Ein Unternehmen aus Herten, das liegt bei Recklinghausen, hat ein Gerät zur Verschönerung von Urnenbestattungen erfunden. Dieses besteht aus einem flachen Ring aus Metall, der über das Loch für eine Urnenbeisetzung gelegt wird. Der Ring hat in der Mitte ein Loch, durch das die Urne in das Grab herabgelassen wird. Der Ring ist mit einem Akku und einer Beleuchtung ausgestattet, die das Loch im Grab beleuchtet.
Wer den gesamten Artikel nicht lesen möchte, kann direkt zum Fazit springen, in dem alles noch einmal zusammengefasst wird.
Was ist das „Light of silence“?
Das neue Produkt heißt „light of silence“ also in etwa „Licht der Stille“.
Wir haben es also mit der Idee zu tun, das ausgehobene Loch, in das die Urne beigesetzt werden soll, zu beleuchten.
Das Unternehmen GWU Innovation stellt sein Produkt mit einigen Zubehörteilen auf seiner Webseite anschaulich dar: https://gwu-innovation.de/
Auf der Webseite könnt Ihr auch Bilder des Produktes im Einsatz betrachten, das Titelbild zu diesem Artikel hier zeigt nur eine Symboldarstellung einer anderen phantasievollen Lichtlösung. Das „light of silence“ ist viel zurückhaltender und würdevoller.
Die Vorteile des „Lichtes der Stille“ liegen darin, dass das nackte Erdloch etwas kaschiert wird. Ein warmes Licht ist zweistufig schaltbar und soll eine „angenehme Atmosphäre“ schaffen. Solche Lichtideen kommen ganz bestimmt bei vielen Trauergästen sehr gut an.
Der Metallring selbst ist, so wie ich das einschätze, dunkelanthrazit bis schwarz gehalten, nur wenige Zentimeter hoch und wie schon erwähnt aus Metall gefertigt. Selbstverständlich dürfte er recht witterungsbeständig sein, in Deutschland regnet es ja häufiger.
Durch seine flache Bauart kann der Ring wiederum durch ein passendes Blumengesteck in Kranzform kaschiert werden. Gewiefte Bestatter, die diese Beleuchtung einsetzen, werden sich eine entsprechende Pappschablone fertigen, die sie dem Gärtner vorher mal zur Probe geben, damit der Blumenkranz passt.
Meine Einschätzung zum „Light of silence“
Ob sich die an sich schöne Idee durchsetzen wird, wage ich zu bezweifeln, und das aus gleich mehreren Gründen.
Die Kosten!
Wir leben in einem Zeitalter, in dem elektronische Artikel teilweise erschreckend günstig zu haben sind. Insbesondere Geräte mit Akkus und LEDs gibt es in allen möglichen Varianten für recht überschaubare Beträge zu kaufen.
„light of silencce“ soll gemäß Webseite des anbietenden Unternehmens mit etwas Zubehör über 1.500 Euro zzgl. MwSt. kosten, wenn ich nicht irre.
Ich bin kein Feind der Innovation und wünsche auch diesem Unternehmen ehrlich viel Erfolg mit der Geschäftsidee.
Allerdings meine ich, dass man so etwas, wollte man es denn haben, auch günstiger haben kann. Ein flacher Ring mit Akkus und LEDs ist eben auch nicht mehr als ein flacher Ring mit Akkus und LEDs.
Ich erinnere mich an die Idee des Urnenschreins, die ich auch schon mal hier vorgestellt habe. Ein Hamburger Akademiker hatte die Idee zu einem schön gestalteten und beleuchteten Kasten mit Fenstern, in dem die Urne bei der Trauerfeier präsentiert und zum Grab getragen werden sollte.
Das sah schon hübsch aus, hat sich aber aus verschiedenen Gründen nicht durchgesetzt. Die Bestatter und Friedhofsmitarbeiter wollen nicht noch zusätzliche Handgriffe und auch diese Idee war in der Anschaffung recht teuer.
Geringe Informationen
Das Unternehmen aus Herten ist noch recht neu am Markt und die Webseite, auf der derzeit nur diese Urnengrabbeleuchtung mitsamt drei Zubehörteilen (Deckel, Tragetasche, Tuch) angeboten wird, dürfte wohl noch ausgebaut werden.
Jedenfalls sind dort in der Produktansicht keinerlei Angaben über das Produkt zu finden, außer dass es 5 kg wiegt.
Angaben über die effektive Größe, die Laufzeit der Akkus, wie diese geladen werden, welche Funktion das unterseitige Display hat oder ob das Gerät, wie ich annehme, witterungsbeständig ist oder nicht, werden nicht gemacht.
Einige Informationen muss man sich aus den werbenden Texten selbst heraussuchen, beispielsweise, dass das Licht zweistufig schaltbar und der Apparat aus Metall ist.
Mich würden die Produktangaben, so wie sie Stand heute sind, nicht befriedigen, da ich nicht einmal erfahre, ob ein Ladegerät/-kabel dabei ist.
Die Anbieter stellten ihr Produkt auf der letzten Bestattermesse in Dortmund vor. Von dort erreichten mich auch die Informationen darüber.
Auf einer Messe lässt sich das Licht sicherlich gut zeigen und erklären.
Meiner Meinung nach handelt es sich aber nicht um ein besonders erklärungsbedürftiges Produkt, da sich seine Funktion sehr schnell erschließt und sich die Bedienelemente in Grenzen halten.
Durch die dünne Produktbeschreibung auf der Webseite bleiben dann aber doch Fragen offen, die der interessierte Bestatter zuerst noch per Kontaktformular oder einen Anruf klären müsste.
Viele Bestatter sehen den Sinn nicht
Ein Bestatter, mit dem ich sprach, sagte spontan: „Ich freue mich schon auf die verblüfften Gesichter der Trauergäste, wenn dann das Loch beleuchtet ist und die mich dann fragen, ob das der Widerschein des Höllenfeuers ist.“
Ein anderer Kollege meinte: „Eigentlich tun wir alles, um das schreckliche Loch zu kaschieren. Der Moment, in dem der Sarg oder die Urne ins Loch hinuntergehen, ist für die Angehörigen immer besonders emotional und wir als schlimm empfunden. Das noch zu beleuchten? Ich weiß ja nicht.“
Ich persönlich würde so ein Gerät auch nicht anschaffen, ein schöner Blumenkranz, der das Loch etwas kaschiert und später noch als erster Blumenschmuck auf dem kleinen Grab dienen kann, ist da effektiver und natürlich deutlich günstiger.
Ein Bestatter von der holländischen Grenze sagte mir: „Da muss ich schon viele Urnenbeisetzungen haben, damit sich so ein Ding lohnt. Und man kann ja nichts zusätzlich damit einnehmen. Was sollte ich den Leuten denn anbieten? 15 Euro für Licht im Loch?“
Der Grundgedanke der Urnenbeisetzung ist anders
Der menschliche Körper stellt mit dem Tod seine Funktion ein. Er ist nur noch eine leblose Hülle. Je nach persönlicher Glaubensvorstellung überdauert nur das, was allgemein als Seele bezeichnet wird.
Dennoch ist der Körper unmittelbar nach dem Tod in den meisten Fällen noch wiedererkennbar der verstorbene Mensch. Dieser Hülle lässt man Annehmlichkeiten angedeihen und bettet sie wie einen schlafenden Menschen in einer Holzkiste zur Ruhe.
Dort vergeht der Leichnam und ist nach einer Zeit von 6 bis 20 Jahren nahezu komplett weg.
Bei einer Feuerbestattung übergibt man den Körper dem Feuer und nach der Kremierung ist dieser Körper ebenfalls weg. Nur hat diese Körper“beseitigung“ nur zwei Stunden, statt mehrerer Jahre gedauert.
Was übrig bleibt, sind Verbrennungsrückstände, nicht weiter verbrennbare mineralische Reste. In ihnen ist, so weit mir bekannt ist, nicht einmal mehr auch nur der Hauch von DNS enthalten.
Asche ist nur der feste Rückstand aus der Verbrennung organischer Materialien, also im Endeffekt immer von Lebewesen wie Pflanzen, Tieren und Menschen bzw. den daraus entstandenen oder gewonnenen fossilen Brennstoffen oder Biokraftstoffen.
Asche entsteht aus dem anorganischen Teil der verbrannten Substanz und besteht somit aus Mineralstoffen.
Hart gesagt, ist Asche das, was entsorgt werden kann. Das könnte man, bei entsprechend nüchterner und abgeklärter Sichtweise auch für Totenasche annehmen. Doch da diese der allerletzte Rest eines Menschen ist, spielen ethische und moralische Gesichtspunkte hier eine Rolle.
Die Feuerbestattung hat in ihrer heutigen Ausprägung noch eine recht junge Geschichte, wenngleich in der Vorzeit in allen Kulturen auch schon Leichenverbrennungen üblich waren.
Kirchliche und religiöse Vorgaben erklärten aber die Erdbestattung zur einzig richtigen Bestattungsart, weil hier der Körper erhalten bleibt, der im Rahmen einer körperlichen Auferstehung dann zur Verfügung steht.
Eine befriedigende Erklärung, wie das bei verwesten Körpern gehen soll, hat die Kirche zwar immer zu liefern versucht, jedoch es nie geschafft, das einem klar denkenden Menschen sinnvoll zu erklären. Dieser Vorgang bleibt also im mythischen Bereich des Glaubens angesiedelt.
Da aber die Kirchen nur die Erdbestattung zuließen, hatte es die Krematorium-Bewegung anfangs sehr schwer, dagegen anzukommen. Feuerbestattungen waren anfangs meist nur Freidenkern, Atheisten und Kirchenfernen möglich, die oft auch noch in entsprechenden Feuerbestattungs- oder Krematoriumsvereinen organisiert sein mussten und den Anspruch auf eine kirchliche Bestattung aufgeben mussten.
Dass Feuerbestattungen bis hin zu Urnenbeisetzungen heute viele Parallelen zur Erdbestattung mit einem Sarg haben, ist nicht der Grundidee der Krematoriumskultur geschuldet, sondern lediglich ein Eingeständnis an die kirchlich geprägten Gepflogenheiten. Der Bevölkerung wie auch den Kirchen sollte dadurch ein Weg zur Akzeptanz der damals ungewohnten Bestattungsart geebnet werden.
Auch wenn die Totenasche letztlich nur der allerletzte „Abfall“ ist, der bei der schnellen Beseitigung des Körpers unabdingbar übrig bleibt, wird sie dennoch weit über das Maß des eigentlich Erforderlichen ähnlich verehrt und behandelt wie ein Leichnam.
Dennoch aber müsste bei nüchterner Betrachtung die Trauerfeier eigentlich im Krematorium anlässlich der Einäscherung stattfinden. Denn dort geht der Körper weg.
Rein aus Gründen der Pietät wird der letzte Ascherest bestattet. Der geht aber nicht weg, der bleibt in seiner Urne, so wie er ist. Es spricht nichts dagegen, Totenasche direkt in die Erde zu streuen, um eine Art mineralische Vermischung mit dem Erdreich zu erreichen.
Schon allein aus diesem Grund wird der Urnenbeisetzung immer schon eine geringere Bedeutung beigemessen, als einem Sargbegräbnis. Genau aus dieser Überlegung heraus finden oft üppige Trauerfeiern mit dem Sarg statt, während die Urnenbeisetzung oft ohne Pfarrer und Gäste nur im engsten Kreis stattfindet.
Es ergibt sich also die grundsätzliche, am Grundgedanken der Kremierung zu messende Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, Urnenbeisetzungen übermäßig auszugestalten. Sie sind letztlich, was sie sind: Eine ersatzweise hochgestellte Handlung, die eine mehr oder weniger symbolische Parallele zur Sargbestattung ist.
Fazit:
Das Unternehmen GWU Innovation aus Herten hat mit dem „light of silence“ ein interessantes Produkt zur Verschönerung von Urnenbeisetzungen vorgestellt. Dieses besteht aus einem flachen, beleuchteten Metallring, der über das Beisetzungsloch gelegt wird, um das Grab stilvoll zu illuminieren. Durch seine dezente und würdevolle Gestaltung wird eine angenehme Atmosphäre während der Trauerzeremonie geschaffen, die bei vielen Trauergästen sicherlich positiv ankommen wird.
Jedoch gibt es einige kritische Punkte zu bedenken. Die Kosten von über 1.500 Euro zzgl. MwSt. könnten für viele als zu hoch empfunden werden, insbesondere wenn man bedenkt, dass ähnliche technische Lösungen möglicherweise günstiger umsetzbar sind. Die Produktbeschreibung auf der Webseite ist zudem unzureichend, was potenzielle Käufer abschrecken könnte. Informationen wie Akkulaufzeit, Lademöglichkeiten und Witterungsbeständigkeit sind entscheidend für eine Kaufentscheidung, bleiben aber unklar.
Weiterhin scheint es eine Diskrepanz zwischen der technischen Innovation und den traditionellen Werten der Bestattungskultur zu geben. Einige Bestatter und Trauergäste könnten den Einsatz einer solchen Beleuchtung als unnötig oder gar störend empfinden, da er das Augenmerk auf das Grabloch selbst lenkt, anstatt es diskret zu überdecken. Das Beleuchten des Grabes könnte von einigen als unpassend oder geschmacklos betrachtet werden, was die Akzeptanz des Produkts weiter einschränken könnte.
Abschließend lässt sich sagen, dass das „light of silence“ zweifellos eine innovative Idee darstellt, die das Potential hat, die Atmosphäre bei Urnenbeisetzungen zu verbessern. Ob es sich jedoch am Markt durchsetzen kann, bleibt angesichts der hohen Kosten, der unzureichenden Produktinformation und der kulturellen Sensibilitäten fraglich. Es wird wesentlich davon abhängen, wie gut es dem Unternehmen gelingt, die Vorteile des Produkts zu kommunizieren und es an die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe anzupassen.
- licht: Peter Wilhelm
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Gefühlt muss heute ja echt alles irgendwie beleuchtet werden. Nach Sinn oder Unsinn wird da nicht gefragt. Und ich denke auch hier wird die Kirmesfraktion die sich Autos, Küchen, Betten, Toiletten etc. mit bunten LEDs dekorieren begeistert sein. Jetzt fehlt nur noch Blinken und Farbwechsel…
Mir wäre ein Loch im rasen in das die Asche gestreut wird, ein einstreuen in einen Fluss, zum Mond/Sonne geschossen werden, irgendwie lieber als in ner Konserve verwahrt zu werden. Aber letztlich ist’s dann auch egal 😀
Aber interessant dass das versenken des Sarges/der Urne in der Erde als unangenehm beschrieben wird… Ich habe es immer als erleichternd empfunden. Klar war ich traurig, hab Tränen vergossen… aber für mich war es ein Abschluss, ein geschafft, und ein nochmal deutliches Zeichen „nun ist der Verstorbene endgültig gegangen“. Das ganze vorher empfinde ich viel belastender, Papierkram, Termine, Entscheidungen… nichts und niemanden vergessen…