Rausschmeißen!“ schrie das Teufelchen auf meiner linken Schulter, „Gib ihm eine Chance!“ schmeichelte sich das Engelchen auf meiner rechten Schulter in meinen Gehörgang und ich kann eben nicht aus meiner Haut, ich falle immer wieder auf dieses Engelchen herein. Manchmal komme ich mir sogar ganz beschissen vor, weil ich immer und immer wieder nur das Gute sehen will und ab und zu habe ich sogar das Gefühl, daß Leute, die rigoroser und härter sind, etwas einfacher durchs Leben gehen. Ein paar auf die Fresse und gut ist’s. Ich meiere und eiere und versuch es hier und versuche es da und will immer, daß es allen Leuten irgendwie gut geht.
Meine Frau ist da auch so. Die würde noch mein letztes Hemd aus dem Schrank holen und es irgendeinem schenken, der es nötiger braucht…
Frau Büser und die anderes Boje auf dem Meer der Neugierde, die da drüben im Hauptbüro herumdümpeln, die verfluchen es, daß ihr Chef immer dann, wenn er „am Ausflippen ist“ ganz leise wird. „Boah, wenn der mit so sanfter, leiser Stimme spricht und einen so bohrend anguckt, dann geht mir immer der Arsch auf Grundeis“, hat Sandy mal gesagt.
Und so erging es jetzt auch Herrn Horb.
Ich faltete ihn nach allen Regeln der Kunst zusammen, am Ende blieb nur ein Häufchen Elend übrig, vom vorgeschützten Trotz war nichts mehr zu sehen. Sein Hals schien ganz trocken geworden zu sein, denn er konnte nur noch mit am Gaumen fast festklebender Zunge sprechen, als er mir hoch und heilig versprechen mußte, sein Problem in Angriff zu nehmen. Ich hatte gar keinen Zweifel daran gelassen, daß ich ihn für einen Alkoholiker hielt und war auf seine Ausflüchte überhaupt nicht mehr eingegangen. Auf diesen Geschichten noch herumzureiten, hätte sie nur abermals thematisiert und ihm die Möglichkeit gegeben, sie weiter auszuschmücken, Parallelgeschichten für anderes Fehlverhalten zu erfinden und sie überhaupt ins Zentrum meiner Überlegungen zu stellen.
Nix da!
Ab zu Dr. Briggelmann, ab sofort nur noch Innendienst in der Werkstatt oder allenfalls als Beifahrer mal raus und bei den Anonymen Alkoholikern anmelden. Aber flott!
Er nickte das alles ab. Als er gemerkt hatte, daß er nicht „fliegen“ würde, war auf einmal alles recht und ich hätte auch von ihm verlangen können, nackt auf meinem Tisch zu tanzen, er hätte es gemacht.
Wie aufs Stichwort kam Sandy herein und meldete die Ankunft eines wichtigen Gesprächspartners.
Ich schickte Herrn Horb an die Arbeit.
Wieder einmal muß ich schreiben: Es vergingen Tage, Wochen, Monate und Manni hatte unentwegt ein wachsames Auge auf Herrn Horb. Nichts!
Horb brachte mir eine Bescheinigung von Dr. Briggelmann, er sei dort gewesen; und bei den Anonymen laufe es ganz gut, er habe sich zu seiner Sucht bekannt und sei jetzt schon so und so lange absolut trocken.
Hurra! Prima! Ich hatte es geschafft!..
Ha ha ha.
Nein, Herr Horb hatte es nicht geschafft, überhaupt nichts hatte er geschafft und überhaupt nichts hatte er kapiert.
Das merkten wir aber erst etwa vier Monate später.
Da war ich schon fast so weit, ihn wieder fahren zu lassen.
Eine Familie Webberkling hatte gegen Abend angerufen und den Tod ihrer hochbetagten Oma gemeldet. Ja ja, der Arzt sei schon da gewesen.
Man weiß ja, daß der Bestatter erst kommen und die Verstorbene holen kann, wenn der Arzt den Totenschein ausgestellt hat.
Man warte nun in der Wohnung der Oma, bis wir kommen.
Gut, Manni und Herr Horb als Beifahrer fuhren dort hin und es kam, wie es so oft kommt, der Arzt war doch noch nicht da gewesen.
„Ja, wieso denn? Der Doktor war heute Nachmittag doch da!“ schimpfte die Tochter der Verstorbenen, die sehr in Eile war.
„Ja schon, aber da hat Ihre Mutter doch noch gelebt“, sagte Manni kopfschüttelnd und die Frau schmollte: „Aber so gut wie tot war sie schon. Der Doktor hat gesagt, sie würde die Nacht nicht überleben.“
„Der Arzt muß aber kommen wenn der Mensch dann richtig tot ist. Der muß bescheinigen, daß dieser Mensch gestorben ist. Eine Aussage wie ‚Heute Nachmittag war sie schon fast tot‘, die zählt nicht.“
„So’n Mist aber auch. Dann ruf‘ ich den jetzt nochmal an.“
So, und dann war der werte Herr Doktor ungehalten, er wollte eigentlich erst am nächsten Morgen kommen, dann sei ja sozusagen die Oma auch noch tot.
Manni hielt ihm vor, daß die Leichenschau unverzüglich zu erfolgen habe, was der Arzt auch wußte und woraufhin er zähneknirschend seinen Besuch ankündigte, aber das könne anderthalb Stunden dauern.
„Nee, nee, nee, so lange kann ich hier jetzt nicht neben meiner Mutter warten, das ist ja eklig, das ist ja unzumutbar, das macht mich psychisch kaputt. Ich muß dringend weg, dann warten Sie eben hier, bis der Doktor kommt und dann nehmen Sie sie mit, wo muß ich unterschreiben?“ waren die Worte der Frau Webberkling und zehn Sekunden später war sie verschwunden und Manni stand mit dem Haustürschlüssel in der Hand da.
„Guck mal!“ rief Herr Horb: „Tannenbaumsyndrom!“
Mit diesem Begriff bezeichnen manche Bestatter den Zustand einiger Verstorbener, die im Bett liegend, mit der Bettdecke über dem Körper, so wirken als handele es sich bei ihnen um ein ganz mageres altes Mütterlein oder Väterchen und wenn man dann die Bettdecke zur Seite schlägt, offenbart sich ein fetter, breiter und schwerer Körper. Wie ein Tannenbaum eben, oben ganz schmal und unten ganz breit.
„Ach du Sch….“, sagte Manni, „Ich hab‘ Rücken, die kriegen wir zwei hier nicht runter. Normalerweise schon, kein Problem, aber nicht mit meiner Bandscheibe. Weiß Du was? Ich fahr eben in die Firma, hol den Chef und komm wieder her, dann sind wir zu dritt und Du bleibst hier und wartest auf den Arzt. Aber laß den Kerl nicht mit den Papieren abhauen! Du weißt ja, die lassen oft nur einen Teil der Papiere hier oder unterschreiben sie nicht, damit wir dann am nächsten Tag denen hinterherlaufen können und erst gegen Bezahlung der Leichenschaugebühr rücken die die restlichen Papiere raus.“
„Wem erzählst Du das? Ich bin Profi, ich weiß worauf es ankommt“, grinste Horb und deutete auf einen Aschenbecher im Gang: „Meinste, ich könnte mal eine rauchen während ich warte?“
Manni überlegte kurz und nickte. „Der alten Frau wirds nichts ausmachen, mach aber hinterher den Aschenbecher sauber!“
Eine knappe halbe Stunde brauchte Manni um zum Bestattungshaus zu kommen und er hatte mich von unterwegs angerufen und bei „Dr. House“ gestört. Ich war schon fast fertig, als er kam und dann fuhren wir wieder zurück zur Wohnung der alten Frau. Etwa anderthalb Stunden waren vergangen, seitdem Manni dort weggefahren war.
Unten vor dem Haus trafen wir auf eine Szenerie, wie aus einem Krimi.
Polizeiblaulicht beflackerte die Häsuserwände, etwa acht Personen standen vor der Haustüre, darunter zwei Uniformierte, der Arzt und ein so genannter Hauswart, der -wie sich später herausstellte- bei der alten Dame ab und zu mal was repariert hatte und ansonsten nur ein ganz normaler Nachbar war, der sich aber wohl in Erinnerung an alte Zeiten selbst zum Blockwart ernannt hatte, vielleicht auch zum Abschnittsbevollmächtigten, denn so alt war er noch nicht.
Der Doktor habe da geklingelt und keiner habe ihm aufgemacht, daraufhin sei dann neugierig der Abschnittshausblockwärter erschienen und habe vorgeschlagen, die Tür einzutreten, es könne ja was passiert sein.
Und dann habe die Frau des Blogwächters in übereiltem Meldeeifer die Polizei gerufen und am Telefon nur von einer toten Frau in einem abgeschlossenen Haus gesprochen.
„Immer mit der Ruhe“, rief Manni über das Stimmengewirr der nachbarschaftlich Besorgten und Neugierigen hinweg, deren Zahl sich beim Eintreffen des Bestattungswagens rasch verdoppelt hatte.
Er zog den Schlüssel aus der Tasche und schon hatte den einer der Polizisten einkassiert, denn die Ordnungsmacht wollte sich nun selbst vom ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes…
Nein Quatsch, die Beamten wollten natürlich jetzt erst einmal ihres Amtes walten und Ordnung in die Sache bringen.
Obwohl sie das nicht wollten, folgten der Arzt und wir ihnen ins Haus, wobei Manni die Tür gleich wieder zudrückte, weil die übrige Horde der Gaffer einfach mitmarschiert wäre.
In der Wohnung, tja in der Wohnung…
…bot sich ein Bild, das mich und mein Unternehmen hätte in den Ruin treiben können, wenn die Polizisten es damals so in ihren Bericht geschrieben hätten.
Dort stand später: „wurde die Tür mithilfe eines beigebrachten Schlüssels geöffnet. In der in Rede stehenden Verdachtswohnung ergab sich aber, das die dort anwesende Wohnungsinhaberin eines natürlichen Todes gestorben war, weshalb die nicht anwesenden Angehörigen Arzt und Bestatter verständigt hatten. Die Frau wurde in die städtische Leichenhalle überführt.“
Puh, das war eine grandiose Umschreibung oder besser gesagt Beschönigung des wahren Sachverhaltes.
Tabakrauch lag in der Luft, so als hätten da zehn alte Männer Poker gespielt und hundertvierzig Zigaretten geraucht.
Im Schlafzimmer lag die alte Frau immer noch in ihrem Bett, hatte aber hinter jedem Ohr eine gelbe Plastikblume stecken und in den Händen hielt sie eine Dose Erbsen (extrafein).
Herrn Horb fanden wir rauchend, entseelt lächelnd und weit in alkoholische Fernen entrückt, im Wohnzimmer vor der offenen Barklappe des Wohnzimmerschranks.
„Nur die Reste! Die kommen ja sowieso weg, wär doch schad!“ krakeelte er und klopfte sich feste auf die Brust, verstreute dabei Asche auf den Teppich und mit ungelenken Bewegungen wies er in Richtung Schlafzimmer: „Und ich hab’s ihr etwas schön gemacht. Schön soll der Mensch in den Himmel kommen, schöööhööön! Ich hab ihr auch eine Dose Katzenfutter mitgegeben. Stand in der Küche. Wo ist die Katz? Ja, wo isse denn die Katz? Mietz, Mietz, Mietz….“
Der Arzt war bei der alten Dame, die Polizisten standen fassungslos in der Wohnzimmertür und schauten erst auf Herrn Horb, dann auf uns.
Ich kann überhaupt nicht sagen, wie peinlich mir das alles war! Was war ich froh, daß weder die Angehörigen, noch der vorfacebookliche Rentner-Flashmob da unten etwas davon mitbekommen hatte.
„Der fährt ja wohl nicht Euren Leichenwagen, oder?“ fragte einer der Polizisten und Manni zeigte sofort auf sich: Das mache ich, der ist nur Beifahrer.“
„War, der war mal Beifahrer, jetzt ist er nur noch ein Ex-Mitarbeiter“, sagte ich zu den Beamten und versuchte mit vielen Worten die Situation zu erklären.
Der eine Polizist winkte ab. „Wißt ihr, wie viele meiner Kollegen saufen? Nee? Kommt, wir räumen hier auf, Du Harry schickst die Gaffer unten in ihre Betten und dann heißt es: Ab geht die Luzie! Kriegt ihr den auch noch vorne in Euren Wagen?“
Ich nickte, irgendwie würde das gehen. Eng würde es werden, aber es würde gehen. Am liebsten hätte ich Horb hinten zur alten Frau gelegt.
„Alles erledigt!“ rief der Arzt hinter uns und drückte mir die Papiere in die Hand. „Ich habe ihr die Erbsendose unters Kinn gelegt, damit der Mund geschlossen bleibt, wegen der Totenstarre aber das wissen Sie ja“, sagte er noch, dann ging er.
So kam es, daß wir das erste Mal in der Geschichte unseres Unternehmens eine Verstorbene mit einer Dose Erbsen (extrafein) unter dem Kinn auf die Trage legten und in den Wagen brachten, noch in der Nacht ein Wohnzimmer saugten und aufräumten und dann zu dritt, mit einem Besoffenen in der Mitte, ins Bestattungshaus fuhren.
Herr Horb hatte seinen Kopf an meine Schulter gelegt, grinste, schmatzte und pennte.
In unserem Unternehmen war es das letzte Mal, daß er gegrinst hatte.
Am nächsten Morgen brachte Manni ihm die fristlose Kündigung.
Dieses Mal hatte sich das Teufelchen auf meiner linken Schulter durchgesetzt.
Würde doch das Engelchen rechts jetzt endlich die Klappe halten, es meldet sich heute noch, viele Jahre später: „Du hättest dies, Du hättest das… Warum hast Du nicht…? Man muß helfen, helfen, helfen…“
Nein, man muß nicht immer helfen. Ich mußte auch an mein Unternehmen und meine Existenz denken. Manchmal bleibt da leider einer auf der Strecke, aber ich finde, Herr Horb hatte sich selbst zur Strecke gebracht.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Sorry, aber da wäre ich gerne dabei gewesen 😀
Dito.
Aber Kopfkino hat den Vorteil, dass man den Gestank nicht mitbekommt… 😉
Wie recht du hast.
Sehnsüchtig hab ich auf Teil 8 gewartet. Ich kann echt nur den Kopf schütteln. Zunächst über die würdevolle Gelassenheit, die Du offensichtlich versucht hast zu „versprühen“ und dann über Deine Hilfsbereitschaft, die man meiner Meinung nach heutzutage kaum noch antrifft! Unfassbar, unglaublich…spannend, mitreißend, feinfühlig und extrafein! 🙂 Ich freue mich SEHR auf die nächsten Geschichten, Erzählungen und Antworten. 🙂
Dir ein schönes Wochenende!
Die einzig vernünftige Reaktion, bravo. Hätte bloß schon ein halbes Jahr früher sein können
Beruflicher Suizid den Herr Horb da veranstaltet hat. Leider auch die helfende Hand mit Nachtritt in den Allerwertesten ausgeschagen. Schade, aber nicht zu helfen.
Das war die einzige Konsequenz, das säuselnde Engelchen sollte dies auch einsehen.
Ich krieg mich nicht mehr ein… 😀 OMG! Auch wenn es ein ernstes Thema ist… diese Vorstellung ist zu viel… *lacht hemmungslos*
Ich werde zukünftig auch ein Problem mit Erbsen (extrafein) haben. Klasse Geschichte, zwar mit traurigem (?) Ende, aber bei meinen Erfahrungen mit Trinkern nicht ganz unerwartet. Kenne da einen trinkenden Maler der sich trotz vieler ausgestreckter Hände immer wieder in den Dreck reitet. Allerdings lernen es die „Hände-Ausstreckenden“ auch bei ihm nicht dass es sinnlos ist und sie von ihm immer wieder belogen werden. Ja, Teufelchen und Engelchen.
Er hatte seine Chance… von daher ist das ja schon mit großer Anerkennung zu würdigen, wenn Tom ihm überhaupt eine zweite Chance gegeben hatte.
Wenn es dann leider immer noch nicht klappt, dann muss man (leider) auch zu solchen Entscheidungen greifen.
Schließlich war Tom ja nicht der Therapeut sondern der Boss..
Schade für Herr Horb, aber kann man leider auch nichts machen.
Oh je oh je, lustig schon, aber eben auch traurig. Du MUSSTEST ihm kündigen, auch unter dem Aspekt des Helfens. Er braucht seinen persönlichen Tiefpunkt, wo immer der auch ist. Jemanden zu AA schicken, das wird niemals funktionieren, wenn der Mensch seinen Tiefpunkt noch nicht hatte…
Hier schreibt ein gebranntes Kind. Vater nach vier Therapien an den Folgen einer traumatischen subduralen Blutung nach zwei Jahren Koma gestorben. Er war nie länger als zwei Jahre trocken 🙁
Starkes Finale, Tom, absolut genial. So traurig diese Geschichte eines Alkoholikers, der es nicht geschafft hat, seine Inkompatibilität mit dem Alk dauerhaft zu akzeptieren, auch ist – ich musste herzlichüber die Dose Erbsen (extrafein), die beiden dunkle Gehörgänge schmückenden gelben Blümchen, den ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes und den Blocktorwart lachen. Die Geschichte über das Scheitern des Herrn Horb ist absolut rund – genauso verhält es sich mit der Sucht nach Alk, mit eventuellen Co-Alkoholikern, dem Wunsch zu helfen und es doch nicht zu können, wenn der Beteiligte selbst es nicht will…
Und vor allem ist diese Story auch eine Warnung, die zeigt, wie dünn das Eis einer (auch jahre-, jahrzehntelangen) Trockenheit sein kann. Alkoholismus ist unbarmherzig, der Kampf mit den Verlockungen dieses Suchtstoffes hört niemals auf.
Danke dafür, Tom – und Hut ab vor deiner empathischen Erzählkunst!
Bakenfalter
*unterschreib*
Ganz und gar !!!!!!!!!!!!!!!!!
*mit unterschreib*
Ich versteh dich. Das Engelchengefühl kenne ich auch. Vor allem, wenn du später dann noch vielleicht hörst, dass Herr Horb nie wieder auf die Füße gekommen ist und dir die Schuld daran gibt.
Du hast sein Leben nicht ruiniert. Das hat er ganz allein geschafft. Und du musst kein schlechteres Gewissen deswegen haben als er selbst.
Gerade bei Trinkern ist es schwierig, wann man sie unterstützten soll und wann es das beste ist, sie kräftig auf den Hintern fallen zu lassen. Um sich zu berappeln, muss der Betreffende das zunächst einmal wirklich selbst wollen, und das wollen viele leider erst wenn sie ganz unten sind. Das tut weh zu sehen, aber das ist kein Grund, sich mit in die Tiefe reißen zu lassen.
Also schweig, Engelchen. Oder flieg mal ne Runde zu Herrn Horb und unterstützt da den Kollegen. Denn hier gibt es nichts mehr zu tun.
Mein Onkel war auch jahrelang trocken und hat dann das Trinken wieder angefangen.
Dieses „Helfen-wollen“ kenne ich nur zu gut von mir selbst. Nochmal eine Chance geben, versuchen, tun, machen. Es hilft nur in den seltensten Fällen. Seit etwa zwei Jahren halte ich es jetzt so, dass ich mich von dem trenne, was mir nicht gut tut. Fällt zwar sehr oft schwer, ist aber für mich besser.
Nur mal sehr provokant gefragt…würde mich mal interessieren wie viele Rückfälle dem „heiligen Gral der totalen Abstinenz“ geschuldet sind?
Vgl. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/alkoholentzug-kontrolliertes-trinken-ist-besser-als-abstinenz-a-844209.html
Okay….wenn einer schon drauf hängt, dass er regelmäßig seine Dröhnung braucht und dabei auch regelmäßig einen Kontrollverlust erleidet….ist wahrscheinlich ein kontrolliertes Trinken nur schwer möglich….
Btw. wenn ich Stress habe steigt auch mein Weinkonsum und sporadisch geht da auch zu einer Pizza fast eine Flasche Rotwein weg…..schätze aus der Sucht-Sicht würde dieses Verhalten auch kritisch gesehen werden…..
Nur und das ist meine, zugegeben sehr provokante, persönliche Meinung: So gut wie mit jeder Droge egal ob legal oder gar illegal kann ein sozialverträglicher Gebrauch einher gehen…der Grat mag da verdammt schmal sein, nur ist dieser Gebrauch eben möglich.
bombjack
Ich denke, und das auch aus konkreter Erfahrung, dass man das differenziert sehen muss. Kontrolliertes Trinken ist immer ein sehr, sehr dünnes Eis. Absolute Abstinenz KÖNNTE tatsächlich in einzelnen Fällen die Ursache für einen Rückfall sein, ist aber letztlich die sicherere Alternative. Kontrolliertes Trinken setzt eine SEHR intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Trinkverhalten, ein sehr differenziertes Wissen über die Sucht und ihre Entstehung und auch um die Ursachen in der persönlichen Geschichte voraus. Und kontrolliertes Trinken kann m.E. nur nach einer Phase absoluter Abstinenz möglich sein. Es ist und bleibt eine Gratwanderung, der sich der Betroffene _zu jeder Zeit_ vollständig bewusst sein muss und erfordert maximale Disziplin. Diese Voraussetzungen sind nicht wirklich oft gegeben. Sicher kann man das Dogma der absoluten Alkoholkarenz so streng nicht aufrecht erhalten, da die ja in der Praxis gar nicht möglich ist, da viele Konsumprodukte, von denen es die meisten Abhängigen gar nicht wissen (und meist auch gar nicht erklärt bekommen) durchaus relevant Mengen an Alkohol enthalten, die z.B. auch deutlich über denen des oft gescholtenen „alkoholfreien“ Bieres liegen. Über… Weiterlesen »
Ich weiß genau, was du meinst, insbesondere dieses redselige depperte Engelchen, das einem immer mal wieder den Tag versaut. Du hast eindeutig mehr getan als du hättest tun müssen. Ich fand dein Verhalten toll und wunderbar. Wenn ich jetzt rufen würde, das alle die mit mir einer Meinung sind die Arme heben sollten, würde sicherlich die Tipperei im Internet spontan aufhören, weil eine ganze Menge Menschen mir zustimmen würden.
Mal abgesehen davon: Toll geschrieben!
Ach ja, was das Engelchen angeht: Lad Ihn auf einen Drink ein …
Schöne Geschichte. Und… tja, so ist das eben mit vielen Alkis, die einfach nicht einsehen wollen, das sie ein ganz massives Problem haben. Das Schlimmste ist aber eigentlich, das viele es gerne runterspielen. Mein Schwiegervater war auch ein Alki, mit Marktstand. Wehe, ich habe gewagt, zu sagen, er wäre Alkoholiker. Nein, die paar Kurze… das ist doch gar nicht schlimm. Mein Ex meinte grinsend: „Na, besoffen fährt der besser als nüchtern!“ – klar, mit tonnenschwerem Anhänger durch die Innenstadt. Aber bloss nix sagen… und dann kam irgendwann mal ein Anruf von der Polizei. Wir möchten ihn doch bitte abholen. Er wäre der Zivilstreife beinahe über die Füsse gefahren und meinte auch noch, er könnte da so eine Abkürzung über Fusswege fahren… und dann saß das Häufchen Elend da dümmlich grinsend, ließ sich einladen, die Existenz so gut wie ruiniert… und danach kam dann raus, wieviel Schulden er hatte, KV nicht bezahlt und so weiter und so fort. Ich war eigentlich so lange froh, bis er nach 9 Monaten anstandslos seinen Lappen wiederbekommen hat, die Polizisten… Weiterlesen »
…und was ist mit der Katze? 😉
Habe viele Jahre mit einem (nicht „geständigen“) Alkoholiker gelebt.Mein „Teufelchen“ hat nach knapp 16 Jahren die Reißleine gezogen…
Seltsam, wie immer wenn Leute etwas wie „Ich meiere und eiere und versuch es hier und versuche es da und will immer, daß es allen Leuten irgendwie gut geht. …. “ schreiben, ihre Geschichte dann mit “ …. In unserem Unternehmen war es das letzte Mal, daß er gegrinst hatte. Am nächsten Morgen brachte Manni ihm die fristlose Kündigung.“ enden.
Troll!
Im Leben ist es einfacher wenn man dem Engelchen ein Extrabreites Pflaster über den Mund klebt und wenn er das abreisst dann hilft die Flinte ihn für immer loszuwerden
Das ist doch pure Absicht oder? Nennt man Markenbranding oder so… Du schreibst einfach etwas, das einen in einer total absurden, alltäglichen Situation an den Bestatterlogh erinnert und das sich im Unterbewusstsein derart festsetzt, dass man wie ein dressiertes Schaf immer wieder hier her zurückkehrt…
In diesem Fall: automatisiert dämliches Grinsen beim Einkaufen sobald man eine Dose Erben (extrafein) sieht.
Danke!
Mal schauen ob es demnächst eine „Special Edition“ extrafeiner Erbsen gibt, Nur echt mit Sensenmann und Bestatter drauf.
Über was soll man denn noch alles grinsen? Die Hörer eines gewissen Podcasts können ja schon keine Duftlucktacker… keine Druck-luft-tack-ker mehr sehen, ohne in Grinsen auszubrechen!
So langsam wird dieses Blog gefährlich. Nicht wirklich für meine tatsächliche geistige Gesundheit, aber dafür, was die anderen davon denken könnten. Allein diese komische Logo-Tasse, aus der ich auf der Arbeit immer trinke…
“Boah, wenn der mit so sanfter, leiser Stimme spricht…“
Wer kann noch wie ich schneller denken als lesen und dachte sich als Satzende schon „… dann hör ich doch garnix mehr davon!“ ? Wo grad vorher „die andere Boje auf dem Meer der Neugierde“ erwähnt wurde…
Wenn ich das lese, muss ich wirklich staunen,wie brav ich als langjähriger Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens war!!!!
LG