lauterer gespielt?“ oder der Satz: „Sieht schlecht aus für die Bayern, oder?“
Dann sabbelt das Schwabbel erst über Sport und wiederholt dann seine Frage von vorher. Im zweiten Anlauf klappt es dann meistens mit dem Verstehen.

Dieses Mal dreht der Pudding sich aber um und stapft mit dem, was bei anderen Leuten die Beine sind, schlurfschlammig in die dunklen Tiefen des Krematoriums und grunzt dann von irgendwo da drinnen: „Haschmodädumohläwendiebrengdamohl?“

So ganz entfernt scheint mir das nach einer Aufforderung zum Eintreten zu klingen und ich folge dem Wabbermann.
Der steht in der reinweiß gekachelten Sarghalle vor einem Regal und tippt mit dem nassen Ende seiner Zigarre auf eine dunkelblaue Urne. „IschdaKummerjahndenmüsstaämolmitnämmederkonndonetbleiwe!“
Meine Güte, dieses Mal habe ich ihn sogar irgendwie verstanden und reime mir zusammen, er könne eventuell gesagt haben: „Das ist der Kummerjahn, den müßt ihr einmal mitnehmen, der kann da nicht bleiben.“

Was soll ich also machen, ich packe die Urne ein und nehme sie mit.

Wieder im Büro rufe ich über den Gang: „Sandy, such doch mal die Akte Kummerjahn raus, ruf die Frau an und frag mal, was jetzt mit der Urne von ihrem Mann ist!“

Es dauert eine Weile und Sandy kommt in mein Büro: „Chef, die wohnt da nicht mehr, die ist weggezogen und offenbar weiß keiner wohin.“


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 11. Oktober 2010 | Revision: 16. Juni 2012

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Kirstin
14 Jahre zuvor

Ich will einen Dolmetcher ham für die ersten beiden Sätze. 🙁

turtle of doom
14 Jahre zuvor

Ein „-I-“ im Titel.

Sozusagen ein Cliffhanger-Alarm, damit wir uns schon mal einstellen können. Das ist ein Service, Tom!

Anonym
14 Jahre zuvor

@1: Frag halt Frau Undertaker, die kommt aus der Gegend 😛

Bei der Geschichte kommt mir aber die Frage, wie das passieren kann. Du schreibst doch immer von Friedhofszwang bei Urnen, nix mit verstreuen etc. Wieso interessiert hier plötzlich keinen, was mit der Asche von Herrn Kummerjahn geschieht? (Außer dem Krematoriumsmitarbeiter, und der wollte sie ja nur loswerden…)

Uli
14 Jahre zuvor

„Hier vor Ort haben wir es ja mit der durchaus starken Konkurrenz eines städtischen Bestattungsinstitutes zu tun.
Das Amt „Friedhofwesen und Grünflächen“ wurde in das Friedhofsamt und den Eigenbetrieb der Stadt „Friedhof und Grün“ zerlegt. Früher residierte das Friedhofsamt, wie man kurz sagte, direkt am Friedhof in einem repräsentativen Zweckbau und vermittelte sowohl die Gräber, als auch gleich die dazu passende Bestattung.“

Welchen Teil davon hast Du nicht verstanden, Kirstin ????

Wad Redwood
14 Jahre zuvor

Sie meint wohl eher die Laute des Krematoriumsmitarbeiters,Uli 😉

Kirstin
14 Jahre zuvor

@Uli
Ja ich meinte eher das gebrabbel von dem Schwabbel auf zwei Füßen.

Tzosch
14 Jahre zuvor

Bin gespannt wie es weiter geht. Da fällt mir ein, da war doch was. Ach ja. Goldfisch 🙂

Uli
14 Jahre zuvor

*lach* Wad Redwood und Kirstin … ja, ja, das habe ich schon verstanden *nochmehrkichert* bei DEM wundervollen Herbstwetter habe ich einfach meinen neckischen Tag … ok, wenn ich jetzt ans Bügeln gehe, ist diese Anwandlung schnell vorbei – also keine Bange, es bleibt nicht dauerhaft … 😉
.
Allen einen wunderschönen Herbst-Tag

14 Jahre zuvor

Ach die schä pälzer Sprooch 😀
Selbst als gebürtige Südwestpfälzerin ausm tiefsten Pfälzerwald bleibt mir die Bedeutung der ersten zwei Sätze verborgen (bis worschtzipfel versteh ichs ja noch). Und ich habs schon drei Mal gelesen!

Wenn man ganz nett sagt das man den Dialekt nicht versteht, sind die wenigstens Pfälzer beleidigt, allerdings kann der Versuch eines Pfälzers, Hochdeutsch zu sprechen gar seltsam anmuten und noch weniger verständlich sein, als der Dialekt *g*

Bin ja mal gespannt wie es weiter geht mit der Urne.

14 Jahre zuvor

Oooooch in Cliffhänger.
Wurde doch gerade mal wieder spannend….

14 Jahre zuvor

Ich gebe alles…

Hammerdowurschtenzipfelkummamohlälogerischkammakummahäh – Haben wir die Wurstzipfel komm mal ein lager ich komm mal her.

Haschmodädumohläwendiebrengdamohl? – Hast mal den Du mal eben die bring da mal?

wtf.




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