Frag doch den Undertaker

Ökologische Bestattungen, sinnvoll?

Da hatte doch neulich irgendjemand ausgerechnet, daß jede einzelne Suchabfrage bei Google quasi so viel Strom verbraucht, wie ein Einpersonenhaushalt in Lappland in einem ganzen Jahr.
Das Schreiben eines Blogartikels und die daraus resultierenden Leserbesuche via Internet verursachen soviel CO2, das fußballfeldgroße Löcher in die Algenteppiche der mazedonischen Atlantikküste gebrannt werden, oder so…

Dabei ist das doch alles Quatsch und das sind Rechnungen, die würde nichtmal das berühmte Milchmädchen (lecker von Nestlé! Könnt ich so aus der Tube saugen!) anstellen.
Was wäre denn die Alternative? Ich müßte mich mit meinem Manuskript auf die Treppe meines Hauses setzen und den ganzen Tag würden bis zu 20.000 oder 30.000 Leute aus dem ganzen deutschsprachigen Europa hier vorbeikommen, um mir zuzuhören… Ich glaube, das würde dann ein eigenes Bestatterweblog-Ozonloch in die Kakophoniesphäre brennen!

GEO ist eine sehr schöne Zeitschrift, ich lese sie hin und wieder, mein Arzt hat so einen Faible dafür und bei ihm im Wartezimmer liegt immer GEO und Öko-Test. Und die GEO hat, so wie es im Bestatterweblog die Rubrik „Frag den Bestatter“ gibt das sogenannte „Grüne Gewissen“, dem man Fragen stellen kann. Leserin Andrea machte mich aktuell darauf aufmerksam. Dieses mal hat jemand dem grünen Orakel die Frage gestellt, wie man sich denn wohl am Besten ökologisch einwandfrei bestatten lässt. Nun, meine Antwort wäre kurz und knapp: „Beerdigung auf einem nahegelegenen Friedhof in einem Sarg aus unbedenklichem Holz.“

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Aber GEO orakelt weiter:

Ganz dringend zu meiden seien wegen der schlechten Öko-Bilanz: „Marmorgrabsteine, Mahagonisärge, Grabstätten auf heimatfernen Friedhöfen“

Den heimatfernen Friedhöfen bescheinigt GEO ja noch „idyllische Abgeschiedenheit“, meckert aber an, daß solche abgelegenen Gräber „besuchswilligen Angehörigen eine mehrstündige Anreise abverlangen“.
Das ist zwar im Prinzip kein falscher Gedanke, jedoch wollen die Leute gerade genau das Gegenteil: Möglichst nahe am Wohnort der grabpflegenden Angehörigen bestattet werden. Diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer, weit entfernt bestattet werden wollen, machen einen Prozentsatz mit vielen Nullen hinter dem Komma aus. Das sind Einzelfälle.

Dann orakelt das grüne Gewissen über die Feuerbestattungen. Der ökologisch bedenkliche hohe Energiebedarf ist GEO da ein Dorn im Auge. „Das Krematorium der Stadt Frankfurt hat einen Erdgasverbrauch von 400 Kilowattstunden pro Einäscherung.“
Das sei soviel wie „der durchschnittliche deutsche Monatsbedarf für ein 30-Quadratmeter-Apartment.“
Ja und? Im Durchschnitt steht die von einem Verstorbenen hinterlassene Wohnung 3 Monate leer und hat 75 Quadratmeter…

Natürlich könnte man auch noch diese 30 Quadratmeter Erdgas (Achtung Klugscheißer, das war ein Späßle! Ich weiß, daß man Gas in Quadratdezimetern mißt, aber ich hatte gerade keine Wasserwaage zur Hand.) einsparen, würde man alternative Bestattungsformen wählen. GEO weiß auch welche und schlägt gleich zwei „umweltfreundliche Alternativen zur Feuerbestattung“ vor.

„Aus Schweden kommt die „Promession“, bei der Tote mit flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius gefriergetrocknet und anschließend durch Vibration in grobes Pulver verwandelt werden.“

Lassen wir mal den für die Vibration aufzuwendenden Energiebedarf außer acht und wenden uns mal kurz der Überlegung zu, wie man wohl 196 Grad kalten flüssigen Stickstoff herstellt…
Der „Kleine Energiewichtel“ ein Heftchen für 6 bis 10jährige, herausgegeben von unserem Energieversorger sagt: „Alle Apparate, die schnell laufen, verbrauchen eher weniger Strom. Aber alles was heiß oder eiskalt wird, braucht ganz viel Strom.“

Weiß jemand da draußen, wieviel Energie es braucht, um soviel flüssigen Stickstoff auf 196 Grad herunterzukühlen, in Spezial-LKW zu transportieren usw. um einen Leichnam gefrierzutrocknen?
Ich mutmaße, daß man damit mehr als 30 Quadratmeter heizen könnte, also jetzt nicht mit dem eiskalten Stickstoff, sondern mit der Energie davon…

Dann rät der grüne Daumen, man solle das gefriergetrocknete Granulat „in einem Sarg aus Mais- oder Kartoffelstärke innerhalb eines Jahres kompostieren“.
Auch Holz, lieber grüner Finger, ist ein nachwachsender Rohstoff und für Särge wird nichtmal das beste Holz benötigt und Holz wächst auch bei uns und in der ökologischen Nähe. Die von Dir angeprangerten „Mahagonisärge“ sind in den meisten Fällen aus ganz einfachem Holz und entweder nur mit einem hauchdünnen Mahagonifurnier belegt oder mahagonifarben gebeizt. Und ob nun ein Sarg ein Jahr oder zehn Jahre in der Erde benötigt, um zu vergehen… wayne?
Bei den immer wieder propagierten Särgen aus alternativen Materialien, wie z.B. Pappe, hat mir noch keiner belegen können, ob die Herstellung von Pappe nicht tatsächlich sogar ökologisch bedenklicher ist, als die Verwendung von purem Holz, einmal davon abgesehen, daß Pappsärge immer noch teurer sind, als die einfachsten Verbrennungssärge aus Holz. Pappe fällt ja auch nicht aus einem ökologischen grünen Himmel. Ich war erst unlängst beim Tag der offenen Tür einer Papierfabrik und es wurde immer wieder betont, welche unglaublichen Mengen an Energie und reinstem Trinkwasser benötigt werden, um Papier und Pappe herzustellen. Ja und dann werden die Pappsärge ja auch in Holzdekor bedruckt…
Und Särge aus Mais- oder Kartoffelstärke bestehen ja auch nur aus einem wiederum nachwachsenden Rohstoff, das tun aber alle Särge sowieso (die kleine Zahl von Metallsärgen lassen wir getrost unberücksichtigt) und einen Sarg aus Mais- oder Kartoffelstärke zu machen, wird ja auch nicht von den Öko-Heinzelmännchen erledigt, sondern auch das erfordert wieder Energie, Farben und und und…

Als zweite ökologisch einwandfreie Alternative empfiehlt das GEO-Orakel:

„Die „alkalische Hydrolyse“ wird in den USA bereits an Universitäten und Forschungseinrichtungen vorwiegend zur Beseitigung von Tierkadavern angewendet. In auf 150 Grad Celsius erhitzten Edelstahltanks zersetzt Lauge bei sechs Bar Druck den Körper bis auf einige Knochenreste fast vollständig.“

Jau. Lauge, Druck, Temperatur…
Gibt es alles für lau, ist alles unbedenklich und die entstehende Pampe, was ist damit? Ab in den Öko-Fluss? Was geschieht dann mit der zersetzenden Lauge? Diesen Rest muß man doch auch irgendwie entsorgen. Was schlägt der grüne Daumen denn da vor? In Pfandflaschen füllen und bestatten?

Ich will die ökologischen Alternativen nicht verdammen, aber das was wir heute bereits machen, das IST ökologisch. Was gibt es Ökologischeres, als Tote in einem Sarg aus einem nachwachsenden Rohstoff (Holz) in der Erde vergehen zu lassen? Auch der Energiebedarf der Krematorien ist in den letzten Jahren ganz erheblich gesunken; wir sprachen erst neulich hier darüber, daß die Abwärme sogar für Fernheizzwecke benutzt wird. Und anschließend? Da kommt die Asche in einen Beisetzungswald. Gibt es was Ökologischeres?

Nein, ich möchte weder wie Nescafé gefriergetrocknet werden, noch in Säure oder Lauge aufgelöst werden. Kein Mensch braucht einen Grabstein aus ausländischer Fertigung, da stimme ich dem grünen Zipfel zu, aber gönnt mir doch die paar Jahre rechteckiger Erinnerung an einem Ort der Ruhe und des Friedens.

„Haben auch Sie eine Frage an „Das Grüne Gewissen“? Dann schreiben Sie uns eine Mail!“

Nö.

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(©si)