Lieber Undertaker,
ich lese gerade im Pfarrbrief meiner Pfarrei (Bayern, seeehr katholisch), dass „die Leichenverbrennung eine heidnische Sitte ist“, ein „gläubiger Katholik (…) im Normalfall einer Erdbestattung den Vorzug geben“ wird und außerdem eine Urne nicht zum Requiem in die Kirche gebracht werden darf. Kannst du das aus deiner Erfahrung bestätigen? Machen katholische Pfarrer Probleme, wenn jemand verbrannt werden soll, oder wollen gläubige Katholiken das sowieso nicht? Ich kann vielleicht dazusagen, dass ich hier ein Jahrzehnt lang ministriert hab und mich aus dieser Zeit nur an eine einzige Urnenbestattung erinnern kann. Ist aber auch schon wieder eine Weile her.
Würde mich über eine Antwort freuen.
Danke und viele Grüße,
B.
Im Christentum wurde die Feuerbestattung jahrhundertelang abgelehnt. Der Grund ist in einem engen, wörtlichen Verständnis der Auferstehung der Toten zu suchen. Wenn der Körper des Verstorbenen bei der Auferstehung von Gott wieder zum Leben erweckt würde, bedeutete es eine Missachtung Gottes, den Körper durch Feuer zu zerstören. Demgegenüber orientiert sich die christliche Erdbestattung an der Grablegung Jesu Christi.
Nach anfänglicher Duldung der Feuerbestattung durch die römisch-katholische Kirche verbot sie der Heilige Stuhl (Papst Leo XIII.) 1886 als „barbarische Sitte“. Eingeäscherte konnten daraufhin nicht mehr eingesegnet, kirchlich bestattet und in der „geweihten Erde“ eines (kirchlichen) Friedhofs beigesetzt werden.
Erst 1964 wurde im katholischen Kirchenrecht das Verbot der Feuerbestattung aufgehoben, sofern damit nicht die explizite Leugnung des Glaubens an die Auferstehung zum Ausdruck gebracht werden soll.
Die Evangelischen Kirchen standen gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts der Feuerbestattung zunächst auch überwiegend ablehnend gegenüber. Bald setzte sich aber eine tolerierende, wenn auch nicht fördernde Haltung durch.
freu nach Wikipedia
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Kenne das auch von strenggläubigen evangelischen Menschen. Da wird Verbrennung für Sünde gehalten, die eine Wiederauferstehung unmöglich macht.
Handelt es sich aber um eine Verbrennung aufgrund eines Unfalls, dann wird seltsamerweise damit argumentiert, das bei Gott nichts unmöglich sei und solcherart zu Asche gewordene Menschen eben doch auferstehen können.
Dogmen müssen nicht logisch sein, man muss auch nicht über sie nachdenken.
Da scheinen in Bayern die Uhren ein wenig nachzugehen. Die Katholische Kirche hat die Feuerbestattung nie aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt, wie der obige Artikel suggeriert. Grund für das zeitweilige Verbot der Feuerbestattung war die explizit säkulare Ausrichtung der ersten Vereine für Feuerbestattung in Italien, Frankreich und Deutschland.
Ja, Gott hat das Universum erschaffen, Billionen Sterne und er kennt alle beim Namen, die Erde und alles Leben in sechs Tagen, er kann Leute wieder zum Leben erwecken, die verwest und vermodert sind aber keine, die verbrannt wurden. Da hört nämlich der Spaß auf.
Manchen Leuten würde es helfen, die Bibel aufmerksam zu lesen. Ich meine, abgesehen von dieser Verbrennungsgeschichte, glauben die Katholiken an so mancherlei Unsinn, der in der Bibel eindeutig widerlegt ist.
Du Wikipedia-Nachleser *g*
Kirchenrecht: (CIC/1983), Canon 1176, § 3: „Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, daß die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen; sie verbietet indessen die Feuerbestattung nicht, es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen.“
Der Autor des Pfarrbriefs sollte dringend darauf hingewiesen werden, dass er irrt.
Wir hatten vor Jahren einen ähnlichen Text im Pfarrbrief. Ein Anruf beim Vorgesetzten des seinerzeitigen Vikars, der das verzapft hatte genügte, und er musste eine Klarstellung bringen.
Vor kurzem hat ein Pfarrer in Violau etwas ähnliches über Organspende geschrieben.
Als er sich weigerte das klarzustellen, hat der zuständige Bischof ihn entlassen.
In gewissen Kreisen innerhalb der Kirche ist eben immer noch Mittelalter.
Schön, dass unser Pfarrbrief auf Interesse stößt.
Übrigens: Der Autor des Textes war der Pfarrer selbst. Der ist aber sonst auch so…
Vlg B.
Gerade bei Iny Lorentz gehört: Zur Zeit des Konstanzer Konzils wurde die Asche der Straftäter, die auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurden in den Rhein gesteut, damit am Tage der Auferstehung nichts mehr von ihnen vorhanden ist.
Nur – von der Seele wird nichts erwähnt. Um die geht es doch, und nicht um den materiellen Körper.
Die letzte Beerdigung, bei der ich war, war eine Urnenbeisetzung. Der Verstorbene war ein sehr gläubiger Katholik und hätte ganz bestimmt diese Beisetzungsform nicht gewählt, wenn sie „unkatholisch“ wäre.
Es geht der katholischen Kirche um die Seele?
Gelegentlich hatte ich persönlich eher den Eindruck, es ginge ihr eher um materielle Werte. „…wenns im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt…“ 😉
Man kann davon halten, was man will, aber ich finde, das grenzt schon an Blasphemie, dem da oben zu unterstellen, er könne Verbrannte nicht wiederauferstehen lassen. Genauso denke ich auch über den Glauben einiger Leute, gegen den Willen Gottes zu verstoßen, wenn sie nicht irgendwelche Behandlungsmethoden ablehnen wie Blut- oder Organspenden oder sowas.
Hallo? Der Typ da oben ist GOTT, denn nennt man den Allmächtigen. Dem pfuscht doch kein Arzt oder sonstiges Menschlein ins Handwerk? Oder geht mir da als Atheist irgendwas ab?
@Christians Ex: Nach dem Motto könnte man sich darüber aufregen, dass es einigen Leuten verboten ist, Schwein zu essen, Mord verboten ist und man beten soll, „denn es ist ihm ja egal“.
Es gibt wohl min. eine Stelle in der Bibel, aus der sich das Blutverbot ableiten lässt.
Ohne jetzt die Katholen verteidigen zu wollen – aber gerecht muss man deren Anliegen schon werden. Es geht nämlich überhaupt nicht darum, ob Gott hier irgendwas kann oder nicht kann, sondern welche Inhalte wir mit einer bestimmten Aussageform (hier Bestattung) zum Ausdruck bringen. Wenn ich den Leichnam als Ganzes in einem Sarg bestatte, sage ich damit: Gott wird uns als Ganzes auferwecken. Ich bestehe nun aus einem bestimmten, nicht austauschbaren Körper, der zu mir gehört. Und dann geht es noch um die Analogie zwischen dem, was mit Christus geschehen ist, zu dem, wie es mir gehen wird. Demgegenüber bringt ein Verbrennen eher zum Ausdruck, dass der Körper eigentlich egal sei, Hauptsache die Seele lebt weiter. Und das ist kein eigentlich christlicher Gedanke, sondern einer der Gnosis, der sich zwar im allgemeinen Diskurs hartnäckig gehalten hat, von dem wir uns aber aus christlicher Sicht verabschieden sollten. Natürlich schließt sich der Glaube an eine Auferstehung und eine Feuerbestattung nicht grundsätzlich aus, aber das ist auch gar nicht das Thema. Es geht lediglich darum, dass eine bestimmte Form… Weiterlesen »
@HelmBurn: Danke für diese differenzierte Sichtweise.
Was mich an dem Pfarrbrief stört, ist, dass er manchen Leuten (vor allem älteren und traditionsbewussten) Angst macht – wenn sie selbst eigentlich lieber verbrannt werden möchten, oder auch, wenn sie zum Pfarrer müssen, weil ein Verwandter gestorben ist, der verbrannt werden wollte. Dann trauen sie sich vielleicht erst gar nicht, eine Feuerbestattung zu bestellen.
Wenn das so im Pfarrbrief gestanden wäre wie in deinem Kommentar, hätt’s mir besser gefallen…
@ HelmBurn (13): Sachlich, differenziert und interessant. Danke!
@ Coffin Corner (6): Respekt. Ich vermute stark, dass der Durchschnittsmensch den Codex Iuris Canonici gar nicht kennt! Lehrreich.
@ MacKaber (8): Das der Straftäter verbrannt wurde, um seine Auferstehung … mhmm … zu verkomplizieren … finde ich, schlicht formuliert, ganz schön übel.