Geschichten

Nehmt den da bitte auch noch mit!

„Nehmt den da bitte auch noch mit!“

Schweiß steht ihm auf der Stirn, sein Gesicht ist versteinert, seine Hände zittern. Er ist Einsatzleiter der Feuerwehr, neben ihm steht ein ranghoher Polizist, der mir zwei Zettel und einen Ausweis in die Hand drückt und beide deuten auf die Fahrerkabine eines Lastwagens.

Einige Retter spannen zum wiederholten Mal weiße Tücher als Sichtschutz auf. Von der nahegelegenen Brücke fotografieren späte Passanten die von Blaulichtern und Einsatzscheinwerfen beleuchtete Unfallstelle auf der gesperrten Autobahn. Man rangelt um die besten Plätze und hofft wohl, endlich mal eine Leiche knipsen zu können.

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Unser Bestattungswagen ist voll. Zwei Leichen hieß es, als wir angerufen wurden.
Ein Sprinter-Transporter hatte bei Nieselregen und Dunkelheit im Bereich einer Baustelle verbotenerweise überholt und mit seinem rechten Außenspiegel einen Geländewagen berührt. Der Fahrer dieses Fahrzeuges hatte daraufhin auf den viel zu engen Fahrstreifen die Nerven verloren und war nach rechts durch die Absperrbaken in den Baustellenbereich geraten, dort über einen Sandhaufen gefahren und dann nach links quer über die Fahrbahn und die Mittelabsperrung in den Gegenverkehr gerast.

Ein Sattelschlepper konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und zermalmte den schweren Geländewagen und seine beiden Insassen.
Ein weiterer nachfolgender LKW fuhr dann noch auf seinen Brummi-Kollegen auf.
Als wir etwa eine Dreiviertelstunde nach dem Unfall zur Unfallstelle gerufen wurden, war die Feuerwehr immer noch dabei, den Fahrer dieses Lasters aus seinem Führerhaus zu befreien. Der Mann sprach mit den Rettern, erstaunlich ruhig und gefasst erschien er, obwohl er unterhalb des Brustkorbs komplett eingeklemmt war.

Mehrere Rettungskräfte waren nur damit beschäftigt, dem Mann die Hände zu halten und ihn zu beruhigen.
Auch ein Notfallseelsorger war vor Ort.

Die beiden Verstorbenen aus dem Geländewagen waren bereits geborgen und lagen mit Tüchern bedeckt auf der Fahrbahn.
Gerade hatten wir diese beiden eingeladen, da kam die Nachricht, daß auch der Lastwagenfahrer verstorben ist.
„Wir schneiden den jetzt raus, dann könnt ihr den auch mitnehmen.“

Für uns bedeutet das, daß wir einen zweiten Wagen anfordern müssen, auch nicht so einfach, die Fahrer müssen erst von zu Hause gerufen werden; oder wir fahren zweimal…

Uns drückt es den Hals zu, eben haben wir den Mann noch sprechen hören, das ist was Anderes, als wenn sie schon tot sind, wenn man kommt.

Von der Brücke blitzt es wieder, jemand ruft uns zu: „Hebt mal das Tuch hoch!“
Manni zeigt den ausgestreckten Mittelfinger und ich knurre unwillig, so will man morgen nicht als Leserfoto in der BILD sein.

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(©si)