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Sehr privat gepflegt II

Eine Leserin hat den Beitrag „Sehr privat gepflegt“ gelesen und fühlt sich ansatzweise an eigene Erlebnisse erinnert.

„Mein Opa war nach dem Tod seiner Frau nicht mehr richtig anwesend. 7 Jahre lang saß er eigentlich nur noch trübsinnig auf dem Sofa und war zu nicht mehr zu bewegen als: „Ich folg‘ dir bald, jetzt ist’s nicht mehr lang“ zu sagen. 7 Jahre lang! Meinen Opa von vorher gab es nicht mehr, nichts konnte ihn da rausholen, bis er so zerstreut war, dass meine Mutter plus die drei weiteren Geschwister eine private Pflegehilfe organisiert haben, die sich zu Hause um ihn gekümmert hat, damit er weiter in seinem Garten sein konnte.

Was die mit ihm gemacht hat, weiss ich nicht. Vielleicht einfach nur täglich mit ihm einen Kaffee getrunken und geredet (er wohnte ziemlich weit weg von allen, sodass tägliche Besuche von der Verwandschaft nicht drin waren), aber auf jeden Fall kam in den 3 Monaten Pflegedienst mein „alter“ Opa wieder zurück.

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Einer, mit dem man reden und lachen konnte, es war richtig schön. Nunja, meine eine Tante bekam mit, dass er ihr wohl extra Geld zugesteckt hatte. Diese Tante hat sowieso nicht mehr alle Tassen im Schränkchen und bekam Angst um das Erbe (ein marodes Haus) und feuerte die Pflegerin, schleppte meinen Opa zum Anwalt, ließ ihn entmündigen, übernahm die Pflege und zugleich das Erbe.

Pflege übernehmen heißt in dem Fall, dass zunächst ein neuer Pflegedienst eingestellt wurde und den restlichen Geschwistern erklärt wurde, dass Besuche nicht mehr erwünscht seien, da mein Opa gemerkt hätte, dass sie Zitat (!) „Sowieso alle nur Erbschleicher seien“. Besuche wurden von ihr an der Tür abgeblockt.

Nach vier Wochen oder so hieß es plötzlich, dass mein Opa in ein Altersheim umgezogen sei und die Tante nun das Haus hüte. Im Altersheim wurde er nach 3 Wochen krank, und kam ins Krankenhaus.
Bei meinem Besuch im Krankenhaus erkannte er mich nicht und war auf ungefähr ein Drittel seiner ursprünglichen Statur zusammen gefallen. Ich kann das nicht beschreiben, es war als sei er einfach geschrumpft und grau. Das einzige, wonach er fragte war der Namen der Pflegerin. (wie romantisch :P)

Wie es abzusehen war, starb er innerhalb von einer Woche. Das ganze HickHack der Tante um das Erbe, welches sie ja eh schon hatte erspar ich dir. Sie wohnt nun in dem Haus, hat an der Klingel tatsächlich „Hier wohnt die böse böse Frau“ stehen und war sich nicht zu blöde während der Beerdigung am Grab meines Opas eine Szene zu machen alà „Ihr wart doch immer bevorzugt, du kannst ja nur studieren, weil du ihm dauernd das Geld für dein Studium aus den Taschen gezogen hast,
Sozialschmarotzer seid ihr, lass euch nie wieder am Grab blicken, er mochte euch doch eh nicht mehr usw usw usw“. Eine richtig schöne Beerdigung war das. Es ist laut Brief von ihr nun verboten Blumenschmuck oder sonstiges auf dem Grab abzulegen…

Jetzt ist es doch länger geworden und ich könnte vor Wut wieder weinen, aber was ich sagen wollte ist: Besser so eine Pflege, von mir aus auch mit Extra Geld, als eine unpersönliche. Ich bin fest davon überzeugt, dass man einen Menschen auch krank oder tot pflegen kann. Nicht, dass sie ihn absichtlich umgebracht hat, aber die Art und Weise wie man einen pflegt kann bestimmt lebensverlängernd oder-verkürzend wirken.
Und ich hätte meinen Opa gerne länger gehabt.“

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#gepflegt #privat #sehr

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(©si)