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Elastische Blumen

Sandy neigt ja hin und wieder zu einer etwas lockeren Sprache. Manchmal kommt sie auch mit Übersetzungen amerikanischer Phrasen daher, die im Deutschen nicht viel Sinn machen. Heute Morgen hat sie mit einem Kunden zu tun, der von weither angereist ist, um den finanziellen Teil einer Beerdigung zu erledigen.
Verstorben ist seine Mutter, er selbst lebt 600 km entfernt und um die Trauerfeier gekümmert hat sich sein an Intelligenzvermeidung leidender Bruder August.
Dieser August hatte sich zum Beispiel durch den Dauerspaß hervorgetan, den ganzen Monat August hinweg bei jeder Nennung eines Datums, ein ‚Späßle‘ zu machen.
Sandy sagte zu ihm: „Die Trauerfeier ist dann am 6. August und er konterte sofort mit: „Sechster August? Ich bin der erste und einzige August! Hahaha!“
Sandy: „Die Blumen bestellen wir erst am 5. August…“
August: „Fünfter August? Mehr als einen gibt es nicht, ich bin der erste August!“
Klasse! Was haben wir gelacht! So ein Schelm! So ein geborener Komiker…

Sein Bruder ist aus anderem Holz geschnitzt, geht vermutlich zum Lachen in den Keller, macht ständig ein sauertöpfisches Gesicht und seine Mundwinkel sind schwerkraftaffin, kurzum er kommt direkt aus Österreich zu uns, genauergesagt aus jenem Teil Österreichs, der gar nicht typisch für Österreich ist, aus Wien.
Am Telefon hatte er mehrfach gesagt, daß alles was sein Bruder August aussucht und bestellt seine völlige Zustimmung findet und wir uns vollkommen an August halten können.

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Zur Trauerfeier selbst konnte der Wiener nicht kommen, aber zur Beisetzung der Urne heute Morgen ist er angereist und will anschließend noch die einzelnen Rechnungspositionen durchgehen.
Jeden einzelnen Betrag lässt er sich genau erklären und hinterfragt jede Artikelbeschreibung. Sein gutes Recht und Sandy erklärt es ihm geduldig. Immer wenn eine Position besprochen ist, schreibt er den entsprechenden Betrag mit einem Bleistift auf die Rückseite einer Tankquittung und errechnet die Zwischensumme.

Am Ende drehte es sich um die Wurfblümchen.
Wurfblümchen sind kleine Blumen, Blüten oder winzige Sträußchen, die die Angehörigen statt oder zusätzlich zu der Erde, die man symbolisch mit einem Schäufelchen ins Grab wirft, verwenden können.
Viele kennen das nicht und auch der Österreicher zeigt deutlich, daß er nicht begriffen hat, wofür die kleinen, weißen Sträußchen gedacht waren, denn er trägt seines stolz im Knopfloch am Revers seines Anzugs.

Immerhin hatte sein Bruder August es ihm richtig vorgemacht und eines der sechs bereitliegenden Sträußchen gegriffen und ins Loch mit der Urne geworfen. „Na denn!“ war sein Kommentar gewesen.

„Warum sind da sechs Sträußchen aufgeschrieben, wir waren doch nur zu viert!“ meckerte der Wiener zum wiederholten Male und Sandy argumentiert, sein Bruder August habe von einer Handvoll Leute gesprochen und das sei doch eher eine ungenaue Angabe und außerdem koste jedes Sträußchen nur 3 Euro.

„Eine Handvoll sind genau fünf, nicht einer mehr, nicht einer weniger.“

„Gut, es macht uns keine Probleme, ein Sträußchen von der Rechnung abzuziehen.“

„Nichts da! Wir haben bloß vier gebraucht und somit zahle ich auch nur vier.“

Das mußte er Sandy nicht zweimal sagen, sie antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Eine Handvoll sind genau fünf…“

„Nichts da! Vier und basta!“

Und jetzt kommt jener Spruch, den ich eingangs mit lockerer Sprache meinte. Sandy strich die ganze Position mit den Wurfsträußchen, damit die liebe Seele Ruh‘ hat und sagte: „Jetzt machen Sie sich mal elastisch, wir streichen das.“

Jetzt machen Sie sich mal elastisch! Hab ich so in dieser Form jetzt auch noch nicht gehört.

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