Sehr geehrter Herr Wilhelm,
ich bin kürzlich auf Ihren Bestatterweblog gestoßen und lese mit großer Begeisterung die gleichsam informativen wie humorvollen Einträge.Ich habe eine Frage, die ich Ihnen stellen möchte,
da mein Umfeld im Umgang mit diesem Thema doch sehr befangen ist:
Wie verfährt ein Bestatter nach einem Schienensuizid, wenn eine Erdbestattung gewünscht ist?
Wie kann der Leichnam (ohne Aufbahrung natürlich) vorbereitet werden?
Ich interessiere mich dafür, da es in meiner Heimatstadt einen solchen Fall gegeben hat, die Foren für Thanatologen mir nur wenig Aufschluss gegeben haben (nicht alle Angehörigen können ein solches Verfahren finanziell stützen) und ich mich nicht traue, mit solchen Fragen eventuell ungewollt Sensationsgier zu verkörpern.Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen und verbleibe mit Dank im Voraus und lieben Grüßen
Es muß klar gesagt werden, daß Bahnsuizid keine sichere Selbsttötungsmethode ist, vor allem ist sie nicht in allen Fällen schnell und schmerzlos wirksam.
Hier sind Fälle bekannt, in denen der Betroffene beide Arme und Beine eingebüßt hat und dann noch gerettet werden konnte.
War die Tat „erfolgreich“ haben die Bestatter es mit Verstorbenen zu tun, die nicht so ohne weiteres gehandhabt werden können, wie etwa ein friedlich entschlafenes Großmütterchen.
Von einer offenen Aufbahrung muß in nahezu allen Fällen abgesehen werden.
Die Verstorbenen sind je nach Ablauf des Vorfalls mehr oder weniger zerteilt. Es ist meist ein lange und aufwendige Suche nach selbst kleinsten Teilen des Leichnams notwendig.
Im Endergebnis ist man schon damit zufrieden so viel wie irgend möglich gefunden zu haben und es in den Sarg legen zu können.
Wenn möglich wird hierbei die normalerweise richtige Lage der Körperteile berücksichtigt.
Thanatologen können in sehr vielen Fällen einen Verstorbenen weitaus besser und umfangreicher behandeln, als es ein herkömmlicher Bestatter tun würde.
Aber auch ihrer Kunst sind Grenzen gesetzt.
Sagen wir es mal so: Ob eine Weiterbehandlung und im Endeffekt eventuell doch sogar eine Aufbahrung möglich ist, hängt in erster Linie vom Zustand des Kopfes des Verstorbenen ab.
Abgesehen davon können die Angehörigen auch bei einer Abschiednahme am geschlossenen Sarg darauf vertrauen, daß der Bestatter alles was von dem Verstorbenen übrig war, auch in den Sarg gebettet hat.
Mehr zu dem Thema findet man unter dem Stichwort Bahnsuizid im Bestatterweblog.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden
Das ist ein heikles Thema, wenn es damals bei uns hieß: Bergung einer Bahn Leiche, war es immer wieder überraschend, in welchen unterschiedlichen Zuständen dieses erscheinen kann. Von wenig verletzt bis total zerstückelt. Man muss schon einiges weg stecken können!
„Opfer“ von Suiziden auf Bahngleisen sind so ziemlich das Schlimmste, was ich mir persönlich als Anblick vorstellen kann. Ich frage mich da grundsätzlich, wie die Beteiligten (Retter, Ärzte, Polizisten, Bestatter) solche Anblick „verknuspern“ können. Mein Magen würde da nach 2 Minuten schon eine Pilgerfahrt antreten.
@Sebbo:
Es gab da mal ein Interview mit einem Lokführer, der meinte, mit das Schlimmste sei der Geruch. Die Bremsen, die man natürlich sofort auf Anschlag dreht, werden heiß. Das Fleisch, das dann an die Räder kommt, wird quasi verbrannt.
@Xenaris:
Bedeutet also im Umkehrschluss: Während die Einsatzkräfte die Schädeldecke aus dem Gleisbett aufklauben, Reste vom Gehirn vom Poller der Lokomotive kratzen riecht es auch noch, als hätte Opa Herbert in der Kleingartenkolonie seine Würstchen zu lange auf dem Grill gelassen.
Ich kann kaum sagen wie groß mein Respekt für Leute ist, die sowas beruflich erleben müssen.
@Sebbo:
Nicht vergessen: der Großteil der Feuerwehren, die bei solchen Fällen mit involviert sind und Leichenteile suchen, sind Freiwillige Feuerwehren – die werden für den Schock nicht nur nicht bezahlt sondern müssen sich (wenn sie Pech haben) am nächsten Tag vom Chef auch noch anmachen lassen, warum sie nicht pünktlich bei der Arbeit waren.
Naja, kann der Chef ja nicht wissen. Kann man dem ja auch gerne genau so unverblümt aufs Brot schmieren. Bringt vielleicht nicht jeder einfach so, aber ich würde das tun.
Übrigens: auch Lokführer haben mitunter Team- und Abteilungsleiter, die meinen, man müsse sich rechtfertigen, weil man sich nach einem Personenunfall länger als drei Tage krank meldet. (Habe das selbst schon so erlebt. Drei „PU“ in 25 Jahren Dienst – jetzt dauerkrank. Es reicht.)
Moin! Gerade wegen dieser „Vermutungen“, wie ein verunfallter Mensch aussieht, ist es wichtig, den Abschied am offenen Sarg zumindest anzubieten. Die Vorstellungskraft der Menschen, siehe oben, ist groß und erzeugt Bilder im Kopf, die schlimmer als die Realität sind. Drei Wochen nach einem Tsunami haben die Menschen ihre Angehörigen in Thailand angeschaut. Was es da zu sehen gibt, hat nicht mehr viel mit einem Menschen zu tun, verschafft aber Gewissheit und man kann den Tod „begreifen“. Wenn jemand einen Unfall überlebt, sieht er ja auch nicht wie neu aus. Da muss man halt erklären, was die Familien erwartet und den Zustand des Verstorbenen genau beschreiben. Dann entscheiden die, ob es einen Abschied am offenen Sarg gibt, im Zweifel schaut nur eine Hand unter der Decke hervor, die man nochmal einen Moment halten kann. Für die Einsatzkräft ist es wichtig, dass jeder für sich einen Umgang mit Unfällen findet. Es braucht ja auch keiner direkt am Verunfallten arbeiten, der von vornherein weiß, dass er dieser Aufgabe nicht gewachsen ist, gibt ja rundherum auch genug zu tun.… Weiterlesen »