Hallo TOM,
wie alle Handwerker und Dienstleister hast Du ja auch hin und wieder mit der schlechten Zahlungsmoral Deiner Kunden zu kämpfen. Nun erwecken aber Sendungen vor allem im Privatfernsehen (wie die mit Peter Zwegat z.B.) den Eindruck, man könne eine Forderung leicht mit einem Bruchteil der Ursprungssumme begleichen, als „Vergleich“.
Kommt soetwas bei Dir vor und gehst Du darauf ein?Glückauf
T.
Nunja, man muß das etwas differenzierter sehen. In der Regel hat der Gläubiger schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um an sein Geld zu kommen. Manchmal sind Titel schon viele Jahre alt und es steht eventuell im Raum, daß sich der Schuldner in die (Privat)insolvenz begibt. Dann ist das Angebot eines Schuldners bzw. dessen Schuldnerberaters, wenigstens einen Teil der Schuld im Rahmen eines Vergleiches abschließend zu bezahlen der berühmte Spatz in der Hand.
Das jahrelange weitere „Pflegen“ von solchen Altfällen kostet ja auch Geld und als Kaufmann ist man mitunter froh, wenn solche Fälle endlich erledigt sind, wenn auch mit einem Verlust von etwa 2/3 der bis dahin angefallenen Beträge.
Anders sieht das mit Inkassofirmen und ähnlichen Unternehmen aus. Hier ist es Teil der Kalkulation solcher Unternehmen, am Ende des Vollstreckungsweges von sich aus einen Teil des Geldes hereinzubekommen indem sie von sich aus den Schuldnern solche Vergleiche anbieten. Hier ist es aber so, daß der ursprüngliche Gläubiger die Forderung oft gegen einen geringen Betrag komplett an diese Firma abgetreten hat um die Akte für sich schließen zu können.
Wer sich selbst in einer solchen Situation befindet und nicht den Weg in die Privatinsolvenz gehen will oder kann, der ist unter Umständen gut beraten, wenn er Ordnung in seine Unterlagen bringt, alle eingehende Post öffnet und die an ihn herangetragenen Forderungen sortiert. Dann könnte man beispielsweise damit beginnen, der Reihe nach den Gläubigern von sich aus Vergleiche anzubieten. Manche geben sich mit einem Viertel der aktuellen Schuldsumme zufrieden und sind sogar bereit, diesen Betrag ratenweise anzunehmen. Man sollte in jedem Fall vereinbaren, daß mit Zahlung der letzten Rate alle Ansprüche abgegolten sind.
Es hat keinen Zweck, gleich allen Gläubigern solche Vergleiche anzubieten, wenn man nicht in der Lage ist, die dann vereinbarten Beträge auch zu bezahlen.
Das ist aber nur ein grundsätzlicher Rat, besser ist es immer, wenn man eine Schuldnerberatung aufsucht, weil deren mitwirkende Schreiben oft mehr Gewicht bei den Gläubigern haben.
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[quote]Es hat keinen Zweck, gleich allen Gläubigern solche Vergleiche anzubieten, wenn man nicht in der Lage ist, die dann vereinbarten Beträge auch zu bezahlen.[/quote]Haben nicht alle Gläubiger den gleichen Anspruch auf das Geld? Oder gilt das erst in der Privatinsolvenz und vorher kann sich der Schuldner aussuchen, bei wem er die Schulden begleicht?
Leider wird in diesen unsäglich „Ratgeber-“ und „Problemlöser-„serien der falsche Eindruck erweckt, als ließen sich die Probleme der Leute auf die präsentierte Art und Weise wirklich LÖSEN, was definitiv falsch ist. Ein verhaltensgestörtes Kind wird nicht durch ein paar Besuche der Nanny wieder zum Musterknabe/-mädel und jemand, der sich in Verkennung seiner Möglichkeiten kopfüber in die Schuldenfalle gestürzt hat kommt da auch nicht innerhalb von 3 Tagen wieder raus. Für den Gläubiger ist, wie Tom geschrieben hat der Vergleich manchmal der Spatz in der Hand und besser als nichts. Leider wird jedoch durch diese Sendungen der Eindruck erweckt, als könnte sowas eine gängige Lösung für Zahlungsprobleme sein, das ist es nämlich ganz klar nicht. Und man sllte sich auch bewusst sein, dass wir dabei über UNVERSCHULDETE Überschuldung reden. Die Insolvenz oder Vergleiche greifen zwar auch ggf. in anderen Fällen, damit ist der Fall aber evtl. noch keinesfalls erledigt. Wenn der Schuldner beim Eingehen einer Zahlungverpflichtung vorhersehen konnte oder musste, dass er dieser Verpflichtung aller Vorraussicht nach nicht nachkommen kann, dann ist das schlicht und ergreifend… Weiterlesen »
Der Vergleich sollte wirklich das letzte Mittel sein. Schliesslich nimmt man dem Glaeubiger damit Geld weg.
Man bekommt Waren oder Dienstleistungen von jemandem, aber derjenige bekommt nichtmal seinen „Einkaufspreis“ wieder.
Damit klaut man ihm sozusagen Geld. Er hat einen finanziellen Schaden dadurch.
Das ist nicht der Spatz vs. die Taube, denn beide stellen positive Werte dar. Das ist eher ein Loch in der Hose mit einem zu kleinen Flicken zunaehen: Entweder bleibt ein kleines Loch zurueck oder den Stoff auszenrum zieht es in Falten zusammen.
In beiden Faellen eher eine Notloesung als eine Variante, die man von vorneherein moechte.
Ein Vergleich wird immer dann in Erwägung gezogen wenn eine Forderung bestritten ist… also: Jemand ist zwar begraben worden aber senkrecht. Rechnung ist gestellt und bestritten worden. Nun werden die beiden Parteien bei einem Gütetermin u.U. zu der Vereibarung gekommen dass das Begräbnis leichte fachliche Mängel hat und deswegen auf die Hälfte der Forderung verzichtet wird. Das ist ein Vergleich.
Alles andere ist pures Inkasso.
Sorry, aber das stimmt nicht. Ich kann mit jedem meiner Schuldner einen Vergleich schließen, völlig unabhängig davon, ob die Forderung strittig ist oder nicht. Auch bei einer vom Schuldner nicht bestrittenen Forderung kann ich mich z.B. im Rahmen einer Schuldnerberatung mit dem Ausgleich eines Teil der Forderung einverstanden erklären, wobei die Befreiung von der Restschuld in der Regel nur dann eintritt, wenn die Vereinbarung vom Schuldner eingehalten wurde. Solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet wurde, müssen dabei auch die einzelnen Gläubiger nicht gleich behandelt werden. Eine solche Vereinbarung ist privatrechtlich ebenfalls ein Vegleich.
Ich nehm ja gerne Lehre an.
Ich hatte gedacht dass von einem Vergleich nur dann die Rede ist wenn dieser vor Gericht im Zuge einer Güteverhandlung vereinbart wurde.
Man lernt nie aus 🙂
Nö, wenn erst die Anwälte bemüht werden oder auch nur der Mahnbescheid verschickt werden muss, wird’s immer unnötig kompliziert und meistens langwierig. Wenn sich beide Seiten in vernünftigem Maß bewegen, kann man das auch unkomplizierter machen.
Wichtig finde ich allerdings, dass man erkennen können sollte, dass der Schuldner wirklich weitgehend ohne eigenes Verschulden in die Zwangslage geraten ist (manche Notlage kann schließlich jeden treffen) und ein ernsthaftes Problem hat. Wenn man annehmen muss, dass der Schuldner genau wusste, dass er nicht zahlen kann oder über den Vergleich nur versucht, billig und ohne große Anstrengung aus der Sache rauszukommen, bin ich schon dafür, das durchzufechten.
Wenn ich Anfragen erhalte, denke ich mir immer:
Es lebe die Vorkasse!
Naja… gut, kall…. auf der anderen Seite kann man als Gläubiger ja nun nicht die Verantwortung für alle Widernisse der Welt auf sich nehmen. Verschuldet… unverschuldet… am Ende fehlt das Geld so beim Lieferanten.
Ich habe Gott sei dank nur B2B-Geschäfte, wenn da nicht gezahlt wird ist der Kunde entweder ohnehin zu groß um zu verklagt zu werden, oder es ist nichts mehr zu holen, auf jeden Fall kann man sich meist den Klageweg ersparen 😉
Mein bester Kumpel macht Privatkunden nur noch über Factoring, der hatte keine Lust mehr ständig 20-30k Außenstände zu haben.
@Fraggel
Nun, auch ich mache zu 95% B2B Geschäfte.
Wenn auch Du das tust, hast Du ja sicher auch in Deinen in Deinen AGB festgelegt wie, wann und unter welchen Umständen eine Leistung zu reklamieren ist 😉
No ja, hab ich auch, und wenn das der Kunde nicht tut, ist die Forderung eben nicht strittig, da gibt’s dann nicht merh viele Möglichkeiten, auch wenn er ein bischen größer ist 🙂 Die Probleme mit der Kohle tauchen ja meist erst dann auf, wenn sich die Möglichkeiten zur Reklamation bereits erledigt haben. Kunden, die von vornherein eine Mängelfinanzierung ihrer Aufträge beabsichtigen hab ich gottseidank zur Zeit nicht.
Und nein, ich fühle mich keineswegs für das ganze Elend der Welt verantwortlich, mir wurde allerdings auch schon hin und wieder mal ein wenig Entgegenkommen gezeigt und da bin ich, im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten durchaus bereit ebenfalls mal ein bischen entgegen zu gehen, es sei denn, man versucht mich über den Tisch zu ziehen.
Du, auf meine AGBs hinzuweisen welche gleich wieder bei den Lieferantenbedingungen meiner Kunden rausfliegen habe ich mir abgewöhnt. Ich habe immer exakte Projektverträge ohne Referenzen aud andere Dokumente (maximal eine Geheimhaltungsvereinbarung).
Einmal hatte ich einen B2B-Kunden der nicht zahlen wollte, zu dem bin ich morgends um 06:30 hingefahren, hab nett den Werkstattmeister gegrüßt, bin zur Maschine gegangen, habe das Programm gelöscht und einen Zettel dran gehangen dass es das bei Zahlungeingang wieder gibt, nett gegrüßt… und wieder raus.
07:00 Erster Anruf Meister
07:02 Erster Anruf Werksingenieur
07:05 Zweiter Anruf Werksingenieur, Drohung mit Polizei
07:10 Dritter Anruf Werksingenieur, Bettelei
07:30 Anruf Buchhaltung
08:00 Abholen vom Großteil der Summe in Cash und 200 Euro in Briefmarken(!!!) *lacht*
08:05 Maschine läuft wieder.
08:10 Zweiter Abschied vom Werksmeister
Irgendwas geht immer 🙂
Ok.. ein Bestatter kann Oma schlecht wieder auf die Straße schieben….
@ Fraggel.
Och, wenn die Oma wieder auf der Straße steht/liegt und das möglichst vor dem Haus der zahlungsunwilligen Kunden dürfte es schon wirken…
Soo schlecht finde ich die Idee nicht.
B. A.
Ja, vor allem, wenn sie schon ein paar Tage länger woanders lag 😉
Aber Scherz beiseite, solche Aktionen sind zwar verständlich (und finden meine heimliche Anerkennung) aber nicht ganz ungefährlich weil unter Umständen doch sehr angreifbar. Bei mir allerdings auch nicht möglich, da meine Leistung meist innerhalb kürzester Frist nach Lieferung bereits ihren Dienst getan hat und die Kunden wohl nur ein müdes Lächeln übrig hätten, wenn ich ihnen das Gelieferte wieder wegnehmen würde.
@ kall.
In meinem Job (Inneneinrichtungsbereich) habe ich es mit Maßanfertigungen zu tun, die kann ich zwar wieder abschrauben, aber anderweitig verkaufen? Fast keine Chance.
Vorkasse mindestens zur Deckung des EK incl. MwSt. ist da halt angesagt. Wer das nicht zahlen will/kann soll jemand anderen behumsen. Ich bin doch keine Bank. 😉
B. A.
*lacht*
Also wenn es der Bestatter hinbekommt Oma in den Garten der buckeligen Vewandtschaft zu STELLEN dann könnte ich mir eine beschleunigte Kontenbereinigung auch ganz gut vorstellen :)))
@ Big Al
Meine Mama hat auch immer Vorkasse geleistet.
Jetzt wartet sie seit 20 Jahren auf 2 Schraenke ihrer maszangefertigten Kueche…
So rum kann es auch laufen
Big Al, gehtste halt morgends zum Herrn Doktor der sich mit den Zahlungszielen seiner Praxiseinrichtung ein wenig umorientiert hat und schaffst mit einem Vorschlaghammer Fakten. Sowas spricht sich rum 🙂
@ Fraggel.
Entsprechende öffentliche Darstellung vorausgesetzt führen etwas „dezentere“ Aktionen auch zum Ziel…wen sich die Patienten des Doktors nämlich ohne den bei mir bestellten Sichtschutz von außen nackig machen sollen weil Doc nicht zahlt…DAS WIRKT, glaube es mir.
B. A.
@Al: das geht natürlich auch. Aber ich LIEBE das Drama^^
pass nur auf, dass das keine Nötigung wird (Drohung mit empfindlichen übel). Im Zweifel kommt dann statt des (oder zusätzlich zum) Geldes eine nette einstweilige Verfügung samt Klage wegen Produktionsausfall, Rufschädigung, … — je nachdem was man gemacht hat.
@ engywuck.
Och, wieso?
Doc kann doch noch den Rolladen runterlassen und Licht anmachen…ganz so ein schlimmer Raufbold bin ich doch nicht 😉
B. A.
Na, Nötigung ist das eine, Diebstahl das andere.
Auf Rechnungen stehen normalerweise Zahlungsziele, und die sind einzuhalten.
Wer bestellt in dem Wissen dass er nicht zahlen kann, ist nicht besser als ein Handwerker der sein Werk per Molot veredelt.
Es sind schon tausende KMUs mit vollen Auftragsbüchern amtlich geschlossen worden genau wegen solchen Leuten die auf einen „Vergleich“ gehofft haben.
Fraggel, nimmst du immer alles so ernst?
B. A.