Allgemein

Hartes Brot

Rechtschreibung geprüft

Kollege Dippel betreibt sein Bestattungsinstitut in der zweiten Generation. In seiner Stadt ist er als umsichtiger und fairer Bestatter bekannt und dennoch kränkelt sein Betrieb seit zwei, drei Jahren vor sich hin.
Anders als wir betreibt er sein Institut in gemieteten Räumen und der Vermieter hat in den letzten Jahren brutal hoch gepokert. Zu D-Mark-Zeiten zahlte Kollege Dippel noch 750 DM für seine Räumlichkeiten und heute muß er 2.000 Euro hinlegen. Was viele ja nicht wissen: Im gewerblichen Bereich ist man vor Änderungskündigungen mit saftigen Mieterhöhungen kaum gefeit.

Die gestiegenen Energiekosten bekommt Dippel ebenfalls deutlich zu spüren, seine sämtlichen Räume sind mit Gasheizungen ausgestattet.

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Zu allem Unglück hat die „Pietät Eichenlaub“ vor einiger Zeit auch noch vorne auf der Hauptstraße eine ehemalige kleine Reinigungsfiliale in ein Mini-Bestattungshaus umgebaut und präsentiert sich dort als „Traditionsbestatter Reinberger“, daß es sich um die „Eichenlaub“ handelt, erkennen nur Eingeweihte am kleinen Logo hinter dem altbekannten Firmennamen. Die Firma Reinberger ist schon vor zwanzig Jahren an einen Großbestatter verkauft worden und im Zuge der Konzernbildung dann irgendwann bei Eichenlaubs gelandet.

Von Tradition kann da keine Rede sein, weder das Personal noch die Art und Weise der Abwicklung unterscheiden sich in irgendeiner Weise vom üblichen, industrialisierten Betrieb der Pietät Eichenlaub. Standardisiertes Angebot, Sammeleinäscherungen im Ostblock, Vorsorgen mit eingebauter Lebensversicherung usw., eben das ganze übliche Eichenlaub-Programm.

Kollege Dippel kann die vermeintlich niedrigen Preise, mit denen die Pietät Eichenlaub da wirbt, nicht halten. Zwar ist kein Einziger bekannt, der dort jemals eine „Feuerbestattung ab 790 Euro“ bekommen hätte, aber man kann ja damit werben und dann den Kunden klar machen, daß dieses supergünstige Angebot in diesem speziellen Fall leider nicht greift.
Etwa ein Viertel seiner Aufträge verlor Dippel allein im letzten halben Jahr.

„Wenn das so weitergeht, kann ich Ende des Jahres zusperren“, klagt er und regt sich besonders darüber auf, daß „Traditionsbestatter Reinberger“ ein Schild ins Fenster gestellt hat:

"Wechseln auch Sie mit Ihrer Bestattungsvorsorge zu einem Traditionsbestatter!"

„Das ist eine Frechheit“, schimpft Dippel, „ich bin hier der Dorfbestatter in unserem Stadtteil gewesen und wenn die da von Wechsel sprechen, dann können sie ja nur einen Wechsel von mir zu denen meinen. Schon sechs Kunden haben ihre Verträge gekündigt.“

Vor zwei Monaten hat die Pietät Eichenlaub einen der teuersten und schönsten Mercedes-Bestattungswagen angeschafft und es vergeht kein Tag, an dem der Wagen nicht „Parade fährt“.
Parade fahren, das bedeutet, daß ein Bestatter sein Bestattungsfahrzeug zur besten Einkaufszeit ohne zwingenden Grund und natürlich ohne ‚Ladung‘ die Hauptstraße rauf- und runterfahren läßt, einfach nur, um präsent zu sein, um den Leuten zu zeigen, daß man da ist, also rein aus Reklamezwecken.

Wenn Dippel eine Bestattung durchführt, parkt auch immer der „Traditionsbestatter Reinberger“ vor dem Friedhof und allmählich bekommen die Leute den Eindruck, der Reinberger habe so viel zu tun und sei tagtäglich quasi rund um die Uhr auf Achse.

Mein Rat an Kollege Dippel: Auch er soll sich mehr zeigen, etwas mehr in Werbung investieren und sich rühren. Jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und der Pietät Eichenlaub kampflos das Feld zu überlassen, das wäre der falsche Weg!


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(©si)