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Ganz still

Fehler durch Lektorin Alexandra bereinigt.

Mutter und Tochter. Mutter an die Siebzig, etwas hilflos, der jetzt verstorbene Mann hat immer alles gemacht. Die Tochter fest davon überzeugt, alle Bestatter dieser Welt sind Gauner, Abzocker und Alte-Leute-Schinder.

Sowas kenn‘ ich, das regt mich nicht auf, wir machen nichts Schlimmes und ich laß dann eben den Alte-Leute-Knebel in der Schublade. Meine Güte, wir sind um jeden Kunden froh und wenn er erst mal da ist, dann kauft er auch und wir machen unseren Schnitt, warum sollten wir irgendwen bescheißen? Um jetzt auf die Schnelle mal eben 100 Euro mehr zu verdienen und im Gegenzug zu riskieren, daß der Kunde einen Leserbrief an die Zeitung schreibt, überall herumerzählt wie gemein wir waren oder sich weinend bei uns vor dem Haus auf den Gehweg wirft und mit den Füßen strampelt?

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Vielleicht nutzen manche Bestatter ihre Monopolstellung in bestimmten Regionen aus und haben, mangels irgendwelcher Konkurrenz, besonders saftige Preise, aber ansonsten sehe ich schwarze Schafe eher auf der Billigschiene. Was nicht bezahlt wird, kann auch nicht (gut) gemacht werden. Jede Mühe verdient ihren Lohn und wenn man als Kunde alles billig will, wird man auch Billiges bekommen, das gilt auch für die Beratung und die Behandlung. Und weil manches gar nicht so billig zu machen ist, wie einige es vorgaukeln, darf sich der Schnäppchenjäger hinterher dann auch nicht wundern, wenn sich die vermeintliche günstige Gelegenheit hinterher als teure Mogelpackung entpuppt.

Jeder weiß, daß man bei Ibäy beschissen wird, das ist Fakt, das scheint erwiesen. Einmal davon abgesehen, daß auch ich meine negativen Erfahrungen dort gemacht habe, muß man doch aber sagen, daß Millionen von Transaktionen bei den Online-Auktionshäusern absolut reibungslos zur vollsten Zufriedenheit aller abgewickelt werden. Das Bild in der Öffentlichkeit ist aber ein anderes, weil es eben mehr hermacht, wenn man die teils sehr grotesken Betrugsfälle und Mogeleien immer wieder an den Pranger stellt. Bad news is good news! Nur schlechte Nachrichten verkaufen sich gut.

Ja, und genau so geht es uns Bestattern, und vielen anderen, doch auch. Nehmen wir als weitere Beispiel die Gas-Wasser-Scheiße-Firmen, die tausendfach für angemessenes Geld Abflüsse saubermachen oder die Schlossereien, die für kleines Geld Türen öffnen; von ihnen wird man nichts hören, nie! Wenn aber ein Verzweifelter Abflußverstopfer oder Schlüsselsteckenlasser nachts um halb zwei die Nummer von der doppelseitigen Anzeige im Branchenbuch anruft und dann für eine Türöffnung oder Fäkaliendurchstoßung 1.000 Euro hinlegen soll, dann wird das breitgetreten und soll, so die Medien, ein typisches Licht auf gleich die ganze Branche werfen.

Genau das versucht man, vor allem in den sensationsgeilen Enthüllungsmagazinen der Privatsender, auch immer wieder den Bestattern zu unterstellen. Nicht, daß da einer oder einige die Leute bescheißen, sondern man tut so, als sei das typisch für die Branche. Ist doch komisch: Da bringen wir Bestatter jedes Jahr über 800.000 Menschen unter die Erde und nicht mal 100 Fälle sollen typisch sein für das ganze Tun.

Schwarze Schafe gehören angeprangert und die Tricks gehören offengelegt, ob nun bei den Männern die immer die teure Motorspirale nehmen oder denen die immer das ganze Schloß demolieren oder bei den Bestattern.
Eins ist schließlich all diesen Leuten gemein: Sie sind klassische Notdienste, bei deren Beauftragung die Kunden sich in Aufregung befinden und oft keine klaren Gedanken fassen können. Da ist die Versuchung, mal eben die schnelle „Mark“ zu machen, sicher für manchen recht groß.
Ich behaupte aber, daß die, die da besonders oft über die Stränge schlagen, das schon von vornherein so in ihr Geschäftsmodell mit eingeplant haben.
Vielleicht ist eine besonders große Anzeige im Branchenbuch oder in der Zeitung ein Indikator dafür, wer weiß?

Aber in keinem Fall kann man alle über einen Kamm scheren.

Gehört aber die Abzocke nicht schon von vornherein zum Geschäftsmodell, dann muß man eben die Ochsentour gehen, dann muß man sich über Jahre seinen guten Ruf mit guter Arbeit und zufriedenen Kunden verdienen und hart erarbeiten. Und genau diesen guten Ruf wird man nicht in einem lohnenden Einzelfall riskieren.

So, und genau den ganzen Scheiß habe ich der eingangs erwähnten Tochter um die Ohren gehauen und zwar genau in dem Moment als sie sagte: „Ich bin extra mitgekommen, damit sie meine Mutter hier nicht über den Tisch ziehen.“

Danach war sie recht still.
Besser ist das.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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(©si)