Branche/Kommune

Phantasievolle Rechnungen der Bestatter

Im Moment landen jede Woche rund 20 bis 30 Bestatterrechnungen auf meinem Schreibtisch. Die Hinterbliebenen, die sie einsenden, sind mit diesen Rechnungen überfordert oder fühlen sich übervorteilt.

Was mir auffällt: So viele Reklamationen wie momentan gab es noch nie; und die meisten Reklamationen sind nachvollziehbar.

Normalerweise besteht meine Arbeit hauptsächlich darin, den Angehörigen die Notwendigkeit der einzelnen Rechnungspositionen klar zu machen. Sie verstehen oft einfach nicht, weshalb die eine oder andere Rechnungsposition nötig war.

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Jetzt aber sehe ich, dass Bestatter zunehmend sagen wir „merkwürdige“ Dinge und Dienstleistungen berechnen, die sich auch mir auf den ersten Blick nicht erschließen oder schlichtweg aus dem Bereich Abzocke stammen.

Da bestellt eine Frau für ihren fernab jeder Familienbindung und örtlich weit weg (600 km) verstorbenen Vater bei einem Bestatter „die einfachst mögliche Feuerbestattung“. Die Frau wurde von der Stadtverwaltung informiert, die ihrerseits den „Partnerbestatter“ beauftragt hatte.

Für diese einfachste und günstigste Feuerbestattung will der Bestatter nun stolze 4.300 Euro haben. Das ist der Betroffenen zu viel und sie kann nach heftigem Diskutieren 400 Euro einsparen. Es bleiben immer noch 3.900 Euro.

Das ist für die einfachste und günstigste Feuerbestattung zu viel.

Man verstehe mich nicht falsch. Ich bin derjenige, der niemals einen Toten ohne Totenhemd und ohne Kissen und Decke bestattet hat. Wenn die Angehörigen darauf aus Kostengründen verzichten wollten, haben wir das von uns aus gestiftet. Etwas Würde muss doch sein, schließlich sind Bestatter keine Entsorgungsbetriebe.

Aber letztendlich ist es ein Geschäft, bei dem der eine den Auftrag erteilt und der andere diesen Auftrag so ausführen muss, wie der Auftraggeber es verlangt. Und wenn es heißt so günstig wie möglich, dann kann der Bestatter nicht noch Kosten für Seidenkissen und Rüschendecke und einen würdigen Herrentalar verlangen.
Er muss dann auch auf eine aufwendige Leichenkosmetik, das Rasieren und Schminken und auf das Anziehen von Socken verzichten. Unnötige Fahrten sind zu vermeiden und nicht notwendige Fahrtkosten auch.

Ich lese immer wieder auf den Rechnungen, dass mitunter bei Standardsterbefällen 4 bis 6 Fahrten berechnet werden, mit 295 Euro pro Fahrt und jeweils einem zweiten Träger für nochmals jeweils 195 Euro.
Sogar die kleine Urne wird zu zweit mit dem „Spezialfahrzeug für Überführungen“ für fast 500 Euro durch die Gegend gefahren.

Fakt ist aber, dass in 75% aller Fälle ein einziger Mann für die Anlieferung der Särge ans Krematorium ausreicht. Fakt ist auch, dass Urnen in ganz vielen Fällen nebenbei bei den Friedhöfen abgegeben werden, wenn man sowieso dort zu tun hat. Fakt ist auch, dass der Transport einer 3 Kilo schweren Blechdose keine 500 Euro kosten kann.

Auch sehe ich immer häufiger, dass für Beratungsgespräche, die Abwicklung des Sterbefalls, die Organisation, das Anlegen der Akte, die Betreuung, die Begleitung der Abwicklung usw. horrende Beträge aufgerufen werden. In manchen Fällen kostet allein die Dienstleistung für Beratung und Abwicklung in Summe über 1.000 Euro.

Tatsache ist, dass Bestatter grundsätzlich nur berechnen können, was sie auch geliefert und erbracht haben; und zwar nur in dem Rahmen, der bei der Auftragsvergabe auch abgesprochen war. Die Aussage „Das kommt bei uns immer automatisch dazu“, muss der Kunde nicht gelten lassen. Am Anfang vor der Unterschrift muss klipp und klar gesagt werden, was es kostet, Punkt!

Wenn dann noch Kleinigkeiten hinzukommen, wird niemand etwas sagen. Aber wenn die grob geschätzte Summe am Anfang 1.900 Euro lautet, und am Ende dann 6.000 Euro rauskommen, wird der Kunde übervorteilt.

Kommen dem Kunden Zweifel, so muss er nachfragen. Man kann auch mal beim Krematorium nachfragen, ob der Sarg wirklich von zwei Männern angeliefert wurde und ob auch wirklich nur dieser eine Sarg gebracht oder eine Urne abgeholt wurde. Denn auch das ist ein Problem. Da werden sechs Urnen abgeholt und jedem Kunden ein eigener Urnentransport berechnet.

Auf was soll man achten, wenn man wirklich die billigste Variante beim Bestatter haben will?

  • Kühlung:
    Wurde der Leichnam wirklich über die angegebene Zeit im Bestattungshaus aufbewahrt, oder stand er möglicherweise auf dem Friedhof oder im Krematorium bzw. war der Leichnam noch im Krankenhaus?
  • Fahrten:
    Wurden die Fahrten wirklich in der angegebenen Häufigkeit mit dem abgerechneten Personal zu den genannten Zeiten durchgeführt? Handelte es sich wirklich um Einzeltransporte?
  • Verbrennungssarg:
    Wird der einfachste Sarg verlangt, sollte der Bestatter einen solche für deutlich unter 500 Euro (unlackiert und ohne Griffgarnitur) anbieten können. Diese Särge kosten im Einkauf unter 100 Euro.
  • Urne:
    Die Asche wird im Krematorium in eine Aschekapsel eingefüllt. Diese kann so als Urne beigesetzt werden. Eine weitere Schmuckurne für mehrere hundert Euro ist überflüssig. Die günstigste Schmuckurne sollte kräftig unter 100 Euro kosten.
  • Sargausstattung:
    Eine saugfähige Unterlage muss sein, ein Auskleiden des Sarges mit Folien oder Papier muss ebenfalls sein. Nicht kaufen muss man hingegen alles, was darüber hinaus geht: Kopfkissen, Matratzen, Decken, Hemden, Socken, Nackenstützen, Deckelausschlag, Stoffumrandungen, Lotbänder usw.
  • Einbettung:
    Eine gewisse hygienische Versorgung ist notwendig und fachgerecht. Jedoch kann sich diese auf ein ordentliches Hineinlegen des Verstorbenen in den Sarg und ggfs. Verschluss der Körperöffnungen beschränken. Kämmen, Frisieren, Schminken, Waschungen, Rasieren usw. kann bei wegfallender offener Aufbahrung auch unterlassen werden.

Dies ist kein Ratgeber zum Geldsparen oder eine Anleitung für würdeloses Entsorgen von Verstorbenen. Aber es soll den Angehörigen einmal die Augen öffnen. Viele Menschen sind nicht zuletzt durch die Pandemie in ihren Finanzen arg strapaziert. Große Beerdigungsfeier sind da oft ein nicht zu überwindender finanzieller Faktor. Kommt dann noch hinzu, dass man die Bestattung für einen unliebsamen bis nahezu unbekannten Menschen übernehmen muss, kann der Rotstift von Bedeutung sein.

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(©si)