„So an manchen Tagen, wissen Sie, da würde ich mich am liebsten dazulegen. Sicher, der fehlt mir, seit er da in seinem kalten, nassen Grab liegt und ich geh ja auch immer schon, fein hin und tu ihn begiessen, ihm das Unkraut ausrupfen und wenn ein Vogel auf den Stein gekackt hat, mache ich das auch weg. Aber ich mach das eigentlich ja nur für die Leute.
Ich? Ich bräuchte gar nicht auf den Friedhof gehen. Diese Friedhofsrennerei, das ist doch alles nur beschwerlich. Wenn ich an ihn erinnert werden will, dann brauche ich nur meinen Wohnzimmertisch anzugucken, da hat er einen Brandfleck draufgemacht. Oder die gesprungene Ecke vom Spiegel im Gang, das war auch er. Er hatte ja zwei linke Hände, ach was sage ich, er hatt nicht nur zwei Linke Hände, es waren auch noch lauter Daumen dran, so ungeschickt war der.
Sehen Sie, ich bin jetzt 86 Jahre alt un glauben Sie mir, alt sein, ist kein Vergnügen. Ich habe alles was man haben kann, Diabetes, grauen Star, Kreislauf, das Herz, die Knochen und, und, und. Viermal im Monat muß ich zum Arzt, manchmal sogar zweimal die Woche. Die Tabletten die ich nehmen muß, füllen eine ganze Schublade. Ich will doch auch nicht immer nur aus der Packung was essen, also koche ich jeden Tag. Und für eine Person Vorräte anlegen… Also gehe ich jeden Tag einkaufen, diese elende Schlepperei.
Nee, das ist doch alles nichts. Ich kann ihnen jetzt schon genau sagen, was ich in 30 Tagen machen werde oder in 60 oder in 170, es ist immer alles das Gleiche immer eine Tretmühle. Das wozu ich Lust hätte, das kann ich nicht mehr, das was ich essen möchte, vertrage ich nicht mehr und das was ich gerne sehen würde, das kommt nicht im Fernsehen.
Ist das denn ein Leben? Nee, ganz ehrlich, manchmal wünschte ich, ich hätte auch so eine schöne Stelle auf dem Ostfriedhof.“
Aus den Erzählungen eines alten Menschen auf dem Friedhof, wiedergegeben von Peter Wilhelm
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: gibt, tage
Klingt nach einem zugesannten Kommentar – allerdings ein anderes Kaliber, als die bisher veröffentlichten.
Oder doch ein Zitat aus einem Buch oder einer Zeitschrift?
Ich bin „erst 39“, aber GENAU DAS ist es, wovor ich wirklich Angst habe! 🙁
Tja, wie war das noch?
Die Menschen sehnen sich nach unsterblichkeit, wissen aber nicht wie sie einen Sonntagnachmittag verbringen.
Kann ich sehr gut nachvollziehen, die Gedanken. Ich hoffe, ich werd nicht so alt. Wenn man nur noch drauf wartet, endlich sterben zu können…. Furchtbar.
Das tägliche Einkaufen hat den Vorteil, dass man Bewegung hat, auch wenns schwer fällt. Man wird gesehen, dadurch fällt es auf, wenn man plötzlich nicht mehr zum Einkaufen kommt. Natürlich muß man dabei mit anderen Menschen ins Gespräch kommen.
Sie sollte sich unter Leute begeben, idealerweise ein Pensionistenclub oder dergleichen. Schreckt viele auf den ersten Blick ab, bewirkt aber bei einigen doch Wunder. Ich kenne es von meiner Mutter, die Betreuerin in so einem Club ist. Dort kommen die Leute dann gar nicht mehr dazu, sich selbst zu bemitleiden. Und ja, das klingt hart, aber die Frau steckt wohl tief in einem Jammer, der so nicht nötig wäre. Was, wenn sie ein bettlägriger Pflegefall wäre? So gesehen scheint sie ja noch recht rüstig.
Mon Dieu! Das sind ja feine Aussichten… Jetzt brauche ich ein dickes Eis!
Ich habe schon viele sehr alte Leute kennenglernt, die zwar stolz ihr hohes Alter preisgeben, aber ALLE waren sich einig das sie lieber heute als morgen das Zeitliche segnen täten. Woher das nur kommt?
Jetzt gehe ich gleich doch noch auf den Balkon und stecke mir meine fünfte Ziggi für heute an. Vielleicht ist es doch besser, mit 60 an Lungenkrebs oder mit 70 an Herzinfarkt zu sterben als mit 80 an Alzheimer oder Parkinson, wenn man die letzten 10 Jahre entmündigt gelebt („gelebt“?) hat. Vielleicht erwischt mich morgen auch ein Zementlaster.
Ich weiss es nicht, aber ich weiss, wie ich bestattet werden möchte.
AAhhh, ich hab ja jetzt schon furchtbere Angst vor dem Totsein, aber das potenziert das ganze ja noch.
Wenn ich mir vorstelle, gefangen zu sein in einem alten, kranken Körper, nur noch am Leiden gepaart mit meiner Todesangst…
*schauder*
Muss mal irgendwas machen, dass ich mich lebendig fühle.
Tja, alt werden will jeder, alt sein niemand.
Da fragt man sich doch, ob die Freitodverweigerung in unserer Gesellschaft wirklich nur religiös/kulturell bedingt ist oder ob das nicht doch genetisch veranlagt ist.
Mann. Warum macht sie ihrem Leben denn kein Ende?
Das ist doch nichts Schlimmes, wenn man am nach einem langen vielleicht sogar erfüllten Lebens sagt „ok, das wars. Jetzt mag ich nicht mehr.“
Dei Gratwanderung bezüglich des Alters, ab wann man sowas denken und durchziehen soll ist schon klar – wenn jeder Pubertierende in seiner „Sinn-des-Lebens-Phase“ sich umbringt, wären wir weniger.
Aber wenn es nunmal eindeutig ist, dass es nur noch bergab geht??
Also neben Gesundheit und dem ganzen Gedöns wünsche _ich_ mir auch immer diese eine Kraft fürs Alter: wenn Schluss ist, soll Schluss sein.
Ich kann diese Frau nur zu gut verstehen… Ich bin grade mal ein bißchen mehr als halb so alt – aber ich denke oft dasselbe…. Ich hätte auch lieber ein schönes Plätzchen im Wladfriedhof oder sonstwo – und Ruhe und Frieden und keine Plagerei mehr…
Ich bin irgendwie etwas erschrocken, dass manche hier schon jetzt über so etwas nachdenken, man muss doch das Leben genießen und wer jetzt schon jammert, hats im Alter sowieso nicht leicht. Man muss nur sich beschäftigen können und hoffen, dass man gesund bleibt. Klar ist es nicht schön, wenn man schon viele fiese Krankheiten hat und evtl. sogar bettlegerig. Ich bin auch ein totaler Befürworter der Sterbehilfe, aber schon vorher darüber nachdenken, is denk ich keine Lösung.
Ich habe mich lange Zeit mit ähnlichen Gedanken geplagt.. was, wenn ich alt und krank bin und gern sterben würde, aber nicht kann?
Seit ich Altenpflegerin bin, hat das meine Angst stark verringert. Statt „memonto mori“ zählt für mich heute „carpe diem“..