Es sind ja dann doch mehr Leute gekommen, als wir gedacht haben. Herr Bültgens hatte gesagt, es kämen nur ein paar Leute von der nicht so großen Familie und dann sind doch so an die 50 Personen in der Trauerhalle.
In der ersten Reihe sitzen Zweiergruppen, jeweils durch einen leeren Stuhl von der nächsten Zweiergruppe getrennt, Herr Bültgens und seine Schwester, Dagmar und eine andere junge Frau, Herr Bauer und Radek.
In den weiteren Reihen sitzen Betriebsangehörige von Auto-Bauer und -wie ich den anschließenden Unterhaltungen in unserer Halle entnehmen kann, Kneipenfreunde von Katja, sowie Mitglieder einer christlichen Sekte, in der Katja früher aktiv gewesen sein muß. Die jungen Männer alle förmlich im dunklen Anzug, die Haare sauber gescheitelt und die Mädchen alle etwas zu vornehm gekleidet für das Alter.
Später sehe ich anhand der Eintragungen, daß es gar keine Sekte, sondern der Ortsverband der Jungen Union gewesen ist, denn jeder von denen hat brav hinter seinen Namen geschrieben, welche Funktion er in Partei und Politik inne hat.
Die beiden Kriminalbeamten haben wirklich unauffällig ziemlich hinten gesessen, brav mitgesungen und sie stehen schon kurz vor Ende der Trauerfeier auf und gehen geräuschlos hinaus. Dann sind sie verschwunden, so als ob sie nie da gewesen wären.
Manni und sein Kollege schieben den Sarg am Ende der Trauerfeier hinaus, das machen wir immer so, denn ich finde, es gibt nichts Kälteres und Unvollendeteres, als wenn der Sarg vorne einsam und verlassen stehen bleibt, während die Trauergäste einfach weggehen. Wenn der Sarg weggebracht wird, hat man doch das Gefühl, daß jetzt ein gewisser Endpunkt gesetzt ist.
Die Männer schieben den Sarg gleich ins Bestattungsauto, wo schon ein anderer Sarg wartet, der ebenfalls ins Krematorium gebracht werden soll.
Es geschieht nichts.
Auf der Trauerfeier kommt es zu keinem Eklat, im Krematorium erfolgt einen Tag später die Einäscherung und drei Tage später holen wir die Urne ab.
Warum wollen die Kripo-Leute denn so gar nichts mehr von uns wissen? Nicht, daß wir irgendetwas sagen könnten, aber zumindest ich wüsste doch zu gerne, ob und was die herausgefunden haben.
Und natürlich wollen das auch Frau Büser, Antonia, Sandy und die anderen Leute in unserer Firma wissen, denn man kann sich vorstellen, daß wir die verschiedenen Aspekte ausführlich miteinander besprochen haben.
Frau Büser tendiert dazu, daß Radek sowieso ein Mörder ist. sie habe dem ja eh nie über den Weg getraut, der handele ja auch immer mit unversteuerten Zigaretten und sei sowieso verdächtig. Sandy meint, der Auto-Bauer habe Katja aus lauter verschmähter Liebesmüh die Treppe hinuntergestoßen. Antonia hingegen sieht Dagmar als Täterin an. Nur den Vater, Herrn Bültgens, hat niemand „auf dem Zettel“.
Ich mag gar nicht mitspekulieren, ich weiß nur vom Hörensagen, von Radek, daß vier Leute im Haus waren, als Katja zu Tode kam.
Offiziell war aber Herr Bültgens unten im Wohnzimmer und Katja oben in ihrem Zimmer. Sie soll dann aus ihrem Zimmer gekommen sein, etwas gerufen haben, was Herr Bültgens nicht verstanden hat, was ihn aber auch nicht wunderte, denn die beiden hatten sich zuvor gestritten und schon ein paar mal von unten nach oben hin und her gerufen.
Dann habe er ein Poltern gehört und zunächst gedacht, Katja werfe ihre Sachen von oben herunter. Erst als dann im wahrsten Sinne des Wortes Totenstille war, hat er seinen Cognac auf dem Kaminsims abgestellt und ist in das Treppenhaus gegangen, um nachzusehen. Da habe er dann seine Tochter am Fuße der Treppe liegen sehen und an der merkwürdig verrenkten Körperhaltung sofort erkannt, daß sie tot ist. Sie sei wohl über den langen Bademantel gestolpert.
Von weiteren Personen im Haus weiß er nichts oder sagt er nichts, aber zumindest die Polizei weiß, daß wenigstens noch Katjas Freundin Dagmar anwesend gewesen sein soll.
Radek hingegen erzählt, auch Herr Bauer sei im Haus gewesen und wir nehmen an, daß Radek ebenfalls dort gewesen ist.
Das alles sind so viele Bausteine, das ist eine hervorragende Grundlage für Spekulationen. Mehr als spekulieren können wir nicht, wir sind halt nur ganz normale Leute und das Tratschen ist uns auch nicht fremd.
Die Sachlage ändert sich, als wir in der Zeitung lesen, daß Radek festgenommen worden ist.
Wir wissen nicht, wie Radek ins Visier der Ermittler geraten ist, aber in der Zeitung steht, daß man in seinem Auto den Gürtel von Katjas Bademantel gefunden habe und er somit dringend verdächtig sei, zumindest an der tat beteiligt gewesen zu sein; und es ist auch nicht mehr von einem Unfall die Rede, sondern es heißt, daß Polizei und Staatsanwaltschaft inzwischen davon ausgehen, daß Katja einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.
Die Meldung in der Zeitung ist eher kurz und jemand, der den Fall nicht kennt, weiß vermutlich gar nicht, um wen und was es geht.
So, und nun muß ich etwas vorgreifen. Ich muß nämlich erzählen, daß es einen Prozess gegeben hat, in dessen Verlauf alle pikanten Details der ganzen Geschichte herausgekommen sind. Nur deshalb weiß man überhaupt, wie es wirklich war und was an diesem Abend wirklich passiert ist.
Und dieser Prozess ist tatsächlich noch einmal aufgerollt worden, sodaß es sich ergeben hatte, daß ich diese längst erledigte Geschichte anfing zu erzählen, als dann eines Tages, wieder etwas darüber in der Zeitung stand.
Also erzählte ich nicht weiter, weil „schwebendes Verfahren“, „Parallelen zur wirklichen Welt da draußen“, „neue Erkenntnisse“…
Dann stellte es sich aber heraus, daß doch nichts Neues auf den Tisch kam und alles so blieb, wie vor längerer Zeit geurteilt.
Was bleibt, das ist eine doch sehr verworrene Entwicklung, die ich nun zu entwirren versuche und ein letzter Zweifel, ob man da den Richtigen oder die Richtige eingesperrt hat.
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Jetzt spannt er uns schon wieder auf die Folter. Und das an Weihnachten…
Ach was solls. 🙂
Frohe Weihnachten…
Gruß
Joe
Wie soll ich da vernünftig für meine Gäste kochen, wenn ich dauernd an die Goldfisch-Story denken muss?!
Gna, gna, gna, *ankochlöffelnag*
Konni, selbst Schuld, wenn Du zu Weihnachten online gehst … äh Moment ….
[quote]Später sehe ich anhand der Eintragungen, daß es gar keine Sekte, sondern der Ortsverband der Jungen Union gewesen ist…[/quote]
Ist das etwa keine Sekte? Aber wie auch immer, ich hab bei dem Satz herzlich gelacht 😀
Dass Radek festgenommen wurde, erstaunt mich allerdings. Meines Erachtens hat der kein Motiv…
@Konni: Mach Goldfisch-Filet, vielleicht lenkt das ja ab 🙂
Ist schon erstaunlich, über mache Wendungen und Berichte muß man einfach schmunzeln, wenn nicht gar lachen. Und DAS bei einem so schlimmen Unglück wie dem Sterben eines Goldfisches …
Aber wie sagte meine Oma schon … Spaß muß sein und wenn es auf der Beerdigung ist …
in diesem Sinne … warten wir auf die Auflösung
Ich hab so sehr auf das Ende gehofft *heul*…na macht nichts wünsche euch allen dennoch Frohe Weihnachten
Wow, ewig lange Geschichte.
Es ist schon teilweise befremdlich wie viel ein Mensch aufbringt, um seine Lieben (wie man in diesem Fall „Liebe“ definiert bleibt mal unkommentiert) im Blick zu behalten.
Der gute Herr Bauer wird wohl ein ziemlicher Kontrollfreak sein wenn er einen bepunkteten Ex-Knastler als Überwachungshelfer anheuert. Mir tut der arme Golfisch post mortem noch leid! Kann nicht mal ungestört durch ihr Glas schwimmen…
Nun, wie auch immer, meines Erachtens nach ist die Lösung dieses Falles das Warten wert, denn die Wendung mit dem Bademantelgürtel im Auto ist man was anderes.
ODER (stellen wir mal ein paar Verschwörungstheorien auf): Kann ja sein, dass Bauer den Gürtel in Radeks Auto geschmuggelt hat nachdem dieser dieses verlassen hatte um vielleicht ebenfalls das Haus zu betreten?
Wie auch immer… Zum Schluss sei gesagt: Ruhe in Frieden, kleiner Fisch. Auf dass du da, wo du jetzt bist, das alles nicht mehr mitbekommen musst.
Ich frage mich wann denn der eigentliche Stress durch Herr Bültgens anfängt. So ging Goldfisch -I- ja los.
Ja, ich weiss, wer drängelt kriegt erst recht nix. ABER TOM, ich halte es bald nicht mehr aus. Ich surfe fast stuendlich hier vorbei nur um zu sehen, ob es mit der Geschichte weiter geht. Sei nicht so hart zu uns und erzaehle die Geschichte weiter. Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte…
Gruss Astronaut