Hier veröffentlicht der Publizist Informationen und Geschichten über den Bestatterberuf. Mehr über den in der Halloween-Nacht an Allerheiligen geborenen Autor finden Sie u.a. hier. Der Schriftsteller Peter Wilhelm lebt mit seiner Familie in Edingen-Neckarhausen bei Heidelberg.
Unterstützen Sie das Blog bitte mit einer Spende. Klicken Sie hier.
Hilfeaufruf vom Bestatterweblog
Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!
Nach meiner Beobachtung hämgt dies sehr von der Person selbst ab. Bei mir liegen oder stehen die Personen etwa zwei Minuten im Sarg, was bei circa 80% zu einer feststellbaren Gemütsbewegung führt, der Rest ist nur an dem Spass eines ungewöhnlichen Fotomotives interessiert.
Von den 80% sind die Meisten auch nur wegen des Fotos in den Sarg gestiegen, einige Wenige versuchen so, sich etwas die Angst vor dem eigenen Tod zu nehmen.
Persönlich habe ich den Eindruck gewonnen, das die Menschen in der kurzen Zeit des Innehaltens während des Fotografierens ein wenig über die Endlichkeit des Lebens nachdenken.
Deswegen nöchte ich meinen, das Alle, die einmal „Probegelegen“ haben, mehr vom Leben haben. „Carpe diem“ wird so besser begreifbar, in einer Situation, die den eigenen Tod so zum Thema hat, wie der kurze Moment im Sarg. Ich habe Menschen erlebt, die möglichst schnell den Sarg mit Schaudern wieder verlassen haben, ebenso auch Menschen, die sich so eng von Holz umgeben geborgen fühlten. Für mich sind dies nur Momentaufnahmen, vermutlich lässt der Effekt der Besinnlichkeit auf die Menschen im Alltag sehr schnell wieder nach. Selten treffe ich meine Gäste später wieder. Als ich in alter Tradition einige Tage damit beschäftigt war, meinen Sarg zusammenzunageln, Brett für Brett, blieb wesentlich mehr Zeit, die eigenen Gedanken um die Endlichkeit und Kürze des Lebens kreisen zu lassen. Den meisten Lesern dieses blogs ist sicher eine ähnliche Erfahrung bekannt, nachdem sie in irgendeiner Weise zum ersten Mal mit der Sterblichkeit konfrontiert wurden. Selbst im Sarg zu liegen, bricht allerdings das letzte Stück Distanz zum Tod, die koreanische Inszenierung wird sicherlich die Einstellung zum Leben verändern, vielleicht bessern, vielleicht auch nur vorrübergehend. Über den Tod an sich und das Erleben des eigenen Sterbens kann sie aber sicher nur eine Illusion vermitteln und kein Wissen.
ein anderer Stefansagte am
17. Januar 2010 um 11:20
Vor dem Hintergrund der anscheinend ja enorm hohen Selbstmordrate in Südkorea kann ich mir vorstellen, dass es vielleicht helfen kann, den Leuten die möglichen Konsequenzen eines Suizids vor Augen zu führen. Wenn dadurch nur ein Mensch vom Suizid abgehalten wird, hat es sich schon gelohnt. Sicher ist das irgendwie makaber, aber eben möglicherweise gerade dadurch wirkungsvoll.
Suizid auf Probe?
Ich denke, das ein Mensch, dessen Leidensdruck für ihn so stark ist, das er die Flucht in den Tod für die beste Lösung hält, sich durch solch ein Erlebnis nicht von der Entscheidung abhalten lässt. Da gibt es wohl kaum Sozialkontakte, die ihm das Leben wichtig erscheinen lassen, eher noch würde ich vermuten, daß ein solcher Mensch den Sarg als einen Kokon empfindet, der ihn vor der frustrierenden Welt schützt.
Um einen Menschen vom Suizid abzuhalten, könnte es helfen, ihm aufzuzeigen, daß sein Leben einen Wert hat, das es Menschen gibt, die ihn lieben und um ihn trauern werden, wenn er nicht mehr lebt. Sicher wäre es gut und wünschenswert, wenn z.B. die Beschäftigung mit den Partnern beim letzten Mahl aufzeigt, das es doch noch jemanden gibt, der einen im Leben hält.
Also ich finde, das ist eine zwar etwas schräge aber doch interessante Idee, deren Kerngedanke – das Leben, gerade weil es begrenzt ist, zu genießen – ein überaus Wertvoller ist.
Klar kann man diese Lebensphilosophie nach dem Motto „Leben jeden Tag so als wär’s Dein Letzter“ auch übertreiben. Der tragische Drogentod der Bluessängerin Janis Joplin, deren Musik ich überaus schätze, ich da ein Beispiel dafür, dass das auch nach hinten losgehen kann.
Aber sich die Tatsache der irdischen Todes bewusst zu machen, heißt auch, dass alltägliche Ärgernisse wie z.B. der Kratzer im neuen Möbelstück, anstrengende Nachbarn, die verpasste Bahn etc. aus einer anderen Perspektive gesehen werden.
Das Leben leben ist eine Kunst, die, wenn sie beherrscht wird, bestimmt glücklich machen kann.
Ich war, im Rahmen der Langen Nacht der Museen in Wien, im Bestattungsmuseum probeliegen. Es hat sich zuerst wie eine Mutprobe angefühlt. Ich war dann aber überrascht, wie gut aufgehoben, fast bequem, ich mich gefühlt habe. Ich wäre gerne länger in dem Sarg geblieben, um die aufkommenden Gedanken und Gefühle besser analysieren zu können. Diese Erfahrung hat mir aber in den kommenden Monaten (ich habe zwei sehr liebe Menschen verloren) geholfen, die Berührungsängste vor Toten und Beerdigungen zu verlieren. Ich war dann in der Lage meinen Toten Vater anzusehen und zu berühren und mich auch aktiv an der Gestaltung der Beerdigung zu beteiligen.
In Böblingen auf dem Flugfeld gibt es einen riesigen Indoorspielplatz. In der Riesenhalle befindet sich ein galaktisch riesiges Raumschiff. Darin sind so etwas wie Aliensärge hochkant aufgestellt. Zwei davon sind leer, beleuchtet, und laden zum Probeliegen ein. Ihre Deckel haben ein Fenster.
Sie haben Rat gefunden? Ich konnte Ihnen helfen? Dann zeigen Sie sich doch erkenntlich:
Diese Spender haben diese Seiten mit einem Geldgeschenk unterstützt:
Marit U., Sylvia E.R., Henning P.*, Florian S., Sylvia, Babette C.G., Ingo L., Felix M., Jörg L., Michaela A., Peter R., Patrick B., Herbert F., Florian H.*, Stefan V., Helga M., Merten H., Daniela M.B., Bertram K.
Nekrolog
Lalo Schifrin ist gestorben
Boris Claudio „Lalo“ Schifrin (* 21. Juni 1932 in Buenos Aires; † 26. Juni 2025) war ein argentinischer Pianist, Komponist,...
Nach meiner Beobachtung hämgt dies sehr von der Person selbst ab. Bei mir liegen oder stehen die Personen etwa zwei Minuten im Sarg, was bei circa 80% zu einer feststellbaren Gemütsbewegung führt, der Rest ist nur an dem Spass eines ungewöhnlichen Fotomotives interessiert.
Von den 80% sind die Meisten auch nur wegen des Fotos in den Sarg gestiegen, einige Wenige versuchen so, sich etwas die Angst vor dem eigenen Tod zu nehmen.
Persönlich habe ich den Eindruck gewonnen, das die Menschen in der kurzen Zeit des Innehaltens während des Fotografierens ein wenig über die Endlichkeit des Lebens nachdenken.
Deswegen nöchte ich meinen, das Alle, die einmal „Probegelegen“ haben, mehr vom Leben haben. „Carpe diem“ wird so besser begreifbar, in einer Situation, die den eigenen Tod so zum Thema hat, wie der kurze Moment im Sarg. Ich habe Menschen erlebt, die möglichst schnell den Sarg mit Schaudern wieder verlassen haben, ebenso auch Menschen, die sich so eng von Holz umgeben geborgen fühlten. Für mich sind dies nur Momentaufnahmen, vermutlich lässt der Effekt der Besinnlichkeit auf die Menschen im Alltag sehr schnell wieder nach. Selten treffe ich meine Gäste später wieder. Als ich in alter Tradition einige Tage damit beschäftigt war, meinen Sarg zusammenzunageln, Brett für Brett, blieb wesentlich mehr Zeit, die eigenen Gedanken um die Endlichkeit und Kürze des Lebens kreisen zu lassen. Den meisten Lesern dieses blogs ist sicher eine ähnliche Erfahrung bekannt, nachdem sie in irgendeiner Weise zum ersten Mal mit der Sterblichkeit konfrontiert wurden. Selbst im Sarg zu liegen, bricht allerdings das letzte Stück Distanz zum Tod, die koreanische Inszenierung wird sicherlich die Einstellung zum Leben verändern, vielleicht bessern, vielleicht auch nur vorrübergehend. Über den Tod an sich und das Erleben des eigenen Sterbens kann sie aber sicher nur eine Illusion vermitteln und kein Wissen.
Vor dem Hintergrund der anscheinend ja enorm hohen Selbstmordrate in Südkorea kann ich mir vorstellen, dass es vielleicht helfen kann, den Leuten die möglichen Konsequenzen eines Suizids vor Augen zu führen. Wenn dadurch nur ein Mensch vom Suizid abgehalten wird, hat es sich schon gelohnt. Sicher ist das irgendwie makaber, aber eben möglicherweise gerade dadurch wirkungsvoll.
Suizid auf Probe?
Ich denke, das ein Mensch, dessen Leidensdruck für ihn so stark ist, das er die Flucht in den Tod für die beste Lösung hält, sich durch solch ein Erlebnis nicht von der Entscheidung abhalten lässt. Da gibt es wohl kaum Sozialkontakte, die ihm das Leben wichtig erscheinen lassen, eher noch würde ich vermuten, daß ein solcher Mensch den Sarg als einen Kokon empfindet, der ihn vor der frustrierenden Welt schützt.
Um einen Menschen vom Suizid abzuhalten, könnte es helfen, ihm aufzuzeigen, daß sein Leben einen Wert hat, das es Menschen gibt, die ihn lieben und um ihn trauern werden, wenn er nicht mehr lebt. Sicher wäre es gut und wünschenswert, wenn z.B. die Beschäftigung mit den Partnern beim letzten Mahl aufzeigt, das es doch noch jemanden gibt, der einen im Leben hält.
Also ich finde, das ist eine zwar etwas schräge aber doch interessante Idee, deren Kerngedanke – das Leben, gerade weil es begrenzt ist, zu genießen – ein überaus Wertvoller ist.
Klar kann man diese Lebensphilosophie nach dem Motto „Leben jeden Tag so als wär’s Dein Letzter“ auch übertreiben. Der tragische Drogentod der Bluessängerin Janis Joplin, deren Musik ich überaus schätze, ich da ein Beispiel dafür, dass das auch nach hinten losgehen kann.
Aber sich die Tatsache der irdischen Todes bewusst zu machen, heißt auch, dass alltägliche Ärgernisse wie z.B. der Kratzer im neuen Möbelstück, anstrengende Nachbarn, die verpasste Bahn etc. aus einer anderen Perspektive gesehen werden.
Das Leben leben ist eine Kunst, die, wenn sie beherrscht wird, bestimmt glücklich machen kann.
Ich war, im Rahmen der Langen Nacht der Museen in Wien, im Bestattungsmuseum probeliegen. Es hat sich zuerst wie eine Mutprobe angefühlt. Ich war dann aber überrascht, wie gut aufgehoben, fast bequem, ich mich gefühlt habe. Ich wäre gerne länger in dem Sarg geblieben, um die aufkommenden Gedanken und Gefühle besser analysieren zu können. Diese Erfahrung hat mir aber in den kommenden Monaten (ich habe zwei sehr liebe Menschen verloren) geholfen, die Berührungsängste vor Toten und Beerdigungen zu verlieren. Ich war dann in der Lage meinen Toten Vater anzusehen und zu berühren und mich auch aktiv an der Gestaltung der Beerdigung zu beteiligen.
In Böblingen auf dem Flugfeld gibt es einen riesigen Indoorspielplatz. In der Riesenhalle befindet sich ein galaktisch riesiges Raumschiff. Darin sind so etwas wie Aliensärge hochkant aufgestellt. Zwei davon sind leer, beleuchtet, und laden zum Probeliegen ein. Ihre Deckel haben ein Fenster.