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Plötzlich weg – lange gestorben?

Ich bin auf dem Friedhof. Da gehe ich gerne hin, egal welcher Friedhof das ist. Da ist es wenigstens ruhig. Die alten Bäume spenden Schatten und die Leute, die da wohnen, quatschen einen nicht an.

Also sitze ich auf einer Bank so vor mich hin.

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Zwei Damen um die 70 nähern sich langsam. Die leeren Gießkannen klappern hohl an den Gehstöcken. Als die eine mit ihrem Stock auf „meine“ Bank deutet, schwant mir Schlimmes. Die werden doch wohl nicht!…

Doch sie werden…

Ich rücke ganz ans rechte Ende der Bank, nicht so freundlich, wie ich kann, ringe mir ein Lächeln ab und gucke weiter so vor mich hin.
Aus ist es mit dem die Ruhe genießen.

Lisbeth und Helga haben sich viel zu erzählen.
Ihre Dialoge gehen so:

„Was für ein Wetter.“

„Ja ja, man hält es kaum aus.“

„Soll sich ja nächste Tagen ändern.“

„Ja, so ist das mit dem Wetter.“

„Und wenn’s sich nicht ändert, dann bleibt’s halt so.“

„Man weiß es ja nie.“

„Ja, kaum auszuhalten.“

Ein anderer Wortwechsel bezieht sich auf einen Metzger:

„Der Mobsmann hat ja geschlossen.“

„Ach, ist der in Urlaub?“

„Nein, für immer.“

„Für immer im Urlaub?“

„Nein, für immer geschlossen.“

„Ach was, der hat seinen Laden zu gemacht.“

„Wird sich nicht mehr gelohnt haben.“

„Hat keinen Sohn.“

„Ja, so ist das.“

„Ist halt jetzt zu.“

„Schlimm sowas, aber ich kaufe meine Wurst sowieso woanders.“

Sagen wir es mal so, intellektuell anspruchsvoll ist das nicht.
Doch dann sinnen beide etwas, schauen versonnen vor sich hin und beginnen dann über ihre verstorbenen Männer zu sprechen.

Lisbeths Mann, so erfahre ich aus dem Gespräch, ist bei einem schweren Autounfall auf der Autobahn im Auto verbrannt.

„Da war ja nichts mehr übrig. Morgens sag ich noch, er soll Apfelsinen mitbringen, und dann… Dann kommt er nie wieder. Einfach so weg. Ich konnte mich nicht verabschieden. Er wurde einfach so aus meinem Leben gerissen. Weg, ganz plötzlich.“

Helgas Mann hat 7 Jahre gelegen. Sie meint: „Ich weiß nicht, was schlimmer ist, Lisbeth. Mein Erwin hat ja 7 Jahre lang nur abgebaut. Waschen, Bett beziehen, Füttern, einreiben und wickeln, alles musste ich machen. Der konnte ja nichts mehr. Anfangs hat er immer so liebevoll geguckt. Sprechen ging ja nicht mehr. Dann aber, so nach drei Jahren, wurde er bösartig, hat nach mir geschlagen, hat immer gefragt, wer ich bin, und hat herumgeschrien, ich würde ihn bestehlen. Er ist von Tag zu Tag weniger geworden. Manchmal habe ich mich dabei erwischt, wie ich mir gewünscht habe, er würde endlich sterben. Aber der starb erst Jahre später. Da macht man was mit.“

Tja, was ist besser?

Fragt man die Menschen, möchten die meisten friedlich daheim im Bett einschlafen.

Doch die meisten sterben ganz alleine in irgendeinem Krankenhaus.

Aber einen schweren Unfall oder ein langes Siechtum wünscht sich niemand.

Aber wenn man die Wahl hätte?

Bild: sabinevanerp / Pixabay

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