Geschichten

Günther -XVI-

Mit den detektivischen Fähigkeiten von Günther und Leo war es nicht weit her. Günther alleine hätte es wahrscheinlich recht zu einem Ergebnis gebracht, aber Leo kam immer wieder auf die abstrusesten Ermittlungstheorien und brachte Günther wieder vom richtigen Weg ab.
So ging das Tag um Tag und die beiden machten fast nichts anderes, als hinter den beiden ausländischen Brüdern hinterher zu schnüffeln.

Inzwischen hatten die beiden Mädchen zwei Wochen Ferien und erstaunlicherweise hatte sich Frau Birnbaumer-Nüsselschweif bereit erklärt, während dieser Zeit sich ausgiebiger um die Kinder zu kümmern. Günther war so im Detektivfieber, daß er nichts Böses ahnte und jeden Morgen, nachdem Thomas aus dem Haus war, mit Leo auf die Pirsch ging.

Frau Birnbaumer-Nüsselschweif zeigte sich Günther gegenüber verständnisvoll und rang sich sogar hin und wieder ein gequält wirkendes Lächeln ab.
Abends berichteten die Mädchen dann mit roten Wangen, daß die Familienhelferin mit ihnen im Zoo oder im Wald gewesen war.
„So muß das sein, dafür sind solche Familienhelferinnen ja auch da“, dachte Günther und widmete sich in der freien Zeit abends hauptsächlich dem behinderten Thomas, der besonders viel Aufmerksamkeit benötigte und niemals eine Beziehung zu Frau Birnbaumer-Nüsselschweif aufgebaut hätte, zumindest nicht in kurzer Zeit.

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In seinen Ermittlungen war er nur wenig weiter gekommen. Rufan und Sokoll hießen die beiden Brüder, Rufan war der Schmächtige und Sokoll der Große. Genau um diesen Sokoll ging es Leo und Günther bei ihrer Detektivarbeit.
Während Rufan sich nach getaner Arbeit noch drei, vier Bierchen in der kleinen Gastwirtschaft auf dem Campingplatz gönnte und dann in den Wohnwagen verschwand, hatte sich Sokoll von einem anderen Campingplatzbewohner einen Motorroller geliehen und fuhr jeden Abend damit weg, um erst weit nach Mitternacht zurück zu kommen.
Mit diesem Roller fuhren die beiden Brüder auch morgens zur Arbeit und zwischendurch, das hatten die beiden Hobbydetektive herausgefunden, stahl sich Sokoll ab und zu für eine halbe Stunde, manchmal auch für eine ganz Stunde von der Arbeit davon und kam immer sehr frohgelaunt wieder.

Bei all dem Ganzen entging Günther etwas Entscheidendes. Er kannte Frau Birnbaumer-Nüsselschweif nicht, wußte nicht, daß sie eine Totgeburt hinter sich hatte und die Trauer um das eigene Kind nie verwunden hatte.
Überdies war die Frau von grenzenlosem Geltungsdrang beseelt und ließ keine Gelegenheit aus, um sich selbst in Rampenlicht zu stellen.

So kam es für ihn völlig überraschend, als er eines Tages gerade rechtzeitig nach Hause kam, um den behinderten Thomas in Empfang zu nehmen und dann festzustellen, daß die beiden Mädchen gar nicht zu Hause waren.
Zunächst maß er dem noch keine besondere Bedeutung bei, wahrscheinlich war die Familienhelferin noch mit seinen Töchtern unterwegs.
Aber als es dann so auf 19 Uhr zu ging, begann er sich Sorgen zu machen.

Warum, um alles in der Welt, hatte er eigentlich weder Adresse noch Telefonnummer von der Dicken?

Auch um 20 Uhr waren die Mädchen noch nicht wieder da und Günther war ratlos.
Wie konnte er die Frau erreichen? Wo waren seine Töchter?


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Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 23. Dezember 2012

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3 Kommentare
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11 Jahre zuvor

Megamies, die Müffelneid!

Bernd
11 Jahre zuvor

oh man, und ich muss jetzt weg.

franziska
11 Jahre zuvor

Sie hat bestimmt gerade ein Date mit dem offenbar recht bedürftigen Sokoll…




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