Die Verstorbene liegt in einem amerikanischen Klappsarg aus Metall. Bestatterweblog-Leser wissen, daß man so einen Sarg nicht normal beerdigen lassen kann. Bis jetzt hatte ich ja auch noch nichts darüber geschrieben, wie die Bestattung im Einzelnen vor sich gehen wird. Das liegt aber daran, daß wir als Bestattungshaus in diesem speziellen Fall außen vor sind. Um diesen Punkt kümmern sich die Roma selbst.
Hier bei uns ist die Bestattung eines Metallsarges gar nicht möglich, die Friedhofsverwaltung ist noch nicht einmal bereit auch nur darüber nachzudenken. Auch im Umland sieht es nicht viel anders aus. Was die Roma benötigen ist eine Gruft, also ein Grab mit gemauerten oder betonierten Wänden, in das der Metallsarg eingestellt werden kann.
In K., das liegt so 120 Kilometer von hier, soll das Grab sein, dafür haben sich die Roma entschieden, weil dort in einer speziellen Abteilung des Friedhofs schon einige ihrer Leute beerdigt liegen. Aber offiziell gibt es auch in K. keine Gruften für Metallsärge.
Am Mittwoch bin ich auf dem Friedhof, die Trauerfeier und die Beerdigung stehen unmittelbar bevor. Auf einmal sind alle Wichtig-Onkel da und belagern das Büro des Leiters der Friedhofsverwaltung. Dieser läßt sich bitten, läßt viele „Mein Herr“ über sich ergehen und dann endlich läßt er sich erweichen, die Tür schließt sich bis auf einen Spalt und während ich draußen die letzten Unterschriften leiste, sehe ich, wie die Geldrollen gezückt werden. „Ich glaube Du spinnst!“ ruft einer der Onkel und ein anderer lässt ein „Halsabschneider“ hören. „5.000, das sind ja 500 mehr als beim letzten Mal!“
Zur Ehrenrettung des Verwaltungmenschen muß ich aber gleich hier dazusagen, daß er den Empfang des Betrages ordnungsgemäß quittiert und verbucht. Er kann gar nicht so kurzfristig mal eben so eine Sondergenehmigung erteilen, es sind ja nur noch rund 40 Minuten bis zur Beerdigung und das Grab ist gewiss schon seit gestern fertig, mit Ausmauerung und allem Drum und Dran.
Doch er muß sich zieren, muß die Roma bitten lassen und den Anschein erwecken, daß ging alles nur so unter der Hand. Diese Hürde und diese Schwierigkeiten muß er einbauen, damit diese Bestattungen eine Besonderheit bleiben.
Nun, wie ist die Verstorbene zum Friedhof gekommen; auch das will ich gerne erzählen.
Aufgeregt hatten sich die ersten Roma schon am frühen Morgen des Mittwoch bei uns eingefunden und noch einmal wurde der Sargdeckel geöffnet. Der Witwer schaute nach, ob der ganze Schmuck noch an Ort und Stelle ist, zeigte sich zufrieden und kurbelte den Deckel wieder zu.
Ganz wie von Josef, meinem eigentlichen Auftraggeber, bestellt, fanden sich gegen 8 Uhr die Musiker ein. So hatte Josef es gewünscht und so war es auch bezahlt worden. Die Musiker sollten in dem Moment, da der Sarg von unseren Männern vorne aus dem Haus getragen wird, den Trauermarsch intonieren und so lange spielen, bis der Sarg verladen und das Bestattungsauto abgefahren ist.
Das Dörrenbaum-Quartett buche ich schon viele Jahre für Beerdigungen bei denen Musik gewünscht wird und auch der frühe Tod des Begründers dieser Gruppe, Franz-August Dörrenbaum, im Jahre 1986 hatte nicht dazu geführt, daß man sich in Dörrenbaum-Terzett umbenannt hatte.
Man hält das Andenken des verstorbenen Quartett-Vaters hoch, wiewohl man selbst inzwischen recht betagt ist und, angesichts der schlechten Altersversorgung freischaffender Musiker, auf jeden Beerdigungsauftritt dringen angewiesen ist.
Daß es nur drei Musiker sind, die da auf Trompete (wahlweise auch Posaune oder Klarinette), Geige und Cello musizieren werden, war Josef und den Onkeln bewußt, ich hatte mehrfach darauf hingewiesen und deshalb traf es mich, trotz meiner Erfahrungen mit Roma und Sinti, etwas unvorbereitet, als auf einmal ein neuer Onkel vor mir stand, sich umständlich die gegürtete Hose über den feisten Wanst zog und mit hin- und herwiegendem Kopf reklamierte: „Mein Herr, wie können Sie für mein (!) vieles Geld nur drei Musiker bestellen? Na, hören Sie mal, das geht doch nicht!“ Und sogleich kommen zwei Frauen hinzu, die sich gar nicht erst mit „Mein Herr“ aufhalten, mir ihre knochigen Finger in den Unterarm rammen und zu zetern beginnen. Das sei eine ganz schlechte Zahl. Drei Musiker sei ein Zeichen für Armut, eine Schande für die ganze Familie und das MÜSSE sofort etwas passieren.
Ich nicke, schüttele die beiden Frauen ab, bevor sie mir den Arm abreissen und spreche mit dem Kapellmeister der Dörrenbaums. Ja klar, er kenne noch den einen oder anderen Musiker und er könne ja mal versuchen, wen zu erreichen, aber ob das von der Zeit her klappe….
Die Menge wird ungeduldig und ich bin ratlos. Wo soll ich auf die Schnelle einen Musiker hernehmen. Da kommt mir Sandy zur Hilfe, indem sie den aktuell gültigen Onkel und die beiden Armabreißerinnen fragt: „Ginge auch eine Frau?“
„Madame!“ ruft der Onkel verzückt: „Soll das heißen, daß Sie spielen können?“
Sandy nickt. Sie spielt nämlich, und das sogar sehr gut, Querflöte und hat eine solche, mehr um mich ab und zu mit ihrem Flötenspiel zu ärgern, in ihrer Schublade liegen. Wenig später ergänzt also nun unsere Sandy das verkrüppelte Quartett zu zahlenmässiger Vollkommenheit…
…doch es soll ganz anders kommen.
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du hast aber auch nerven wie drahtseile, wie hält man solche leute tagelang aus. ich studiere mit ein paar von den roma zusammen, nichts gegen deren kulturansichten, dass kann ja jeder machen wie er möchte, aber die zicken auch wegen jeder kleinigkeit rum und jedes sozialwissenschaftliche thema muß jetzt auch noch genau aus roma- sicht ausdiskutiert werden und das finde ich schon etwas anstrengend. wenn man dann noch tagelang so ein theater im eigenen haus hat, naja kann ich mir nur vorstellen, dass du eine flasche schnaps in einem leeren aktenordner versteckt hast
Bei den Musiksendungen im TV wird auch Playback gespielt. Da müssen die Musiker und Sänger durch, auch wenn sie nicht wollen.