Ist der Friedhof wirklich tot? Immer wieder lese ich Berichte über alternative Bestattungsformen und dass diese in Mode kommen. Friedhofsverwaltungen verkaufen immer weniger Gräber. Auf manchen Friedhöfen werden ganze Gräberfelder stillgelegt.
Wir haben hier schon oft darüber gesprochen, dass starre Friedhofsordnungen und exorbitant hohe Preise immer mehr Menschen dazu bringen, für ihre verstorbenen Angehörigen eine andere Bestattungslösung zu wählen, als das normale Grab auf einem Friedhof.
Zum Grab auf dem Friedhof gab es bis vor einigen Jahrzehnten keine Alternative. Allein die Seebestattung war bekannt, galt aber in weiten Teilen der Bevölkerung als Besonderheit für Seeleute. Außerdem wurde großen Wert darauf gelegt, vor Ort ein Grab mit Grabstein zu haben, an dem man des Verstorbenen gedenken konnte.
Mit anonymen Beisetzungsflächen boten die Friedhöfe eine erste Variante an, bei der kein pflegeintensives Grab mehr entstand. Lange blieben diese Bestattungen auf dem anonymen Gräberfeld aber weitestgehend unbeachtet. Ja, es galt sogar als etwas unschicklich, jemanden dort bestatten zu lassen.
Das wandelte sich etwa ab Ende der 1980-er-Jahre, als die anonyme Bestattung langsam mehr und mehr Nachfrage erfuhr. Etwa zu dieser Zeit wurden auch die Seebestattungen als vergleichsweise preiswerte Alternative ebenfalls populärer. Nahezu jeder Bestatter hatte ein Schild im Fenster, dass er auch Seebestattungen anbot.
Es würde einer gründlichen soziologisch-kulturellen Untersuchung bedürfen, wollte man die Ursachen genauer erörtern, die zum damals in Gang gesetzten Niedergang der Bestattungskultur geführt haben. Festzuhalten ist aber, dass im Endeffekt immer weniger Menschen Freude und Interesse daran haben, auf einem Friedhof im Gedenken an ihre Verstorbenen Gräber zu pflegen.
Einen großen Vorschub zur Abkehr vom Friedhofsgrab läuteten die Friedwälder ein. In einem Land, in dem mit dem Wald an sich romantisierende Vorstellungen verbunden sind, hat die Beisetzung einer Urne im Wald unter mächtigen Bäumen einen besonderen Stellenwert.
Als ich vor Jahrzehnten mit den Entwicklern der Friedwald-Idee zusammensaß, habe ich es schon vermutet, dass diese Idee Anklang finden würde. Ich habe mich allerdings hinsichtlich des Ausmaßes ganz schön verschätzt.
Wie ich schon mehrfach hier im Bestatterweblog.de ausgeführt habe, hat die Vereinigung Deutschlands einen großen Wandel in der Bestattungskultur eingeläutet. Aus den sogenannten neuen Bundesländern kam die Bevorzugung der Feuerbestattung und kirchenferner Beisetzungen wie eine Welle über ganz Deutschland.
Mit einem Mal war die Feuerbestattung die häufigste Bestattungsform und löste die Erdbestattung als am meisten gewählte Bestattungsvariante ab. Was zunächst nur eine Statistikverschiebung war, wurde so lange in den Medien thematisiert, bis auch der letzte Deutsche im Kopf hatte, dass man verschwenderisch und unnötig viel Geld ausgibt, wenn man nicht eine günstige Feuerbestattung wählt.
Selbstverständlich hat es auch eine Veränderung im Freizeitverhalten der Menschen gegeben und eine regelmäßige Verpflichtung zur Pflege eines Grabes passte immer weniger in die Lebensplanung vieler Menschen. Die aktuell junge Generation hat nach meinen Beobachtungen überhaupt kein Verständnis mehr dafür, auf einem Friedhof ein Grab zu pflegen. Das passt nicht zu den bis hin zur Egozentrik ausgefeilten Plänen der „Work-Life-Balance“, die teilweise in einem unglaublichen Anspruchsdenken gipfelt.
Mir hat es nicht geschadet, dass ich mit meinen Eltern mindestens alle 10 bis 14 Tage zu einem Friedhof gegangen bin, um dort die Gräber der Großeltern zu pflegen. Es hat mir auch nicht geschadet, schon als kleines Kind bei Beerdigungen und Trauerfeiern mit dabei gewesen zu sein.
Das sehen aber heutige Eltern oft ganz anders. Mir ist es sogar schon passiert, dass ich um Stillschweigen gebeten wurde, als ich auf die Frage, was für Bücher ich schreibe, das Thema Bestattung erwähnte. Erst wurden die Kinder unter fadenscheinigen Ausflüchten aus dem Zimmer geschickt, bevor ich erzählen durfte. Die Eltern befürchteten einen psychischen Schaden, wenn die 8- und 12-Jährigen etwas vom Thema Tod und Bestattung mitbekommen hätten.
Da frage ich mich, wer da den psychischen Schaden hat.
Was machen solche Leute denn, wenn der Opa mal stirbt? Ja, was, wenn die Mutter verunglückt? Oder ein Geschwister? Das kann doch alles passieren. Das ist bitter und traurig, aber doch Bestandteil unseres vergänglichen Lebens. Was tun die dann? Stellen die sich auf einen Stuhl und ziehen sich eine glitzerbunte Einhornmaske auf und singen ein Lied aus der Eiskönigin?
Die Friedhöfe bieten mittlerweile eine ganze Menge an Alternativen zum herkömmlichen Grab. Eine ganz interessante Variante sind günstige Rasengräber und gärtnerisch gestaltete Urnenfelder, deren Pflege über die ganze Laufzeit einbegriffen ist.
Das bedeutet, dass man nicht zwangsläufig einen Bestattungswald wählen muss, wenn man hohe Grabkosten und eine langjährige Grabpflege vermeiden möchte.
Auf der anderen Seite frage ich mich, ob es wirklich richtig ist, Kinder vom Thema Tod und Trauer abzuschirmen. Bei einem Vortrag vor einer Schulklasse musste ich feststellen, dass die 12- bis 13-Jährigen überwiegend keine Ahnung davon hatten, was nach dem Tod eines Menschen passiert.
Ich musste dreimal erläutern, dass Menschen vergehen und nicht so bleiben, wie sie sind. Der Kenntnisstand der Kinder war, dass Menschen aus dem Krankenhaus nicht wiederkommen und dann auf einem Friedhof sind.
Meine Meinung: Nehmt doch die Kinder mal mit auf den Friedhof! Erklärt den Kindern, dass Menschen nicht ewig leben und eines Tages sterben müssen.
Was meinst Du dazu?
- Kinder-Friedhof: Peter Wilhelm ki
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Ich bin schon als Grundschulkind gern über den Friedhof nach Hause gelaufen. Mir haben da schon als Kind die Ruhe und ja, auch die unterschiedlichen Grabsteine gut gefallen. Meine Kinder (der Kleine ist 12) wissen auch schon, wo und wie ich bestattet werden möchte. Bei uns kein Tabu.
Krankheit und Tod sind etwas genauso Natürliches wie die gefeierte Geburt. Ich halte es für wichtig – auch um Rücksichtnahme und Lebensrealität zu lernen – Kinder davon nicht auszuschließen. Man kann sicher nicht pauschal unterstellen, daß die derzeitige „Kinder“-Generation der 50 – 70-jährigen unwillig wäre, die Gräber der Eltern zu pflegen. Was aber, wenn zwischen Bestattungsort und Wohnort der Nachkommen mehrere hundert Kilometer liegen? Wir sind eine fürsorgliche Vier-Generationen-Familie, aber mit dem Tod der Eltern werden die Beziehungen zu deren Stadt enden. Auch die Bestattung in einem irgendwo gelegenen Friedwald, die ähnlich streng reglementiert ist und deren Kosten kaum gerechtfertigt sind, halten wir für keine gute Alternative. Viel schöner wäre für uns ein Ort in der Natur – ohne diesen für Außenstehende zu kennzeichnen – an dem die Eltern – mit und ohne uns -über Jahrzehnte immer wieder schöne Stunden verlebten. Dort stelle ich mir ein jährliches sommerliches Picknick der Nachkommen mit vielen Fotos und Anekdoten vor. Als langjährige aufmerksame Leserin Ihres Blogs mit gewissen Informationen versorgt – versuche ich den Wunsch unserer rücksichtsvollen Eltern… Weiterlesen »
Meine Familie hatte schon immer Gräber, Zeiten ohne gab es nie.
Früher waren meine Eltern die „Gärtner“, heute sind wir es.
Und auch schon in der Generation meiner Eltern fühlten sich nicht alle aus der Familie für den Friedhof verantwortlich.
Und einäschern mit kleinem Urnengrab wäre natürlich auf dem Land auch nicht infrage gekommen.
Da wir Erdgräber haben bin ich oft auf dem Friedhof, oft mit Kind.
In einem Friedwald war ich noch nie, alleine im Wald „rumlaufen“ und ein Grab besuchen gebe ich mir nicht.
Friedwald ist trotz allem eine gute Alternative. Manchmal wohnen ja Leute beruflich fernab der Heimat und wissen auch noch nicht wo es sie nach dem Berufsleben hinverschlägt. Wenn dann einer einfach so plötzlich stirbt hat man das Problem dass man sich überlegen muß wo man nun bestattet.
Anonym geht für mich gar nicht, pflegeleicht ja, aber mit Namen.
Es ginge natürlich auch im Friedewald nicht alleine sondern mit Kind ein Grab zu besuchen. Familiengefüge sind ja auch sehr unterschiedlich geworden, manche sind sehr überaltert nur wenige junge Nachkommen. Die Nächsten haben gar keine jungen Nachkommen (wie ich und das freiwillig) und religiöse Anschauungen haben sich auch geändert.
Daher will ich unbedingt annonym verstreut werden weil Niemand und das ist einfach nur eine Tatsache welche ich ohne Selbstmitleid feststelle, Interesse an meiner namentlich erkenntlichen Grabstelle hätte.
Das Thema ist eben nicht so einfach und selbst meine alte Mutter empfand Grabpflege als Pflicht für die „anderen Leute“, weil Ihre eigene Trauer u Verarbeitung nicht von der Grabstelle und deren Pflege anhängig war.
Die Gesellschaft ist wie sie ist, nicht mehr zu ändern und daraus ergeben sich eben auch mehr Urnengräber, Friedwälder und annonyme Bestattungen.
Ja, ich könnte schon mit Kind ein Grab im Friedwald besuchen – ABER ich habe Schiss alleine im Wald.
Hört sich blöd an, ist aber so.
Es hat schon immer Menschen gegeben, die keine Angehörigen hatten oder die auf keinen Fall jemandem zur Last fallen wollten. Deshalb gibt es ja schon sehr lange die anonymen Bestattungen. Man muss nicht unbedingt einen Beisetzungswald wählen, wenn man zu diesem Personenkreis gehört. Zumal eine anonyme Bestattung auf einem Friedhof mitunter deutlich günstiger sein kann, als ein Baumgrab im Wald. Es ist aber nach meinen Beobachtungen nicht so, dass generell eine große Ablehnung den Friedhöfen gegenüber entstanden ist. Ich höre es immer wieder in Gesprächen, dass einfach kein Gespür mehr für Friedhofskultur vorhanden ist, weil man das einfach nicht mehr kennt. Ein junger Mann hier aus der Nachbarschaft pflegt die Gräber seiner Eltern. Anfangs, so erzählte er mir, tat er das notgedrungen und nur, um seinen Eltern den letzten Wunsch zu erfüllen. Mittlerweile empfindet er das als beglückenden Teil seines Lebens und findet auf dem Friedhof Ruhe, Halt und empfindet die „Nähe“ zu seinen Eltern als befriedigend. Wenn man es aber als völlig unnötig empfindet, seinen Kindern wenigstens mal einen Eindruck von so etwas zu… Weiterlesen »
Zu der Sache Kinder an das Thema Tod u Bestattung heranzuführen, kann ich nichts sagen ich habe ja keine. Ich wurde an das Thema herangeführt alleine schon durch Haustiere in meiner Kindheit und ich hing als Jugendliche auch gerne „gruftig“ auf dem Friedhof herum (nix Knochen ausbuddeln oder so, einfach rumhängen). Aber das Thema hat eben viele Facetten, gerade auch die Emotionen welche ja sehr unterschiedlich sind und Trauernde welche eine Grabstätte „brauchen“ werden diese auch in Betracht ziehen. Die fast auf dem Kopf stehende Alterspyramide hat aber eben auch ihre deutliche Auswirkung auf die Thematik. Wenn weniger jüngere Menschen (mit dem Bedürfnis nach Grabstätte oder nicht) immer mehr alten bis hochbetagten Menschen gegenüber stehen. Gibt es automatisch auch mehr Urnengräber, Friedwaldbestattungen u annonyme Grabstellen. In meiner überalterten Familie, wurde schon recht viel gestorben und es gab wenige Erdbestattungen. Aus diversen Gründen. In meiner direkten Familie leben „nur noch“ meine Mutter und ich, mein Vater und mein älterer Bruder, sind schon beide lange verstorben, mein Vater hatte ein Reihengrab, mein Bruder verstarb 450km entfernt und… Weiterlesen »