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Erstmal frech werden

„Ein sag ich Ihnen, wenn Sie selbst mal sterben, kommen Sie bloß nicht zu uns, um sich beerdigen zu lassen!“

Diesen frechen Satz schnarrte eine Bestatterin in der vergangenen Woche einer Kundin ins Ohr, die -nach meiner Ansicht- völlig zurecht eine nicht korrekte Rechnung beanstandete.

Erstmal frech werden, schnell einen Graben aufreißen und vor allem gleich mit Anwalt, Gericht und Inkasso drohen, das sind die schlimmsten Todsünden, wenn es darum geht Kundenreklamationen abzupuffern.

Grund für Beschwerden gibt es immer. Bei jedem Sterbefall gehen irgendwelche Kleinigkeiten schief, oder kann der Kunde durch intensives Suchen solche Kleinigkeiten herbeireden.

Eine Bestattung ist ein sehr komplexer Auftrag, bestehend aus Dienstleistungen, Behördenvertretung und Warenlieferung, wie auch Spezialtransport.
Bei der Auftragserteilung können Kunde und Auftragnehmer oft den genauen Umfang der zu erledigenden Arbeiten nicht abschätzen. Außerdem kommen die Kunden oft mit nachträglichen Sonder- und Änderungswünschen.
Außerdem ist man als Bestatter bei vielen Bestandteilen der Planung auf Gedeih und Verderb der Willkür von Ärzten, Behörden, manchmal auch Pfarrern und Rednern ausgeliefert.

Das hängt einfach damit zusammen, daß jeder Beteiligte die Bestattung als „sein Ding“ und alle anderen Beteiligten als Erfüllungsgehilfen sieht.
Die Angehörigen sehen die Bestattung als ihren Auftrag und den Bestatter als Dienstleister.
Der wiederum betrachtet den Sterbefall als seinen Auftrag und alle anderen, wie Blumenhändler, Pfarrer und Friedhofsbedienstete als Helfer.
Der Pfarrer sieht aber den Bestatter nur als notwendiges Übel und betrachtet seine Betreuung der Angehörigen und die Gestaltung der Trauerfeier als sein Metier.
Für den Friedhofsleiter sind alle die Leute, die ihn beim Beerdigen der Leiche stören, nur Leute, die ihm in seinen Hoheitsbereich hineinreden.

Das mal überspitzt gesagt.

Man sieht, daß sich hier möglicherweise auch noch ein Kompetenzgerangel ergibt, aus dem sich wiederum verschiedene Sichtweisen und Beurteilungen ergeben können.

Daraus resultiert so manche Beschwerde, sei sie nun berechtigt oder nicht.

Einmal abgesehen von glockenklaren Fällen, wo auf Krawall gebürstete Besserwisser und Berufsnörgler schon von Anfang an alle Beteiligten durch ihre Klugscheißerei und die selbst erzeugte Unzufriedenheit auf die Palme bringen, ist es nach meiner Ansicht immer noch die beste Methode, sich die Klagen der Kunden zunächst einfach mal anzuhören.

Man zeigt Verständnis, sagt dem Kunden, daß er gut daran getan hat, seinen Unmut zu äußern und erklärt ihm dann seinen eigenen Standpunkt.
Ich persönlich habe immer gleich ein freundliches Angebot gemacht. „Damit Sie sehen, daß wir Sie zufrieden stellen möchten, würden wir uns freuen, wenn wir auf unsere Kosten ein kleines Gesteck aufs Grab stellen lassen dürften.“
Gar nicht rumlamentieren und auch keine Schuld anerkennen, einfach nett bleiben.

Damit nimmt man solchen Beschwerden oft schon im Anfangsstadium den Wind aus den Segeln.

Ja, ich habe es sogar erlebt, daß Leute sich dermaßen aufgebaut und daheim schon in Rage gebracht hatten, daß sie angesichts eines freundlichen Geschenks oder eine kleinen Rechnungsreduzierung Schnappatmung bekamen.
„Wie? Ich darf mich jetzt hier gar nicht aufregen? Sie kommen mir sofort entgegen? Ich bekomme vielleicht sogar etwas mehr, als ich gedacht hatte? Wohin jetzt mit meiner Wut?“

In erster Linie sollte man immer versuchen, den Kunden zufrieden zu stellen.
Ich habe schon oft geschrieben, wie ich manchmal allzu frechen Leuten auch schon mal über den Mund gefahren bin. Das darf man auch, denn alles muß man sich nicht gefallen lassen.
Aber am Anfang sollte immer der Versuch zur gütlichen Einigung stehen.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 30. April 2015

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4 Kommentare
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turtle of doom
8 Jahre zuvor

Immer nett sein. Immer freundlich bleiben.

Dann kann ein Anliegen nur noch aus sachlichen Gründen abgelehnt werden, was für das Gegenüber oft schwierig ist.

Coffin Corner
8 Jahre zuvor

Ein guter, aber derber Spruch lautet: „Wer fi..en will, muss freundlich sein!“.
Da ist was dran.

Frau B
8 Jahre zuvor

Ich denke, dass sowohl aus Kunden- wie auch aus Dienstleistersicht die Höflichkeit (auf beiden Seiten) gewahrt werden sollte und der Dienstleister tendenziell dem Kunden bei Beschwerden einen Schritt entgegenkommen sollte. Ich als Kundin erinnere mich jedenfalls daran, welcher Dienstleister NICHT auf eine Beschwerde meinerseits eingegangen ist und habe folglich dessen Leistungen nicht wieder in Anspruch genommen und meinen Mitmenschen davon ebenfalls abgeraten. Im Gegenzug empfehle ich entgegenkommende Dienstleister weiter.
Das macht wohl jeder so.

josef
8 Jahre zuvor

Da kann ich ein Lied von singen, schwierige Angehörige und der Krampf mit Behörden und der lieben Kirche! Peter hat es mal wieder auf den Punkt getroffen, so kann nur jemand schreiben, der diese leidvollen Erfahrungen selbst gemacht hat. Und bei diesem Streß auch noch immer einfühlsam und verständnisvoll sein, das ist eine Kunst! Deswegen bin ich so gerne hier, es ist oft so, als ob ich in meiner eigenen Biographie lese, bitte weiter so und vielen Dank an den Autor für seine Mühe!!
LG Josef




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