Im Zusammenhang mit dem vorherigen Artikel kann ich noch erzählen:
Es ist ja heute durchaus üblich, daß man anstelle von Blumen eine Geldspende für einen wohltätigen Zweck oder auch für die Grabpflege erbittet. Ich finde das durchaus sinnvoll, denn die Trauerfloristik ist wahnsinnig teuer und kurz nach der Beerdigung landet alles auf dem Kompost. Besser ist es, wenn dann noch etwas Geld zur Verfügung steht und z.B. für die Erstanlage des Grabes verwendet werden kann.
Bei anonymen Beisetzungen steht gar kein Grab zur Verfügung auf das man Blumen legen könnte und bei Feuerbestattungen hat man bei der Trauerfeier oft auch noch kein Grab. Hier wäre es Unsinn, viel Geld für Blumen auszugeben, die in einem solchen Fall ans Kriegerdenkmal oder an eine andere Gedenkstätte gebracht werden.
Die meisten Trauergäste, die da was geben wollen, legen ein paar Scheine in ihre Kondolenzumschläge. Unsere Mitarbeiter sammeln bei der Trauerfeier diese Umschläge ein und entfernen solche auch von Blumengebinden. Oft genug ist so ein Umschlag schon mit den Blumen später auf dem Müll gelandet weil eine Schleife ihn verdeckte usw.
Alle offenen Umschläge, das sagen wir vorher den Familien, werden auf Geldzuwendungen hin kontrolliert und der Betrag auf der Rückseite des Umschlages notiert.
Wir überreichen diese Umschläge dann gemeinsam mit der Kondolenzmappe.
Vor Jahren haben wir auch einmal so eine Mappe dem Schwager der Witwe ausgehändigt. Das war noch bevor wir damit anfingen, die Beträge zu notieren. Das Geld, es sollen fast 700 Mark gewesen sein, ist nie bei der Witwe angekommen. Irgendjemand hatte die Witwe gefragt, ob sein Hunderter denn genug gewesen wäre und die Witwe musste fragen: „Was denn für ein Hunderter?“
Man kann sich vorstellen, wie schnell die Leute bei uns waren und die berechtigte Frage stellten, ob eventuell jemand vom Friedhofspersonal oder von unseren Leuten da was weggenommen hätte. Wenn das einer von meinen Leuten machen würde, dem würde ich die Finger, die Nase und die Ohren abschneiden, oder so….
Glücklicherweise kam damals schnell heraus, wer das Geld genommen hatte. Es war wie gesagt der Schwager.
Aber seitdem geht’s immer mit den eingesammelten Umschlägen in den Aufenthaltsraum der Friedhofsmitarbeiter und da werden quasi vor Publikum die Beträge ermittelt, auf den Umschlägen notiert und die Umschläge zugeklebt. Da kann dann die Mappe auf dem Weg zum Auftraggeber durch so viele Hände gehen, wie sie will, da kommt nichts mehr weg, wir notieren im Schleifen- und Kondolenzprotokoll nämlich auch die Anzahl der überreichten Karten und Umschläge.
Ich muss ehrlich sagen, daß ich froh bin, daß bei uns noch nie was (von den Verstorbenen und den Angehörigen) weggekommen ist. Man kann keinem Mitarbeiter hinter die Stirn gucken…
Ein Kollege aus dem Berliner Raum, den ich mal in Essen auf der Bestattermesse getroffen habe, erzählte mir von einem seiner Mitarbeiter. Der hatte von den Angehörigen die Kleidung in Empfang genommen, die der Verstorbene angezogen bekommen sollte. Dabei war auch ein Paar teure Sport- oder Turnschuhe. Die hat der Mitarbeiter „abgezweigt“, denn der Sarg sollte sowieso geschlossen bleiben. Merkt ja keiner… Denkste! Dann äußerte die Familie doch noch den Wunsch, den Toten zu sehen und der Mitarbeiter ist auf den Friedhof gefahren und hat dem Toten schnell die Schuhe angezogen. Vier Tage hatte der Verstorbene die Schuhe an den Füßen, dann hat der Bestattungshelfer sich die Dinger wieder geholt und angezogen. Dann wurde der Sarg verschlossen. Dumm, daß doch noch ein Verwandter einen Blick auf den Verstorbenen werfen wollte und auch -ungewöhnlicherweise- unter die Decke geschaut hat. „Sach mal, hat der Willi keine Schuhe an?“
Wie schon mal erwähnt, ist es nicht unbedingt üblich Toten noch Schuhe anzuziehen, aber es kommt vor, wie man sieht.
Geklaut wird ja überall und alles. Davon ist auch unser Gewerbe nicht frei. Ich persönlich hätte viel zu viel Skrupel und es widerstrebt meinem Rechtsempfinden, jemandem etwas wegzunehmen. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich in einer Telefonzelle mal die berühmte Tüte mit 50.000 Euro finden würde… Aber einen Toten bestehlen oder die Familienangehörigen betuppen? Nee.
Bild: Uta Herbert bei pixe lio.de
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: diebstahl, geldspenden
Thema 50k Eurotüte. Sollte sowas gefunden werden und keine Adresse bei kann man das ja im Fundbüro abgeben und sich auf den Finderlohn freuen 🙂 Oder vielleicht doch lieber bei der Polizei 😉 Die Gefahr des Behaltens besteht dann sicher darin das irgendeine Mafia das Geld dann bei dem Finder sucht 😀
Wenn man sich das Fundbüro und das Warten sparen möchte, kann man die Tüte auch gern bei mir abgeben 🙂
OT: Habe in einer Telefonzelle eine Tüte mit EUR 50.000,- verloren. Hat die vielleicht zufällig jemand hier gefunden?
(Bitte auf keinen Fall bei Kai abgeben!) 😀
Einen Toten bestehlen, ist die eine (miese) Sache.
Einem Toten die Klamotten ausziehen und selber tragen – dazu noch die eines fremden Toten – ist in friedlichen und hungersnotfreien Zeiten die andere – die mir momentan fast mehr Gänsehaut bereitet..!
Was mir aber leider auch zeigt, dass Dein Blog – entgegen meiner eigenen Vermutung – doch noch nicht so ein „Umkehr-Denken“ bei mir ausgelöst hat, wie ich gedacht hatte. Ein bisserl Grusel bleibt halt… 😉
Ich denke, es ist gerade andersherum: Einem Toten die Schuhe wegzunehmen, die er garantiert nicht mehr braucht, löst weniger Gewissensbisse aus als einem Lebenden etwas wegzunehmen.
@Ingix:
Das löst vielleicht weniger Gewissensbisse aus, trotzdem wollte ich die Schuhe nicht mehr anziehen, nachdem die schon ein toter angehabt hat. Von Fußpilz und anderen Nettigkeiten mal ganz abgesehen
Beerdigungen sind auch auf andere Weise für Langfinger interessant:
http://www.suedkurier.de/region/singen/singen/art4461,2932332
Du hast ja auch schon geschrieben, dass die Gefahr erwischt zu werden viel zu groß ist. Einem deiner Kollegen aus Wilhelmshaven hat das nicht abgehalten:
Luxussärge verkauft – in Holzkisten verbrannt
Das sind die Dinge, die den Ruf versauen.
Gibt es in den Krematorien keine Überwachungs-Kameras?
ich finde diese Spenderei ein recht grosses Problem. das liegt aber daran dass wir viele Friedhofsblumenläden als Kunden haben, und denen bricht ein bisher ganz gutes Geschäft komplett weg. dazu kommen noch Urnen und anonyme Bestattungen wo auch keine bzw nur sehr wenige Blumen gebraucht werden. in Köln z.b. gab es letztes jahr über 30 % solche Bestattungen, und das fehlende Geschäft schmerzt doch schon ganz schön.
was mich interessieren würde: wieviel wird im Verhältnis zum Blumenschmuck gespendet? wenn jemand 50 € für ein Gesteck oder 100 € für einen Kranz ausgeben würde, wird da auch volle der Betrag gespendet ?
ich glaub es eigentlich nicht.
@Dazzle
Die Tüte kann der Finder zunächst behalten, mußt den Fund aber unbedingt ANZEIGEN – sonst ist es Diebstahl. Niemand ist verpflichtet, Fundsachen ABZUGEBEN.
Der Eigentümer muß Finderlohn zahlen. Ist er nicht zu ermitteln, steht Dir nach der Aufbewahrungsfrist der komplette Fund zu. Nix mit Staat verdient mit!
grad heute abend hat jemand vor meinem blumenladen ein paar kugeln auf edelstahlstäben geklaut, die als deko in einem großen topf standen. die kugeln sind nicht so wild, pfennigartikel, aber die stangen waren vergleichsweise teuer. tolles deutschland.