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Martina III

orgel

„…auf Jesus!“ unterbreche ich Herrn Plewka, denn mir scheint es in diesem Moment sonnenklar auf der Hand zu liegen, daß sie bei irgendwelchen ‚Jesus-People‘ gelandet ist.

Doch Plewka schüttelt nur müde den Kopf. „Nein, mit Jesus hatten die nichts am Hut.“

„Satanisten?“

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„Nee, ich weiß es ehrlich gesagt nicht, wie man sowas nennt. Als Martina aus diesem Schulungscamp zurück war, da war das nicht mehr meine Tochter. Sie trug ihr Haar nur noch unter einem bunten Kopftuch verborgen und wurde von allen mit ‚Adeptin Martina‘ angesprochen. Was sie sagte, das klang für mich wie wirres Zeug. Die Allmacht der Natur, kosmische Strahlungen, der feinstoffliche Bereich, alles das sagt mir nichts. Jedes zweite Wort handelte von Hermes Trismegistos und von Pyramiden, dem großen Baumeister und dem Weltall.

Sie aß kein Fleisch mehr, wollte von Fernsehen und Radio nichts wissen und als ich sie konkret darauf ansprach, wie es denn jetzt weitergehe und was mit ihrem Beruf sei, da antwortete sie: ‚Papa, ich muß meinen Weg gehen, um mich von ewigen Rad der Wiedergeburt zu befreien‘.

Kurzum, mit ihr konnte man gar nicht mehr reden. Alles was ich vorbrachte, das war für sie weltlicher Kram, sie lachte nur über das was mir so wichtig ist, was ihr doch auch immer so wichtig war. Sie hatte kein Verständnis mehr für ihre eigene Welt.“

„Das war wohl nicht mehr ihre Welt, oder?“ werfe ich ein, mehr um Herrn Plewka eine Pause zu gönnen. Es ist ihm anzusehen, wie sehr ihn das alles mitnimmt. Frau Büser kommt, bringt Kaffee und Wasser, Herr Plewka bedient sich dankbar, dann fährt er fort:

„Ja sehen sie, ich habe gedacht, es könnte gut sein, wenn wir sie da raus holen, wieder in ihr Umfeld zurückholen. Meine Frau meinte ja, daß das bestimmt schwierig wird, wegen der Liebe zu Floyd. Aber dann kam alles ganz anders! Floyd und Martina waren gar nicht zusammen wie ein Liebespaar. Martina sagte nur, daß diese fleischlichen Genüsse nur von kurzer Dauer seien und das sei ihr zu oberflächlich. Menschen seien auf einer geistigen Ebene verbunden und schon wieder fing sie vom feinstofflichen Bereich an. Was soll das überhaupt sein, feinstofflicher Bereich? Jedenfalls machte sie überhaupt keine Schwierigkeiten, als ich sagte, sie solle doch mal wenigstens für ein paar Tage nach Hause kommen. Niemand stellte sich uns in den Weg, das war überhaupt kein Problem.

Aber dann, als sie wieder bei uns war, da haben wir es nicht ausgehalten, können Sie sich das vorstellen? Wenn man bedenkt, daß es ja nur ein paar Wochen waren… und meine Frau und ich kennen unsere eigene Tochter kaum wieder. Wie geht denn sowas? Und das Schlimme daran war, wir konnten ihr ja noch nicht einmal irgendwelche Vorhaltungen machen, außer wegen der Arbeit, sie war ja glücklich bei alledem.

Aber unter einem Dach mit ihr, nee!“

„Wieso, was war denn da so schlimm?“

„Ach, schon allein die Mikrowelle in der Küche regte sie auf, sie trank nur abgestandenes Wasser aus der Leitung und aß Körner aus so einem Beutel, den sie mitgebracht hatte. Abends wurden die eingeweicht und am anderen Morgen gegessen. Das war alles was sie aß, wegen der Selbstreinigung und Entschlackung. Fürchterlich, sage ich Ihnen. Die meiste Zeit saß sie in ihrem Zimmer auf dem Fußboden und las. Meine Frau hat dann versucht mit ihr zu sprechen, aber wissen Sie was, ihr ging dieses ewige Grinsen und Glücklichsein auf die Nerven. Auf alles hat Martina geantwortet, nur verstanden haben wir es nicht. Das kann ja meinetwegen daran liegen, daß wir nur einfache Leute sind, vielleicht war aber das was Martina da erzählte auch einfach dummes Zeug.

Sie sprach davon daß sie sich auf den Tempeldienst vorbereite, dort würde sie dann eingeweiht und könne dann weitere Schulungen mitmachen. Deshalb müsse ihr Körper rein sein“

„Das hört sich aber alles nicht besonders gut an.“

„Warten Sie’s ab.“

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#martina

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