Frag doch den Undertaker

Ich hatte doch nur sie: Suizid

Meine kleine Schwester und gleichzeitig meine beste Freundin hat sich in ihrer Wohnung erhängt.
Sie war erst Anfang Zwanzig.
Das ist jetzt fast 1 Jahr her. Aber ich werde den Gedanken nicht los, wie sie sich gefühlt haben muss und wie sie leiden musste.

Erhängt hat sie sich mit der Schnur ihres Bademantels.
Meine Vater fand sie ca. 15 min nach der Tat in ihrer Wohnung, allerdings war sie noch nicht tot.

Sie lag dann einen Tag auf der Intensivstation und ist dann verstorben.

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Seid dem hat mein Leben keinen Sinn mehr, ich kann nicht mehr schlafen und nicht mehr essen.
Ich träume nachts von ihr wie sie an der Schnur hängt.

Meine Frage ist, ob sie nun viel gelitten hat, weil sie ja noch nicht tot war als man sie fand.
Und hätte mein Vater sie früher von der Schnur befreit wäre sie dann noch bei mir?

Ihr Gesicht war blau, aber sie sah dennoch aus wie ein Engel.

Ich kann mir nicht erklären wieso sie es getan hat, es gab keine Anzeichen für so ein Vorhaben.

Ich bin 2 Jahre älter als sie und wir waren beste Freundinnen, ich hatte doch nur sie .

Das tut mir für Dich und Deinen Vater sehr, sehr leid.
Was muss es für einen Vater bedeuten, sein eigenes Kind so vorzufinden und dann vom Strick abzuschneiden?
Was es für Dich bedeutet, das hast Du ja geschrieben.

Was es für Deine Schwester bedeutet hat, können wir nicht wissen. Ein Suizid ist kein leichter Schritt und vor allem auch immer der falsche.

Jedoch sehen Menschen mitunter aus bestimmten Lebenssituationen heraus keinen anderen Ausweg.
Nicht mehr da zu sein, an den Problemen nicht mehr teilhaben zu müssen, das erscheint ihnen einfacher, als mit dem Leben klar zu kommen.

Es ist auch Quatsch jetzt darüber zu schreiben, wie viel Schönes unser Leben zu bieten hat, und was ein Mensch alles verpasst, der freiwillig aus dem Leben scheidet.

Unser Leben ist nämlich in Wirklichkeit nicht rosig und man hat eben keine 80 oder 90 glückliche Jahre auf dieser Welt.
Wer das meint, dem scheint jeden Morgen die Sonne aus dem Hintern.

Unser Leben ist immer das Bewegen an einem hauchdünnen Grenzbereich zwischen hell und dunkel, zwischen kalt und heiß, zwischen Sommer und Winter und zwischen glücklich sein und unglücklich sein.

Irgendwo auf dieser dünnen Grenzschicht bewegen wir uns. Manchmal sind wir mehr im Dunkel, manchmal mehr im Hellen.

Und es gibt eben auch Situationen, in denen wir uns fast ausschließlich im Dunkel bewegen und keine Chance mehr sehen, auch noch einmal problemlos und glücklich leben zu können. Sich dann einfach ins Dunkel fallen zu lassen, ist für manchen dann der einzig denkbare Weg.

Doch dieser Weg ist nicht einfach und er löst auch kein einziges Problem.
Probleme kann man IMMER anders lösen.

Was für Beweggründe jemand hat, um sich umzubringen, können wir meist nicht wissen.
Das Dunkel kann sich aber auch ausschließlich im Kopf eines Menschen abspielen und ist dann von außen nicht erkennbar.

Es bringt nichts, darüber nachzugrübeln. Niemand kann in den Kopf eines anderen hineinsehen.

Was das Leiden anbetrifft, so ist es beim Erhängen so, dass die Bewusstlosigkeit sehr schnell eintritt.

Und ob es die Situation verändert hätte, wenn der Vater etwas früher gekommen wäre?

Hier muss ich einfach sagen: Hätte, hätte, Fahrradkette…

Wer weiß das schon? So wie es jetzt ist, so ist es.
So ist es gelaufen und so hat sich die Welt gedreht.
Was gewesen wäre, wenn dies oder das anders gewesen wäre, das beruht doch nur auf Mutmaßungen.

Ich verstehe, dass Du unter dem Verkust sehr leidest. Und das ist auch richtig und gut so.

Aber Menschen sterben, so oder so.

Und wenn sie gestorben sind, dann sind sie aus unserem Leben einfach weg.
Damit musst Du nicht fertigwerden und Du musst Deine Trauer auch nicht herunterschlucken.

Schreie Deine Trauer hinaus! Lebe Deine Trauer!

Aber Deine kleine Schwester wird nicht wiederkommen.
Konzentriere Dich auf die schönen Momente, die Ihr gemeinsam hattet. Bewege diese Momente in Deiner Erinnerung.

Was würde Deine Schwester tun, wenn sie jetzt von irgendwoher auf Dich blickt?
Würde sie es wollen, dass Du nun im Dunkel versinkst? Oder würde sie es wollen, dass Du mit ihr lachst und weinst und die schönen Zeiten erinnerst?

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