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Panorama macht aus „Ruhe sanft“ „Ruhe teuer“

Im ARD-Magazin „Panorama“ wird mal wieder Klartext gesprochen und wieder einmal sind es die Bestatter, die die rührige und etwas ahnunglose Reporterin unter die Lupe nimmt. Dieses Mal werden angeblich überzogene Preise thematisiert.

Die Sendung kann man sich in der ndr-Mediathek hier anschauen.

Die Särge sind es mal wieder, die angeblich zu teuer verkauft werden…

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Vom Bundesverband Deutscher Bestatter scheint sich niemand für noch ein Interview mit den immer gleichen Fragen hergegeben zu haben, weshalb der Vertreter eines kleinen Verbandes (VuB, Verband unabhängiger Bestatter) Rede und Antwort stehen mußte und das nur sehr unzureichend konnte.

Bestatterin Barbara Rolf schimpft in diesem Beitrag über die Branche, plakativ werden von der Kamera günstig anmutende Sargpreise gezeigt, doch die Preisliste des Hauses Rolf spricht eine andere Sprache, viel günstiger als anderswo scheint es mir da kaum. Zwar gibt man mutig die Gesamtpreise, also inklusive der Grabgebühren etc. an, was ja viele Kollegen scheuen, weil dadurch die Summe gleich immer so erschreckend hoch ist, aber zwischen gut 1.000 und knapp 2.500 Euro verlangt man eben bei Rolf auch.
Und man lässt bei dieser Kalkulation auch wichtige Dinge weg. Das Totenhemd (in manchen Krematorien obligatorisch), Kühlgebühren (die in manchen Städten ein paar hundert Euro ausmachen können!) usw.
Immer wieder muss ich darauf hinweisen, wie regional verschieden auch manches ist.
Man kann die Kosten in Ort A nicht mit Ort B vergleichen, Ostdeutschland nicht mit Norddeutschland und Süddeutschland nicht mit Mitteldeutschland.

Ich habe es hier schon x-mal erklärt und erkläre es gerne auch noch einmal:

Die Preise für Särge beinhalten einen Großteil der Kosten des Bestatters.
Bestatter leisten einen 24-Stunden-Service an 365 Tagen im Jahr. Sie sind ein klassischer Notdienstleister und müssen im Falle eines Falles sofort und mit ihrem gesamten Equipment und know how zur Verfügung stehen.
Hierfür müssten sie im Grunde genommen eine Grundgebühr von etwa 500-1.500 Euro in Rechnung stellen. Da müsste jeder Kollege mal für sich selbst rechnen, ob das für ihn hinkommt, oder ob er mit weniger oder mehr kalkulieren würde.
Bestatter stellen aber keine Grundgebühr für die Bereithaltung des gesamten Materials, das Bereithalten des Personals und die komplette Logistik in Rechnung. Das tun sie deshalb nicht, weil der Bestatter früher eigentlich nur den Sarg verkauft und den Transport abgewickelt hat. Die Arbeiten am Verstorbenen übernahmen oft Leichenfrauen ehrenamtlich, die früher wenigen Behördengänge erledigten die Angehörigen selbst.
Es gab keine Hauskapellen bei den Bestattern, eine offene Aufbahrung fand nur auf dem Friedhof statt; die Beratung wurde ausschließlich zu Hause durchgeführt und somit gab es insgesamt keinen großen Kostenapparat, der umzulegen gewesen wäre.

Das alles hat sich geändert, seit Bestatter nicht mehr Schreiner sind, die im Nebenerwerb auch Leichen fahren, sondern moderne, umfassende Dienstleistungsunternehmen, die große Familienfeiern organisieren und einem ungeheuren Verwaltungsapparat seitens der Behörden, Versicherungen und Kirchen gegenüberstehen.
Die Familien machen heute nichts mehr selbst, man bahrt keine Toten mehr zu Hause auf und wäscht sie selbst.
Alles das übernimmt der Bestatter als Volldienstleister von A-Z.
Die Kosten für diesen gesamten Apparat fließen in die Kalkulation aller Bestatterwaren ein, von kleinen Rosenkranz über die Urnen bis hin zum Sarg.

Abgesehen davon will und muss der Bestatter auch verdienen. Er unterhält seinen Betrieb ja nicht, als Discounter um von der Masse zu leben, sondern als Geschäftsmann, der damit sein Brot verdient und dafür eine individuelle Dienstleistung in persönlicher Atmosphäre erbringt.

Solange nicht jeder fünf oder sechs Mal in seinem Leben stirbt, wird das Sterben auch etwas Besonderes bleiben und Besonderes hat immer auch seinen Preis.

Ganz klar: Manche Bestatter übertreiben es mit den Preisen. Es ist wirklich nicht einzusehen, warum eine recht einfache Bestattung über 9.000 Euro kosten soll. Ich bekomme alle paar Tage solche überzogenen Rechnungen zur Prüfung übersandt.
Große Traditionsunternehmen schießen hier übrigens häufiger mal den Vogel ab. Kleinere Betriebe bleiben eher auf dem Teppich.
Und natürlich muss man sich als Kunde auch fragen, wie ein Bestatter ein Bestattungs- und Trauerzentrum für 2 Millionen finanziert. Seine Preise können gar nicht günstig sein.

Im Fernsehbeitrag wird auch wieder eine trauernde Hinterbliebene gezeigt und es wird gesagt, im Trauerfall habe man eben keinen Kopf, um sich auch noch um Preisvergleiche zu kümmern.

Dann muss man es eben vorher machen!

Das ist doch ganz einfach: Wenn ich immer wieder meinen Schlüssel verliere und deshalb einen Schlüsseldienst brauche, kann ich die Kosten reduzieren, indem ich vorsorglich einen Schlüssel beim Nachbarn deponiere.
Genau so kann jeder auch für den Fall eines Falles vorsorgen, indem er dann wenn er einen klaren Kopf hat, zu den Bestattern geht und sich schlau macht.
Wer bietet was für wieviel Geld?
Welcher Bestatter gefällt mir? Bei wem habe ich ein eher schlechtes Gefühl?
Wo kann man in Raten bezahlen? Gibt es eventuell Möglichkeiten der Vorsorge über eine Sterbegeldversicherung?
Wo ist das Bestatterweblog, damit ich mich vorinformieren kann?
Wo waren Freunde und Bekannte, welche Erfahrungen haben sie gemacht?
Wer steht aus der Verwandtschaft alles zur Kostenübernahme zur Verfügung?
Was kann man selbst machen um etwas zu sparen?
Gibt es Alternativen zur eigentlich gewünschten Bestattungsform?

Das alles sind doch keine weltfremden Fragen, ähnliche würde man vor anderen Anschaffungen und Geldausgaben doch auch stellen.
Und das Schöne ist: Man kann sie stellen und zwar jedem Bestatter. Kostenlos und unverbindlich.
Und dann wird man wissen, was zu tun ist und steht nicht völlig kopflos vor der Situation und ist dann auch nicht den angeblichen Wucherern und Abzockern ausgeliefert.

Ich habe niemals meinen Kunden gegenüber einen hehl daraus gemacht, daß Bestatter ihre Waren weitaus günstiger einkaufen, als sie sie verkaufen. Das macht übrigens jeder Kaufmann so.
Man kauft Sachen irgendwo zu günstigen Konditionen ein und verkauft sie teurer und von der Differenz zahlt man Steuern und Abgaben, Löhne und Gehälter, Mieten und Pachten und von dem was dann noch übrig ist, davon lebt man.

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(©si)