Geschichten

Gespenster im Keller

orgel

Ich bin ziemlich groß und ich glaube, daß ich auch ziemlich stark bin. Normalerweise brauche ich deshalb schon aus körperlichen Gründen nicht unbedingt ein ängstlicher Mensch zu sein. Es ist mir auch fremd, in dunklen Räumen oder in Häusern, in denen ich ganz allein bin, Angst zu bekommen. So macht es mir auch nichts aus, abends immer noch einmal durch unser Gebäude zu gehen und alles zu kontrollieren. Es ist mir zur Gewohnheit geworden, alle Fenster und Türen zu kontrollieren, zu schauen, ob überall die Lichter aus sind und ob keine unnötigen Geräte laufen.
Auch in das Sarglager im Untergeschoss und in die Kühlräume werfe ich immer einen Blick.

Heute abend gehe ich gegen 22.30 Uhr die enge Treppe vom Technikgang zum Keller hinunter und merke sofort, dass ich unten ins Dunkle laufen werde, denn das Licht im Keller ist nicht angegangen. Die Stufen der Treppe kenne ich in- und auswendig, die kann ich sogar auf den Ohrläppchen hinunterhüpfen, wenn ich zwei Flaschen Wodka getrunken habe. (besser: könnte / haben sollte)

Unten taste ich aber nochmals nach dem Lichtschalter, aber nichts tut sich, es bleibt dunkel. Ich habe die Wahl, nochmal hochzugehen und eine Taschenlampe zu holen, oder mich bis ganz hinten zur Tiefgarage durchzuschlagen, um eine Lampe aus einem der Wagen zu holen. Ich entscheide mich für die Tiefgarage und taste mich durch das Dunkel vorwärts. Hier unten kenne ich mich auch aus, aber da steht so allerhand herum, was jeden Tag umgeräumt und anders aufgebaut wird. Ich muss vorsichtig sein, um nicht irgendwas umzustoßen.

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Mit der Hand taste ich und spüre zur Rechten die kalte Metalltüre der Leichenkammer, jetzt müssen es noch etwa 12 Meter sein bis zu den Wagen. Da höre ich das Geräusch zum ersten Mal, ein Rascheln, fast mehr ein Zischen, so als ob Stoff aneinander reibt.
In diesem Moment ist es mir schon eiskalt den Rücken heruntergelaufen. Ich glaube ja nicht, dass unsere Verstorbenen nachts auf Wanderschaft gehen oder dass deren Geister durch unsere Hallen wandeln, aber was raschelt da?

Ich halte mich mehr an der rechten Wand, sicher ist sicher, ich will wenigstens den Rücken frei haben. Wieder raschelt es und ich höre außerdem auch noch ein leises kratzendes Geräusch. Ratten können das keine sein, die wollen sich immer mal wieder niederlassen, aber da ist unser Herr Huber hinterher, wie der Teufel hinter der armen Seele, von denen überlebt keine, das steht fest.

Es ist bestimmt kein schlechter Gedanke, sich etwas zu beeilen, denke ich und gebe zu, daß mir doch etwas mulmig geworden ist. Man kann wirklich seine eigene Hand nicht vor Augen sehen und selbst der vertraute Geruch nach Holz und Desinfektionsmitteln kommt mir heute fremd und unangenehm vor. Das Rascheln kommt näher und ich bin immer noch mindestens 5-6 Meter vom ersten Wagen entfernt. Das muss der Volvo sein, da klemmt die Lampe hinterm Beifahrersitz. Wieder raschelt es.
Ein paar große Schritte und ich habe den Wagen erreicht, doch ich kann die Lampe nicht finden.
In diesem Moment spüre ich einen eiskalten Luftzug im Nacken und bekomme unverzüglich eine Gänsehaut. Was huscht, kratzt und schabt da hinter mir im Dunkeln?

Langsam taste ich mich an der Motorhaube des Volvos vorbei, das nächste Auto ist der Transporter, da muss die Lampe unter dem Beifahrersitz klemmen. Wehe wenn nicht! Es ist eng zwischen den Wagen und allmählich kommen mir die verrücktesten Gedanken. Zwischen den Autos bin ich schutzlos, kann mich nicht richtig bewegen und nicht wehren. Wieder huscht und raschelt es, ganz in meiner Nähe.

Unter dem Beifahrersitz finde ich im Schein der Innenbeleuchtung des Wagens eine leere Colaflasche, eine leere Schachtel Latexhandschuhe und dann endlich die Taschenlampe.
Rasch schalte ich sie ein, Gott sei Dank, sie geht! Der Strahl ist kräftig, grell und weiß, Maglite eben!
Ich beeile mich, zwischen den Wagen herauszukommen und richte den Strahl in die nun vor mir liegende Halle, ich höre es wieder das Rascheln und Kratzen, doch ich kann mit dem Strahl der Lampe nicht die Ursache des Geräusches fixieren. Es macht mich allmählich ziemlich nervös, dass ich das Geräusch mittlerweile von überall höre, von rechts, kurz darauf von links, dann direkt vor mir, dann wieder hinter mir. Es ist aber nichts zu sehen!

An der gegenüberliegenden Wand ist der Hauptschalter für die Hallenbeleuchtung, kein Wunder dass der Lichtschalter an der Treppe nicht ging, der Hauptschalter ist umgelegt. Ich halte den Lichtkegel der Taschenlampe direkt auf den Hauptschalter gerichtet und gehe schnell dahin. Als ich den Hebel endlich umlege, flammt endlich die gesamte Neonbeleuchtung in der Halle auf, ich bin fast ein bißchen geblendet.

Wieder höre ich ein Geräusch, ein leises Zischen und Rascheln, diesmal direkt über mir und ich spüre wieder einen Luftzug. Obwohl das Hallenlicht brennt, richte ich in einer Reflexbewegung die Taschenlampe nach oben und jetzt endlich kann ich sehen, was mich da beinahe in Angst und Schrecken versetzt hat. Eine Fledermaus, da hat sich bloß eine Fledermaus in unseren Keller verirrt!

Instinktiv ziehe ich an einer der Schnüre, mit denen man vom Auto aus das goße Rolltor aufmachen kann und langsam und geräuschvoll hebt sich dieser schwere Vorhang aus Eisen und Kunststoffplatten. Und tatsächlich, aberwitzige Haken schlagend verschwindet die Fledermaus im Dunkel der Nacht.

Notiere: Auf das Regal oben an der Treppe eine Taschenlampe hinlegen!

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#gespenster #keller

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(©si)