Geschichten

Halbseiden

Hinweis: Wem das Erotische und Halbseidene nicht so liegt, der mag bitte nicht weiterlesen.

Es fing alles ganz harmlos an.
Der Fuhlst, jener Hüne, der bei uns für die handwerklichen Arbeiten rund ums Haus zuständig ist, war es leid geworden, jeden Tag das herbstliche Geblätter von den taunassen Pflastersteinen im Hof zu fegen.
Den Einsatz eines Laubbläsers lehnten er und ich einhellig ab, weil diese Gelärme einfach nur eine Unverschämtheit ist.
Aber ich konnte schon an den Tagen zuvor beobachten, daß dem Fuhlst die Laubbeseitigung mehr und mehr auf die Nerven ging, weil kaum die Blätter beseitigt waren, gleich neue herabrieselten.
Gestern dann hatte sich der Fuhlst dann also eine unserer Leitern geschnappt und war kurzerhand über die niedrige Mauer und den darauf befindlichen Wehrmachtszaun auf das Grundstück von Nachbar Nasweis-Lästig geklettert, hatte den für den Laubfall als Hauptübeltätter in Frage kommenden Baum beim Stamme gepackt und den etwa hundertjährigen floralen Auswuchs mit bloßen Händen so lange geschüttelt, bis nur noch eine Handvoll hartnäckiger Herbstverweigerer unter den Blättern an ihren Ästen hingen.

„So, das war’s!“ hatte der Riese vergnügt gebrummt, das Herabgeschüttelte in Jutesäcke gestopft und sich zufrieden die Hände gerieben.

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Diese Arbeit hatte Fuhlst, wie es als Übergermane so seine Art ist, in kurzen Hosen und mit hochgekrempelten Ärmeln und weit freigeknöpfter Brust erledigt.
Ja, nun wissen aber diverse Krankheitserreger nichts von der altgermanisch-fuhlst’schen Unangreifbarkeit, und es mangelt den Viren auch gelinde gesagt an Angriffsfläche, auf daß der Fuhlst ihnen, wie er es sonst jedwedem Ungemachen androht, „ein paar auf die Mütze kloppen“ kann.
So kam es, wie es kommen mußte, der Fuhlst fing sich über Nacht einen Infekt ein; und zwar einen solchen, der einem das Hirn in Watte packt und einen ständig schwitzen läßt.

„Bleiben’se zu Hause!“ hatte ich dem Fuhlst diktiert, doch er konterte nur: „Ich komm auch auf Maloche, wenn ich noch den Kopp unterm Arm trage.“

Also gut.

Ich erledigte mein Tagwerk, Sandy tat ein Gleiches, Antonia, Frau Büser und die anderen ebenso. Der Feierabend kam und alle gingen brav nach Hause.
Alle?
Nein, der Fuhlst der blieb, er wollte die Abwesenheit der anderen Beschäftigten nutzen, um im Keller die Spinte neu zu streichen.

Und noch einen hatte es bis nach Feierabend in der Firma gehalten, nämlich unsere langbeinige Amerikanerin Sandy. Die allerdings hatte niemandem etwas davon gesagt, denn sie hatte etwas vor, von dem keiner etwas wissen sollte.
Sandy hat ja, und das mag bis heute gelten, hin und wieder eine Vorliebe für den ganzen Gothic-Kram. Und so hatte sie sich vorgenommen, ihre derzeitige Herzallerliebste, eine zarte blonde Rechtsanwaltsgehilfin, mit einem ganz besonderen Foto zu erfreuen.

Dazu hatte sich Sandy schwarze Lederunterwäsche und ein hauchdünnes schwarzes halbseidenes Cape besorgt, um sich dann in das Mitgebrachte zu gewanden und halbnackt in einem schwarzen Sarg selbst zu fotografieren.
Obwohl nicht prüde, wollte die junge Frau hierbei natürlich keine Zuschauer haben und hatte deshalb abgewartet, bis auch wirklich alle gegangen waren, so glaubte sie zumindest.

Auch Fuhlst war diesem Irrglauben erlegen und weil ihm erkältungsbedingt durch das ungenierte Vermehrungstreiben der Viren in seinen Blutbahnen bei der Arbeit heiß geworden war, hatte er sich zunächst seines Hemdes und wenig später seiner kurzen Hose entledigt.
Als ihm, wie er später sagte ‚der Schweiß auch noch in die Ar***ritze zu rinnen‘ begann, war es dann auch um seine Unterhose geschehen, die er flugs ausgezogen und auf den Haufen zu seinen anderen Kleidungsstücken geworfen hatte.

So ließ es sich gut arbeiten, so wie Gott der Herr, der in der fuhlst’schen Welt ganz bestimmt Odin hieß, ihn in einer Stunde des muskulösen Überschwangs geschaffen hatte.

Unterdessen hatte Sandy mit der Kürze ihrer Arme zu kämpfen. Nein, man muß schon sagen, daß sie an und für sich ausreichend lange, ja vielleicht sogar längere Arme als andere hat. Allerdings ließ sich trotz dieser Länge mit dem Handy am ausgestreckten Arm keine wirkungsvolle und erotisch genug wirkende Perspektive bewerkstelligen. Also begab es sich, daß Sandy sich im Büro eine Rolle Klebeband holte, damit das Handy an einem geeigneten Regal befestigte und dann erneut mit dem sinnlichen Räkeln begann. Alle paar Sekunden löste die Kamera in voreingestelltem Rhythmus brav aus.

Just in diesem Moment hatte unten im Keller der Fuhlst, die oben im Ausstellungsraum herumstapfende Amerikanerin gehört und mutmaßte, er könne durch plötzliches Erscheinen und „auf die Mütze kloppen“ den vermeintlichen Einbrecher nicht nur dingfest, sondern für alle Zeiten unschädlich machen.

Tja… und so kam es, daß diese denkwürdige Fotoreihe entstanden ist, die einen nackten Walhalla-Sohn und eine ebenfalls nicht ganz bekleidete Amerikanerin in aberwitzigen Posen des gegenseitigen Schreckens zeigte.
Vor lauter peinlichem Berührtsein, hatte Fuhlst noch einen Ständer mit einer Keramikurne umgestoßen und die fluchtartig den Raum verlassende Sandy hatte ihr ans Regal geklebtes Telefon vergessen, das vor sich hin blitzte, bis der Akku leer war.

Ein einziges Foto aus dieser Serie ist unverfänglich genug, daß man es zeigen kann:

sandy-halloween

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    #Antonia #Büser #Sandy

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