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Keine Ahnung wie man sowas macht

„Nee, nee, der bleibt hier bei uns“, das war die Antwort, die wir gestern am Telefon bekamen, als wir den Anruf einer Familie bekamen, deren Großvater verstorben ist. Es ging um die Frage, wann wir den Verstorbenen überführen sollen und wann das Beratungsgespräch stattfinden soll.

Es ist klar, ein Verstorbener kann ohne weiteres bis zu 36 Stunden noch im Sterbehaus verbleiben, das wissen allerdings die wenigsten und deshalb werden wir normalerweise nicht müde, darauf hinzuweisen, daß keine Notwendigkeit besteht, jetzt sofort und binnen weniger Minuten den angeblich Leichengift verströmenden Toten zu entsorgen.

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Ist wirklich wahr, eben noch haben die Leute den Schwerkranken umarmt, geküßt, gepflegt und lieb gehalten und kaum ist der Tod eingetreten, wagen sie es nicht mehr tief einzuatmen, den Verstorbenen zu berühren und haben ernsthaft Angst, man könne sich an der Leiche sofort und schlagartig vergiften.

Wie gesagt, wir weisen immer mal wieder darauf hin, daß man den Toten daheim behalten, in Ruhe Abschied nehmen und ihn auch selbst waschen und ankleiden kann. Gestern haben wir es nicht erwähnt, denn manchmal verliert man einfach die Lust, immer wieder das Gleiche zu erzählen. Die allermeisten Menschen können unseren Hinweis gar nicht verstehen und beharren darauf, daß wir sofort -am besten gestern- kommen und den Verstorbenen so schnell und unauffällig wie möglich abholen.

Umso erstaunter war ich, als die Familie mir dann beim Hausbesuch den ordentlich hergerichteten Großvater präsentierte. Der lag friedlich in seinem Bett, eingekleidet in seine Lieblingskleidung, man hatte ihm leise Musik angemacht und die Angehörigen wechselte sich ab, um Totenwache zu halten und aus der Bibel zu lesen.

Besonders fromme Leute? „Nein, wir haben keine Ahnung wie man sowas macht, aber wir haben uns überlegt, daß man es so machen könnte und daß es dem Opa so gefallen hätte“, sagte mir der Sohn.

Gut so!


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 24. Februar 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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ulf
16 Jahre zuvor

Ich habe es im Krankenhaus nur ganz selten erlebt, daß die Angehörigen den Verstorbenen mit herrichten wollten…. Da scheint echt eine gewaltige Berührungsangst und Hilflosigkeit sich breitzumachen.

Vielleicht sollte ich das einfach mal öfter anbieten.

16 Jahre zuvor

Die Leute kennen es nicht mehr. Wenn wir in unserer Gesellchaft dem Tod seinen Platz ließen, den er ohnhin hat, dann könnte man seinen liebvollen Gefühlen auch Lauf lassen, wenn der Tod eine Lücke gerissen hat

aga80
16 Jahre zuvor

Leider hat Rainer recht, der Tod ist aus dem Privaten Umfeld verschwunden und viele verbinden ihn inzwischen mit einem klinischen Umfeld.

Das ist auch ein Stück Kultur(Sterbekultur) das verloren geht, aber in Zeiten, wo Familien immer weiter auseinander wohnen oder die 3-5 Generationen WG 😉 den meisten Menschen wie Geschichten vorkommen und es sich viele einfach nicht mehr vorstellen wollen, ist es vermutlich auch nicht anders zu erwarten.

fumbles
16 Jahre zuvor

Solche Verwandten hätte ich auch gerne.

321
16 Jahre zuvor

Wunderschön, dass es so etwas noch gibt. Aber mehrheitlich verdrängen Freunde und Umgebung den Tod und wollen dieser Tatsache nicht ins Auge sehen.

Vor wenigen Jahren ist ein sehr guter Freund gestorben, wirklich noch jung und mitten aus dem Leben.

Da waren wir sehr froh noch die Gelegenheit zum Abschied zu haben.

Aber er war schwer krank gewesen,- und das er sterben würde wußte man. Da viele das nicht wahrhaben wollten gingen sie Begegnungen mit Ihm und seiner Familie aus dem Weg – weil eben der Tod nicht als Teil des Lebens begriffen wird ….

Und dann ist die Katastrophe anschließend noch viel größer.

16 Jahre zuvor

Dieser Artikel hat mir jetzt echt die Tränen in die Augen getrieben. Was für eine warme und herzliche Familie muss das sein.
Leider ist es nur all zu oft so, dass „die Alten“ abgeschoben werden. Eine so liebevolle Behandlung bis in den Tod finde ich großartig.

Außerdem Kompliment zu Deinem Blog. Ich habe den Link beim kantinenblogger gefunden und mehr aus Neugier geklickt. Aber der Stiel in dem Du hier schreibst finde ich echt klasse!

Werde Deinen Beitrag in meine eigene Blogrol aufnehmen, auch wenn es nichts mit Essen zu tun hat wie mein eigenes Blog (hoffe doch das ist Dir recht).

Werde von nun an öfters hier vorbeischauen.

-Der Dicke-

Nina
16 Jahre zuvor

Ich habe diese Frage schon mal gestellt, aber ich brauche da noch eine konkretere Antwort:

Ich kenne die „Aufbahrung“ nur von meinem Kater. Der lag auf einem Kissen, und irgendwann mal entleerte sich seine Harnblase. Genau dasselbe wird auch bei einem menschlichen Leichnam passieren, und genau DAVOR hätte ich Bammel. Dass – mit Verlaub – auf einmal das ganze Bett vollgepinkelt und gekackt ist. Wofür der Tote natürlich nichts kann, aber man möchte sich zum einen die Sauerei doch ersparen und zum anderen nicht unbedingt eine stinkende Matratze entsorgen müssen. Und Erwachsenenwindeln hat man vielleicht keine daheim, weil der Verstorbene bis zum Schluß nicht inkontinent war.

Deshalb meine Frage: Wie weist ihr als Bestatter die Angehörigen, die eine Aufbahrung daheim machen wollen, darauf hin, wie dieses Problem zu lösen bzw. wie schnell nach dem Tod dahingehend reagiert werden soll? Bei meinem Kater ging es ja relativ schnell, so eine halbe Stunde nach dem Ableben.

Beate
16 Jahre zuvor

@Nina: Ach Gott, so was kommt vor. Ein Toter hat keine Kontrolle mehr über seine Muskulatur. Die Körperflüssigkeiten sammeln sich an den tiefsten Stellen im Körper. Wenn die Muskulatur nachlässt kann es zu solchen Dingen kommen.

Aber denke daran, man hat den Toten vorher ja meistens gepflegt hat und sowieso mit den Exkrementen zu tun hatte. Das fände ich jetzt nicht so schlimm, man macht es dann weg, fertig. Aber meistens kommt es erst dazu, wenn der Tote beim Bestatter umgeladen wird. Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich aber sagen, dass in den meisten Fällen nur Gase abgehen.

Nina
16 Jahre zuvor

@ Beate: Erstmal danke für die Antwort. Mein Gedanke war ja auch nur, dass man verständlicherweise vermeiden möchte, eine vollurinierte Matratze entsorgen zu müssen. Der Polster, auf dem mein Kater gelegen hatte, war anschließend auch wegwerfreif.

Ich kann mir vorstellen, dass man ein Plastiklaken unter das normale Laken zieht, wenn man weiß, dass eine Person im Sterben liegt. Aber wenn es unerwartet passiert?

Mag ja kleinlich klingen, aber das ist wirklich etwas, worüber ich mir Gedanken machen würde. Gerade, wenn man einen Sterbefall hat, kommen ja Kosten auf einen zu, da will man vielleicht nicht auch noch ein neues Bett kaufen müssen. (Zur Erklärung: Ich zB schlafe auf einem Ausziehbett, das EUR 1.500,– gekostet hat – also das würde schon schmerzen, müsste man es wegschmeißen.)

comicfreak
16 Jahre zuvor

..also, mein Vater hat erklärt, schon als Kind beim Herrichten seiner Mutter geholfen zu haben, inklusive des Verschließens diverser Öffnungen mittels Watte und Stöpsel.

Mal ´ne Frage: kommen solche Themen bei euch auch beim festlichen Familientreffen auf, während gerade das Hauptgericht serviert wird???

Kirsche
16 Jahre zuvor

Also ich muss auch gestehen das ich meinen Opi nicht länger zu Hause haben wollte…weil er sich nach den Sterben überhaupt nicht mehr ähnlich sah und ich angst vor den hatte was ich da sah. Ich hatte keine angst vor irgend welchen giften oder so was sondern einfach vor diesen mehr als Fremden der da lag und mein Opa sein sollte…mit dem weit aufgerissen Mund und den völlig milchigen Augen.

Trace
16 Jahre zuvor

„Ich kann mir vorstellen, dass man ein Plastiklaken unter das normale Laken zieht, wenn man weiß, dass eine Person im Sterben liegt. Aber wenn es unerwartet passiert?“

Bin ich jetzt die einzige, die sich gerade vorstellt, wie erbärmlich es sein muß, im Sterben zu liegen und dann nochmal schnell von den Angehörigen/dem Pflegepersonal ein Gummilaken untergeschoben zu bekommen ? So nach dem Motto: „Sorry, Omma, aber Du weißt ja, gleich biste tot und k*** und p***selst alles voll, die Matratze war doch so teuer und die können wir noch gut für unseren geliebten Sohn Horst-Kevin brauchen ?“

Nina
16 Jahre zuvor

Man kann das auch anders machen. Etwa, wenn der betreffende Mensch gerade aufsteht um zB auf die Toilette zu gehen. Ich sprach ja nicht unbedingt von den letzten 5 Sterbeminuten, einem solchen Tod geht in der Regel doch eine gewisse Zeit der Bettlägrigkeit voraus.

Und im übrigen haben Krankenhausbetten auch solche Plastiklaken. Ich sehe darin ehrlich gesagt nichts Menschenunwürdiges, es hilft einfach bei der Reinigung! Oder willst du jede Woche ein neues Bett kaufen?

Rockige
16 Jahre zuvor

Nina, das was du meinst sind spezielle Unterlagen aus Gummi (oder Latex?) … sie sind viel kleiner als Laken (vielleicht 1/4 der Länge eines normalen Lakens, ca. genauso breit wie ein Laken) und werden in Höhe des Unterleibes auf die Matratze gelegt (quer über das Bett) danach kommt ein ganz normales Laken über die Matratze. Angenommen zu Hause wird ein bettlägeriger Mensch gepflegt, dann meist mit der Unterstützung von einem Pflegedienst. Dieser wird in der Regel schon auf beispielsweise diese Unterlagen hinweisen. (*) Wenn der zu Pflegende jederzeit aufstehen kann um das Bad aufzusuchen wird er wohl noch ein gutes Stück vom Sensenmann entfernt sein. Okay, ich weiß aber was du meinst… nur das Beispiel hinkt ein wenig. Also: wenn der zu Pflegende längere Zeit bettlägerig ist wird wohl das eine oder andere Mal das Bett frisch bezogen (wer liegt schon gern in muffeliger, verschwitzter Wäsche) genau dann kann man eine Unterlage ins Bett legen. Im Pflegedienst wird das schon aus rein prophylaktischen Gründen getan (*)Solch ein Laken ist zwar jederzeit wiederverwendbar, aber wenn man… Weiterlesen »

Nina
16 Jahre zuvor

Stimmt, mein Beispiel war nicht ideal. Der Bettwäschewechsel trifft das, was ich meinte, auf den Punkt.

Penelope
16 Jahre zuvor

Daumen hoch! Das ist mal eine Familienidylle, wie man sie sonst nicht zu sehen bekommt. Die Tochter als Wäscherin, Aufbahrung zuhause, Lesung aus dem Totenbuch. Finde ich gut.

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Ich hatte es immer wieder einmal, dass jemand im Zimmer auf dem Boden lag, als der Notarzt abrückte.
Wenn der Wunsch aufkam, den Verstorbenen noch hier zu behalten, ging das auch mit Wachstüchern, Kunststofffolien und Ähnlichem. Darauf saugfähige Badetücher, und darauf ein sauberes Leintuch. Oben zur Absicherung ein Handtuch im Hüftbereich, Darauf z.B. seine Lieblingsdecke, mit der er sich immer beim Mittagsschlaf zudeckte. Schwierig war es eigentlich nur, wenn aus dem Mund viel Flüssigkeit nachlief. Hier half meißt eine Küchenrolle und etwas Geduld.

treue Leserin
16 Jahre zuvor

Als meine Schwiegermutter starb (nachts gegen 0.50 Uhr), hatten wir sie noch bis zum Nachmittag zu Hause. Bis der Bestatter mit dem ausgesuchten Sarg kam.
Wenn er uns damals darauf aufmerksam gemacht hätte, daß man eine Tote bis zu 36 Stunden zu Hause haben darf, dann wäre sie noch nicht so schnell in die kalte Leichenhalle gekommen!!

Darum an dieser Stelle mal einen großen Dank an Tom, dafür daß er gute Aufklärungsarbeit hier leistet!

Kirsche
16 Jahre zuvor

aber muss dann nicht irgendjemand die Augen schließen, den Mund schließen und die Händefalten? ich weiß ja nicht aber wenn da jemand total entstellt liegt ist man doch nicht unbedingt begeistert den da zu behalten….meine Tante wurde erst nach 18 Std. gefunden, die hab ich nicht mal mehr „nach den fertig machen“ erkannt.

16 Jahre zuvor

Hallo
Ich arbeite mit älteren Menschen in einem Heim. Da passiert es auch hin und wieder, dass wie Besuch von Gevatter Tod haben. In der Regel werden die Verstorbenen bei uns auch recht schnell abgeholt. Wenn es möglich ist wird der Sarg beim Abschied vom Personal und evtl. von Bewohner bis zur Tür begleitet. Das die Bewohner sich von dem Verstorbenen vorher in Ruhe verabschieden dürfen ist eine Selbstverständlichkeit.

Bei uns wird sämtliche Totenwäsche einschl. Matratze werden bei uns entsorgt. Was aber sicherlich mit den Hygienevorschriften in einer Einrichtung zu tun hat.

Jens
16 Jahre zuvor

Daumen hoch! Das ist mal eine Familienidylle, wie man sie sonst nicht zu sehen bekommt. Die Tochter als Wäscherin, Aufbahrung zuhause, Lesung aus dem Totenbuch. Finde ich gut.

Also ich möchte für mich, das aus dem echten Totenbuch (dem der Ägypter) gelesen wird nicht aus der nachgemachten Schwarte… Alternativ halt auch „Gestatten, Bestatter“…

fotos, bier und tod : neblog
16 Jahre zuvor

[…] vorher noch drei gute beispielbeiträge aus jüngerer zeit: schlehenlikör keine ahnung wie man sowas macht über die vorteile von küchenmöbeln (sehr passend dazu als bonus noch: milch statt […]

Klakki
7 Jahre zuvor

Es ist schade, dass so es nicht bekannt ist, dass die Familie den Verstorbenen mit ankleiden darf…
Wir wussten das damals beim Tod meiner Mama nicht, ich glaube aber, dass das meinem Dad gefallen und geholfen hätte…

Aber schön, dass die Familie das direkt von sich aus gemacht hat und sich so um den Opa gekümmert hat 🙂




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