Menschen

Nur eine Kerze

Eine Kerze ist alles was von einem langen Leben geblieben ist…
Herr Klarenz hat 83 Jahre lang gelebt, hat seine Frau um drei Jahre überlebt, zwei Kinder in die Welt gesetzt und ist der Opa von drei Enkeln.
Am vergangenen Montag ist er im Altersheim gestorben, im Nordflügel.

Im Nordflügel ist es nicht so schön, er hat allenfalls den Charme eines Einsterne-Vertreter-Hotels. Der Südflügel des vor drei Jahren eröffneten Heimes hingegen ist schön. Helle, große Zimmer, freundliche Farben, alles fast schon ein bißchen luxuriös. Demenz…, er hat ja sowieso nicht mehr gewußt, wo er war, wer er war, ob ihn jemand besuchte und wer ihn dann besuchte…, da kann er auch in den günstigeren Nordflügel umsiedeln.

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Die letzten Monate ist keines seiner Kinder und Enkelkinder mehr gekommen. Der Opa vergißt das ja sowieso sofort wieder.

Am Mittwoch hatte sich der Schwiegersohn zu uns bequemt, schnippisch, sachlich, eilig. Im Internet hatte er sich schlau gemacht, keine Trauerfeier, Krematorium, weg, Asche ins Gemeinschaftsgrab.

Wir holen seine Sachen im Heim ab, darunter ein paar Fotoalben, die Bilder schon ganz gelb, alle Farben verblasst.
Urlaub in Italien, das erste Moped, ein Käfer mit Dachgepäckträger, ein schlichtes Einfamilienhaus und jede Menge Bilder von Kindern und Verwandten, mal unterm Tannenbaum, mal alle ganz festlich bei einem Jubiläum.

Eine Kerze stand auf der kleinen Kommode. Manni hat sie für Herrn Klarenz angezündet und sie auf den Sarg gestellt, irgendjemand hat zwei heruntergefallene Nelken dazu gelegt, ein spärlicher Schmuck.

Doch jeder von uns, der an dem Sarg, der auf seinen Abtransport ins Krematorium wartet, vorbeikommt, hält kurz inne, schaut die kleine brennende Kerze an und Traurigkeit ist alles was bleibt.

Keiner hat es verdient, so ganz ohne ein letztes Lebewohl zu gehen…

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(©si)