Allgemein

Sarahs Grab

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Lieber Tom, ich wende mich mit einem groszen Problem an Sie. Ich bin jetzt 56 Jahre alt und habe ein Kind totgeboren. Das war ein groszer Schock für uns und mein Mann und ich haben uns damals nach dem Verlust von Sarah, die uns vom Herrn so früh genommen wurde, weitere Kinder ganz bewuszt versagt. Seitdem konzentrieren wir uns vollkommen auf die Trauer um unsere Tochter, die im Herzen immer noch bei uns ist und die wir auf diese Weise auch heute noch immer bei uns haben. Jetzt ist das Kindergrab aber aufgerufen worden und wird bis Ende des Jahres aufgelöst. Die dreiszig Jahre Kaufzeit sind dann unwiderruflich vorbei. Nun zu meiner Frage: Ist es rechtens, dasz man uns kein neues Kindergrab verkaufen will? Die Friedhofsverwaltung sagt, Kindergräber könne man nur kaufen, wenn man auch ein Kind begraben will. Sarah sei aber nun abgelaufen und gar nicht mehr da und deshalb dürften wir kein Kindergrab mehr nehmen. Was man uns anbietet, ist ein groszes Familiengrab und eine sehr teuere Umbettung. Auch müszten wir das grosze Grab für Sarah dann wenigstens wieder dreiszig Jahre im Voraus bezahlen. Finanziell ist das kein Problem, wir verzichten seit Jahren alles, schon wegen dem aufwändigen Blumenschmuck der wöchentlich gewechselt wird, wir opfern uns gerne für Sarah auf. Selbst im Sommer fahren wir ja nicht in Urlaub, weil dann das Grab immer gegossen werden musz und auszerdem hat Sarah im August Geburtstag. Bis dahin wollen wir eine Lösung, damit wir Sarahs Geburtstag dann am neuen Grab feiern können. Aber Sarah ist doch ein Baby und wir wollen kein Erwachsenengrab für sie. Was kann man tun?

Sie sollten sich mit dem Gedanken beschäftigen, daß die Friedhofsverwaltung Recht hat. Von Ihrer Tochter ist nichts mehr da. Rein Physikalisch ist sie nun endgültig von Ihnen gegangen und Sie sollten das, was Sie von ihr im Herzen tragen, weiter bewahren, aber auf eine Grabstelle und die damit verbundenen Kosten und den Aufwand verzichten. Man sagt immer so leicht, man müsse auch loslassen können, Sie können das offensichtlich nicht und das halte ich schon fast für ein Problem. Diese Welt und Ihr Leben gehört den Lebenden, die Toten haben auf dem Friedhof und in unseren Erinnerungen ihren Platz. Wenn Sie aber Ihre Welt und Ihr Leben dreißig Jahre lang einzig und allein auf ein totes Baby ausrichten, nehmen Sie sich die Gelegenheit, ein erfreutes und erfülltes Leben zu führen.
Sie und Ihr Mann haben genug getrauert und alles für Sarah getan, was man tun kann, davon bin ich überzeugt. Sie haben das gut gemacht. Aber jetzt ist es genug! Jeder muß irgendwann mal sterben und würden die, die zurückbleiben immer viele Jahrzehnte in ein dunkles Loch fallen, wäre die Welt ein großes Jammertal und kein Platz wo ich leben wollte.

Nehmen Sie den Ablauf des Grabes als Zeichen und lassen Sie Sarah jetzt los. Ich sende Ihnen im Anhang zwei Adressen von sehr netten Leuten, die ich gut kenne, die Ihnen in Ihrer Situation eine gute Hilfestellung sein können. Nehmen Sie die Hilfe eines dieser Therapeuten in Anspruch und scheuen Sie sich nicht, ganz offen und frei über Ihre Situation und Ihren Schmerz zu sprechen.
Ich verspreche Ihnen, daß Sie und Ihr Mann sich wesentlich besser fühlen können und noch etliche schöne Jahre verleben können, wenn Sie diese Situation bewältigen und loszulassen lernen.
Aber bitte glauben Sie mir, Sie werden das wahrscheinlich ohne fremde und professionelle Hilfe nicht schaffen. Nehmen Sie Kontakt zu einer der genannten Personen auf!

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(©si)