Mitarbeiter/Firma

Herr Horb -4-

„Ach was, Chef, nee, wirklich nicht“, sagte Herr Horb und erklärte, er kaufe den Alkohol doch nur, weil er es so am Magen habe. Da nehme er hin und wieder einen winzig, kleinen Schluck Magenbitter und zwar dreimal am Tag, jeweils nach den Hauptmahlzeiten, das sei in seiner Familie einerseits so Tradition und er habe einen sehr nervösen Zwölffingerdarm. „Machen Sie sich keine Gedanken, ich trink doch nicht, da kann der Manni mich ruhig jeden Morgen blasen lassen, na hören Sie mal, ich bin doch kein Säufer. Nee, nee, außerdem gebe ich die Fläschchen abends immer unserem Hauswart, der pitscht sich gern‘ mal einen weg.“

„So, wie Sie dem Friedhofsverwalter vom Südfriedhof immer was bringen?“

„Ach, das hab‘ ich doch bloß gesagt, damit da kein Gerede aufkommt. Ist doch nur wegen meinem Magen. Nur drei winzige Schlückchen, ehrlich!“ beharrte Herr Horb, stand auf, klopfte sich auf seine Brust und sagte: „Sie können mir jetzt auf der Stelle mein Herz rausreißen und nachmessen, da ist kein Alkohol drinne‘.“

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„Erstens soll ich sowieso nicht so viel Innereien essen und zweitens ist das hier ein heller Boden, da geht das Blut so schlecht raus, Herr Horb, ich habe also nicht vor, Ihnen irgendetwas rauszureißen. Aber ich erkläre Ihnen noch mal, um was es mir geht.“
Und dann holte ich weit aus, nicht zu weit, aber weit genug, um ihm zu erklären, weshalb es so wichtig ist, daß meine Männer nicht nach Schnaps riechen, nicht besoffen am Steuer sitzen, welche gesundheitlichen Auswirkungen übermäßiger Alkoholgenuß haben kann und daß ich immer ein offenes Ohr für alle habe, die ein Problem haben.

Er lachte nur, entblößte dabei seine Zähne und deutete auf eine Zahnlücke oben rechts und meinte: „Ja, wenn ich mir mal die Zähne machen lasse, dann könnten Sie mir etwas unter die Arme greifen, so auf Raten, ich pack diese Zuzahlung aus eigener Kraft nicht. Die haben doch den Arsch auf, die da oben. Einerseits wollen die, daß wir bis fast 80 arbeiten und andererseits sollen wir so hohe Zuzahlungen leisten, damit wir fit bleiben. Ist doch wahr, die machen sich ’nen lauen Lenz und unsereins soll sich kaputt buckeln. Die sollen erst mal 30 Jahre Särge schleppen und sich den Rücken kaputt machen. So vom Abgeordnetenstuhl aus, kann man ja locker alle Leistungen streichen und unsereins bleibt auf der Strecke.“

Geschickt, geschickt! Er hatte das Thema ruk zuck gewechselt und seine letzten Sätze mit großer Vehemenz und gespielter Aufregung vorgetragen. Ich lächelte und nickte einfach mal zustimmend, nahm mir aber vor, den Mann im Auge zu behalten, denn ehrlich gesagt, ich glaubte ihm kein Wort.
Nein, ich war davon überzeugt, daß der Mann trank und das leugnete. Und wenn Leute trinken und das leugnen, dann trinken sie meist richtig, das heißt sie sind dann oft schon abhängig. So waren wenigstens meine Erfahrungen.

Ich klopfte ihm auf die Schulter und ermahnte ihn nochmals: „Wenn Sie fahren, dürfen Sie nicht trinken, auch keine wönzögen Schlöckchen, das wissen Sie ganz genau, Herr Horb. Und erwischen wir Sie mit Alkohol am Steuer, dann muß ich Sie vor die Tür setzen. Sollten Sie aber irgendein Problem mit dem Alkohol haben, dann sagen Sie das und wir werden sehen, was man tun kann. Aber seien Sie sicher: Wenn das zu einem Problem bei der Arbeit wird, haben Sie mit Konsequenzen zu rechnen. Sie können jederzeit hier in der Werkstatt arbeiten, ohne zu fahren, bis die Sache ausgestanden ist. Aber fahren und Außenkontakte mit Schnaps im Blut, das geht nicht.“

Er lachte, winkte ab und meinte: „Nee, dann laß ich das mit dem Magen und lutsch‘ wieder die Emser-Salztabletten, die gehen auch, aber brauchen immer so lange bis sie wirken. Ich trinke nicht, ehrlich nicht. Können’se glauben. Ich doch nich‘.“

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