Hallo Tom,
lange habe ich schon keine Frage mehr gestellt, lese allerdings regelmäßig interessiert mit, was es in deinem Blog für Neuigkeiten gibt und welche (z.T. skurrile) Fragen von einigen Usern gestellt werden…
Ich frage mich seit einiger Zeit, ob man als Hinterbliebener Anspruch darauf hat, welcher Pfarrer den Verstorbenen bestattet. Es ist zwar üblich, dass der Gemeindepfarrer des jeweiligen Bezirks die Trauerfeier abhält, aber obligatorisch ist das doch sicher nicht. Ist es möglich, den Pastor einer anderen Gemeinde für das Zeremoniell zu beauftragen? Ich nehme an, dass dies nicht häufig vorkommt und es die Gemeinden auch nicht allzugerne sehen oder?
Des Weiteren würde mich interessieren, ob man einen Katholiken z.B. evangelisch beerdigen lassen kann (und wie ggf. überhaupt die jeweiligen Pfarrer dazu stehen).
Sind dir im Laufe deiner Tätigkeit als Bestatter schon ähnliche Fälle widerfahren, bei der die Familien der Verstorbenen Wünsche dieser Art hatten?Viele Grüße
Leser Andreas
Es lesen hier ja Pfarrer mit, vielleicht können die noch die genauen kirchenrechtlichen Regeln erläutern und aus ihrer Praxis etwas dazu schreiben.
Aus der Praxis heraus geschildert sieht das so aus:
Es werden durchaus häufig Wünsche nach einem anderen Pfarrer geäußert, das ist nichts Ungewöhnliches. Die Gründe hierfür können mannigfaltig sein. Beispielsweise könnte einer der Angehörigen selbst Geistlicher sein und die Zeremonie vornehmen wollen oder man ist erst kürzlich in diese Gemeinde gezogen, möchte aber, daß der Pastor der früheren Gemeinde die Beerdigung macht.
Natürlich kann es auch sein, daß über die Jahre eine tiefe Abneigung gegen den zuständigen Pfarrer gewachsen ist und man aus diesem oder anderen Gründen einfach nicht möchte, daß dieser die Trauerfeier leitet.
Hier funktioniert das so, daß der Bestatter in diesem Fall beim zuständigen Pfarramt den Todesfall meldet und darüber informiert, daß jemand anders die Beerdigung durchführt. Daraufhin wird, je nach Konfession, ein so genannter Entlassschein ausgestellt. Mit diesem Schein wird erlaubt, daß eine andere Gemeinde bzw. ein anderer Pfarrer in die Zuständigkeit eintritt, um kirchliche Handlungen vornehmen zu können.
Wir hatten in all den vielen Jahren bislang nur ein einziges Mal den Fall, daß ein Pfarrer diesen Schein verweigert hat. Über die Hintergründe hierfür ist mir leider ebenso wenig bekannt, wie über den Ausgang der Geschichte, da die Beerdigung anderswo stattgefunden hat und ich keine Rückmeldung erhalten habe.
Bei der Bestattung eines anderskonfessionellen Verstorbenen sieht es in der Praxis so aus:
Zwei Besonderheiten sind noch wichtig:
– wenn der oder die Verstorbene katholisch war und Sie und die anderen Angehörigen evangelisch sind, können wir in Absprache mit dem katholischen Pfarrer die Beerdigung übernehmen. Umgekehrt ist ebenfalls möglich, dass der katholische Pfarrer einen evangelischen Christen beerdigt, wenn die Angehörigen katholisch sind.
– Anders ist das, wenn der oder die Verstorbene aus der Kirche ausgetreten war. Hier ist es in das Ermessen des jeweiligen Pfarrers gestellt, ob er aus seelsorgerlichen Gründen den Angehörigen gegenüber eine evangelische Beerdigung eines Ausgetretenen übernimmt. In jedem Fall wird im Rahmen der Trauerfeier darauf hingewiesen werden, dass der oder die Verstorbene nicht der Kirche angehört hat. Dies gebietet der Respekt vor den Entscheidungen des oder der Verstorbenen.
(Quelle)
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Ein Hinweis zur Bestattung von aus der (katholischen) Kirche Ausgetretenen: Der römisch-katholische Bestattungsritus sieht für diesen Fall eigentlich keine katholische Bestattungsfeier vor, wohl aber eine so genannte Begleitung durch einen katholischen Amtsträger, falls die Angehörigen dies wünschen und für ihre eigene Trauerarbeit als erforderlich erachten. Das geschieht vor dem Hintergrund der seelsorgerlichen Begleitung der Angehörigen, die eventuell ja auch nichts von einem Kirchenaustritt des oder der Verstorbenen wissen. Die entsprechende Person wird dann den Trauerzug zum Grab begleiten und dort mit den Angehörigen auch beten, falls diese das wünschen.
Hier bei uns wird die Bestattung durch einen anderen Pfarrer in der evangelischen Kirche unbürokratisch geregelt: Der Bestatter fragt beim gewünschten Pfarrer an, wenn der Zeit hat informiert er bzw. der Bestatter das eigentlich zuständige Pfarramt und gut ists. Es gibt ja eigentlich nur zwei Gründe dafür, einen fremden Pfarrer zu beauftragen: Entweder man kann mit dem Auswärtigen besonders gut oder man kann den Ortspfarrer nicht leiden. Im ersten Fall ist der eigentlich zuständige Pfarrer froh, daß ein Kollege ihm die zusätzliche Arbeit abnimmt, zumal wenn dieser die Familie besser kennt. Im zweiten Fall wäre er schön blöd, wenn er sich bei der Familie noch unbeliebter machen würde.
Bei den Katholiken hat man erfahrungsgemäß keine Wahl, da muß man den nehmen, der gerade frei ist, sei es der halb demente Ruhestandspfarrer aus dem Altenheim Methusalem oder Father John aus dem indischen Kerala, der gerade „zur Fortbildung“ Dienst im Dekanat tut und immerhin das Vaterunser schon fehlerfrei auf Deutsch beten kann oder alternativ gern die ganze Zeremonie in lateinischer Sprache abwickelt.
@2: bei den katholiken ist es wie bei allen anderen auch: es kommt erstens auf die kommunikation drauf an und zweitens auf den dahinterstehenden pfarrer.
miteinander reden ist schon die halbe miete. wenn der pfarrer aber ein uneinsichtiger dickschädel ist, dann hat man pech gehabt.
@3: Schon klar. Mit dem hiesigen Hauptpfarrer kann man auch gut reden, wenn man ihn mal erreicht. Immerhin betreut der 8 ehemals selbständige Pfarren und ist nebenher noch Dekan, Bistumsbeauftragter für Liturgie (Schwerpunkt Kirchenmusik) und hat ein kleines Lehrdeputat am örtlichen Gymnasium. Es ist also kein Wunder, wenn der nicht auch noch eine Beerdigung in seinen Tagesablauf quetschen kann.
@Thomas: Bei dir klingt es so, als würdest du über einen grundlegenden Unterschied zwischen Kathis und Evis schreiben.
(Ich bin übrigens keines von beiden. Das nur, um Fehlinterpretationen vorzubeugen.)
Für den katholischen Bereich: Bezüglich Taufe und Hochzeit ist eine Delegation des Ortspfarrers nötig, da er bezüglich der Sakramente ein territoriales Bestimmungsrecht hat. Da eine Beerdigung kein Sakrament ist, kann man nehmen, wen man will; es sei denn die Beisetzung findet auf dem katholischen Friedhof der Kirchengemeinde statt. Da bestimmt dann wieder der Ortspfarrer, wer dort beerdigen darf: dies gilt für ortsfremde Priester und „Freie Redner“ gleichermaßen. Kann dann bei kontrollsüchtigen und geltungsbedürftigen Pfründenhockern schwierig werden: „My parish is my castle“ ;-). Viele Pfarrer sind aber – ob Arbeitsüberlastung – froh Bestattungen loszuwerden. Ansonsten wählen Sie halt den städtischen Friedhof – da hat der Ortspfarrer nix zu melden. Aber finden Sie aus eben diesem Grund mal einen Priester, der gerne ausserhab seines Sprengels noch „dazu“ bestattet, es sei denn, Sie sind mit diesem befreundet oder verwandt.
In diesem Zusammenhang fällt mir die Diskussion „Keine Kirchensteuer nicht gleich Kirchenaustritt“ ein.
Siehe z.B. hier:
[url]http://www.kathnews.de/content/index.php/2009/07/24/keine-kirchensteuern-nicht-gleich-kirchenaustritt/[/url]
Ob es mittlerweile ein abschliessendes Ergebniss gibt kann ich leider nicht sagen.
Wäre noch drauf hinzuweisen, dass strengenommen evangelische Pastoren nur die Leute ihrer eigenen Gemeinde beerdigen müssen,es kann also passieren, dass sie bei auswärtigen Verstorbenen schlicht nein sagen, weil es noch mehr Arbeit bedeutet, die nicht extra vergütet wird und der eigenen Gemeinde oder dem Privatleben Zeit stiehlt. Zum Beispiel, wenn ein Pastor über die Gemeindegrenzen hinweg dafür bekannt ist, dass er ja immer so tolle Beerdigungen macht und deshalb auch von Leuten, die er nie getroffen hat, ständig Anfragen bekommt…
@ Tzosch (7): Das ist nun ein Problem, das nur die römische Kirche betreffen kann, weil nur die meint, sie sei Weltkirche. Für alle anderen ist klar, daß die Kirche größer ist als ihre Gemeinschaft, daß aber, wer auf dem Amt den Austritt aus der örtlichen oder regionalen Gemeinschaft erklärt, einfach nicht mehr dazugehört. @ Felidana (8): richtig. „extra vergütet“ wird den Pastoren zwar eh nix, sie haben Gehalt und werden nicht nach Aufwand bezahlt. (Wär das schön…) Ohnehin: wenn man es so macht wie Thomas (2), kann man böse Überraschungen erleben. Das Kirchenrecht meines Wissens sämtlicher evangelischer Landeskirchen verbietet nämlich diese hemdsärmligen Geschichten: jeder Pfarrer oder Pastor hat in seinem Amtsbezirk das Amtsrecht, und ohne seine Genehmigung darf in diesem Amtsbezirk kein anderer Gottesdienst halten. Und wenn sich dann der Bezirkspfarrer querstellt und das Dimissoriale verweigert, riskiert der Fremdpfarrer disziplinarische Konsequenzen, sollte er trotzdem dort Gottesdienst halten. Theoretisch kann der Ortspfarrer auch von seinem Hausrecht Gebrauch machen und den unkollegialen Kollegen entfernen lassen. Darauf läßt es aber niemand ankommen – und deshalb kann Thomas… Weiterlesen »
@ 7 tzosch: Das finde ich interessant. Wenn ich es richtig verstehe, heißt das, das ein Katholik, der beim Standesamt seinen Austritt erklärt, damit nur vom Zahlen der Kirchensteuer befreit ist, jedoch kirchenrechtlich weiterhin Teil der kath. Kirche bleibt. Das ist für mich schlüssig – immerhin bin ich als Katholik getauft, und erst wenn ein katholischer Geistlicher feststellt, dass ich nicht mehr Teil der Religionsgemeinschaft bin, und er mich dann sogar exkommuniziert, bin ich kein Mitglied der Kirche mehr.
Deswegen liebe ich die „kleine Kirche“.
Ich bin allerdings nun auch ausgetreten, aus der „Körperschaft“ (schöner Artikel Tzosch, ich werde das im Auge behalten), den Glauben habe ich noch.
Hier in Hessen ist das einfach so, wenn eine Frau zuhause bleibt und ein Kind aufzieht und kein eigenes Gehalt mehr hat, das dann das Gehalt des Mannes für die katholische Kirchensteuer herangezogen wird. Das fand mein Mann weniger witzig, da er nicht der Kirche angehört und auch nicht glaubt. Er ist Atheist durch und durch.
Er hat für mich die ersten Jahre die Kirchensteuer bezahlt. Mittlerweile verdiene ich wieder mein eigenes Gehalt, doch bin ich immer noch nicht eingetreten, ich warte da ab, bis ich wieder in Niedersachsen bin. Da gibt es diese Regelung nämlich nicht.
11 Smilla: Ich denke, diese Regelung ist sehr grenzwertig. Kirchensteuern sind eigentlich personenbezogen, und die Angehörigen in Sippenhaft zu nehmen, geht mal gar nicht. Wie war das gleich mit der Trennung von Kirche und Staat? In Hessen scheint das noch nicht ganz angekommen zu sein…
Ich halte sie auch für mehr als grenzwertig, habe darüber mit einem Kirchensteuermann aus dem Bistum Limburg diskutiert, aber ohne Erfolg. Es fallen nicht nur die darunter, die kein Einkommen haben, sondern auch alle z.B. auf 400 Euro Basis, da muss der Ehegatte aufkommen, egal welchen Glaubens dieser ist. Ob der dann doppelt zahlen muss, wenn er auch katholisch ist, weiß ich nun nicht. Ich vermute mal. 😉 Ist in Hessen so und in Bayern oder BaWü, ich halte das auch nicht für rechtens, aber Gerichte entschieden auch im Sinne der Kirche. Ich bin dann notgedrungen ausgetreten, weil ich nicht wollte, dass mein Mann mit seinem Einkommen meine Kirchensteuer bezahlt. Mein Mann hat mich zum Standesamt geschleift, als er seinen Auszug sah.
Es gibt ja noch andere Gründe warum man einen anderen Pfarer nimmt.
Also mein Vater lebt im Pflegeheim in der Nähe von Darmstadt.
Beerdigt wird er, wenn es soweit ist, aber in Darmstadt.
Die Rede bei der Beerdigung wird der Pfarer halten wo er jetzt wohnt.
Wer wäre denn jetzt offiziell zuständig?
Ich denke der Pfarer in dessen Gemeinde er jetzt ist, oder?
Der wiederum, darf aber doch ersteinmal nicht in einer fremden Pfarerei beerdigen, oder?
Ich weiß, das das Standardmäßig überhaupt kein Problem ist, aber wie ist es offiziell?
@12 e.a. Stefan
Sorry, hatte gestern etwas Wein intus. Genauer:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchgeld_in_glaubensverschiedener_Ehe#cite_note-10
„Körperschaft“ finde ich klasse. Es gibt einen Pfarrer in Mitteldeutschland, für den heißt sein Laden nur noch „die Organisation“. 🙂