Allgemein

Plastikblumen und Pfründe

Letzte Woche auf einer Beerdigung: Mitten auf dem Sarg ein Kranz mit Plastikblumen. Gibts den sowas?

Normalerweise nimmt man echte Blumen. Ich weiß aber, daß es Kommunen gibt, die Leihkränze mit Kunstblumen haben, die man für geringes Geld für die jeweilige Beerdigung ausleihen kann. Wenn der Sarg aus der Halle geschoben wird, entfernt man diesen Blumenschmuck.

Werbung

Auch wenn das die Gärtner nicht gerne hören werden: Ich finde diese Idee im Grunde nicht schlecht. Wenn der Kranz oder das Gesteck ordentlich gemacht ist und die Kunstblumen hochwertig sind, also nicht nur Plastikblumen von der Kirmes, dann sieht das schon sehr gut aus. Außerdem spart es den Angehörigen natürlich viel Geld.

Man darf nicht vergessen, daß die Gärtner in bestimmten Regionen zu sehr fairen Preisen arbeiten und in anderen Gegenden sehr unverschämt hohe Preise verlangen. Im Ruhrgebiet und im Rheinland etwa werden sehr günstige Kränze und Gestecke angeboten, im Süden der Republik kostet das Gleiche gerne mal das Drei- bis Vierfache.

Beispiel: Zu einer Trauerfeier brachte ein Trauergast seinen Kranz aus dem rheinländischen Düren mit. Er hatte dort 80 Euro bezahlt. Die Familie hier vor Ort in Süddeutschland zahlte für einen nahezu identischen Kranz 225 Euro.

Das Verhältnis der Gärtner zu solchen Themen ist immer sehr ambivalent. Früher war es in einer Stadt hier in der Region üblich, daß der jeweilige Gärtner, der für die Ausstattung der Trauerfeier zuständig war, einige Kübel mit Lorbeerbäumchen oder Ähnliches aufstellten. In dieser Gemeinde war das so Sitte und an der Zahl der aufgestellten Bäumchen in der Trauerhalle kann man immer ablesen, wieviel sich die Familie die Bestattung kosten läßt.

Das ständige Hin und Her mit den Bäumchen und das Auf- und Abbauen war dann der Friedhofsverwaltung irgendwann zuviel und im Zuge einer Satzungsänderung wurden von städtischer Seite solche Bäumchen, und dann auch noch künstliche, angeschafft.

Ach, was war das für ein Theater und was war das Geschrei der Gärtner groß. Man könne doch unmöglich künstliche Bäume nehmen, wie sieht das denn aus und das komme doch dem Untergang der abendländischen Kultur gleich.

Als dann die Stadtverwaltung der modus operandi offenlegte, stellte sich heraus, daß die Stadt zwar diese Bäume anschaffte, die Aufstellung und Vermietung aber der Innung der Gärtner überlassen wollte. Die Kunstbäume stehen also in einem Nebenraum der Trauerhallen bereit, die Gärtner bauen dann so viele auf, wie die Familie bestellt hat und die Gärtner kassieren nach wie vor ihren Obulus. Die Stadt verdient auch noch mit, weil die Benutzungsgebühr für die Trauerhallen ebenfalls an die gewünschte Ausstattung gekoppelt wurde.

Auf einmal hatte kein Gärtner mehr etwas gegen künstliche Bäume, niemals wollten sie etwas Diesbezügliches gesagt haben. Nein, das schont doch die Pfanzen und die echten Bäume seien durch die vielen Transporte sowieso immer schnell eingegangen usw.

Es ist halt immer schwer, Neuerungen durchzusetzen, wenn dadurch eine bestimmte Branche ihre Umsätze verlieren könnte. Das wünscht man ja auch niemandem.

Ähnlich war ein Fall in zwei Umlandgemeinden. In der einen Gemeinde ist es Vorschrift, daß die meisten Gräber mit kompletten Steinplatten und aufwendigen Einfassungen abgedeckt sind. Diese opulenten Grabmalbauten kosten auf Deutsch gesagt ein Schweinegeld. Der Schwager und der Bruder des Bürgermeisters sind aber Steinmetze…

Nur einen guten Kilometer entfernt liegt eine Gemeinde, in der man per Friedhofssatzung auf gar keinen Fall mehr als 1/3 des Grabes mit einer Platte abdecken darf. Der Rest muß für gärtnerische Gestaltung frei bleiben. Immerhin drei Gärtner sind im Gemeinderat, aber kein einziger Steinmetz…

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#pfründe #plastikblumen

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)