Völlig unangemeldet steht heute Morgen Frau Lydia Wolke-Hubendampf bei uns in der Halle und begehrt den Chef des Hauses zu sprechen. Wie alle Jahre haben wir zwischen Heiligabend und Heilige Drei Könige zu. Wenn was ist, dann kommen die Angestellten, ansonsten haben sie frei. Es ist also nur dem verstorbenen Herrn Blumentritt zu verdanken, daß Sandy im Hause ist.
Etwas kleinlaut telefoniert sie nach oben um mich zu fragen, ob ich mir die Frau mal angucken könnte, so ganz klar sei ihr nämlich nicht, was Frau Wolke-Hubendampf möchte.
Also streife ich mir ein dunkles T-Shirt über, das muß mit Jeans und Schuhen reichen und gehe hinunter.
Die Wolke-Hubenschmidt kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, so als ob sie mich schon ewig kennt und begrüßt mich überschwenglich. Sie habe es so eben noch einrichten können, mir die große Gnade ihrer kurzfristigen Anwesenheit zu erweisen, schließlich gehe das Jahr ja nun zu Ende und sicherlich wolle ich es nicht versäumen, kurz noch eben mit ihr eine Absprache zu treffen.
„Was denn für eine Absprache und um was geht es überhaupt?“
Statt einer Antwort fängt das sehr vollbusige Weib an zu singen. In höchsten Tönen (ich sage nur: Koloratur!) zwitschert sie wie eine hämorrhoidenkranke Haubenlerche im Stimmbruch eine Arie in Zwölftoninterpretation.
„Ua, a, a, aaaaaaaaa“, so endet das Stück und mit erwartungsvoller Miene tritt das Sangesweib einen Schritt zurück.
Ich hatte unwillkürlich, ob der schrillen Töne, den Kopf zwischen die Schultern gezogen und komme mir nun vor wie eine Schildkröte, die nach der Winterruhe das erste Mal wieder ihren Kopf aus dem Panzer schiebt, um zu sehen ob die Luft rein ist. „Toll!“ sage ich nur und frage mich immer noch, was die Tante von mir will.
„Noch ein kleine Kostprobe meines Könnens?“ fragt sie und ich winke heftig ab, mit beiden Händen, schon allein aus Sorge um die teuren Energiesparlampen, die ich schon vor meinem geistigen Auge zerspringen sehe. Doch die Wolke-Hubendampf interpretiert meine Handbewegungen vollkommen falsch und meint nur: „Sparen Sie Ihren Applaus!“ und schon wirft sie erst den Kopf nach hinten, dann die voluminöse Brust nach vorne und aus dem leicht vibrierenden Doppelkinn zwitschert es in einer Tonlage, mit der man zugefrorene Seen zum Eisreißen bringen kann.
Die Königin der Nacht, sonst die Herzschmerzschnulze aller sexuell anders Orientierten mutiert in der Interpretation der Dampfwolke zu einer Kakophonie schrillster Sorte. Nicht schön, nein, wirklich nicht schön!
Minuten werden zu Stunden und ich bin kurz davor, mir ostentativ die Finger in die Ohren zu stecken, da endet sie abrupt und verbeugt sich galant. Ich will gerade vorspringen und sie auffangen, weil ich Angst habe, ihre Oberweite könnte sie zu Boden ziehen, doch scheint sie den Gravitätsgesetzen zu trotzen, legt noch einen Knicks hin und strahlt mich erwartungsvoll an.
„Toll!“ sage ich wieder und frage dann: „Und?“
„Singen!“
„Was singen?“
„Na, auf Beerdigungen!“
Also wirklich! Ich habe etliche Sänger in meiner Kartei, weil immer mal wieder der Wunsch geäußert wird, ob wir nicht jemanden hätten, der das „Ave Maria“ live singen kann. Solche und ähnliche Wünsche erfüllen wir problemlos, aber diese Dampfwolken-Brust da vor mir, die ist so schlecht, so schrill und so laut, nee, die würde mir alle mühsam Beerdigten wieder ans Tageslicht rufen und ich will keinesfalls Schuld sein an einem Aufstand der Zombies!
Endlich verstehe ich, warum mancher Talentsucher zu den Bewerbern sagt: „Wunderschön, wir melden uns bei Ihnen.“
So sage auch ich das und wieder muß ich Angst haben, daß Körbchengröße F die ganze Frau zu Boden reißt, doch kurz bevor ihre Brustwarzen mir Löcher ins Parkett stanzen, erhebt sich die Schrille erstaunlich galant. Just in dem Moment kommt Sandy wieder durch die Halle und sieht noch, wie der Wolkendampf graziös entschwindet und meint: „Ne Freundin von Dir, Chef?“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: sopran
hat der Tom etwa was gegen große Brüste? 😉
Deine Formulierungen sind immer wieder gottvoll!
„zwitschert sie wie eine hämorrhoidenkranke Haubenlerche im Stimmbruch eine Arie in Zwölftoninterpretation“
Ich hab noch ein komisches Ziehen im Baum vom Lachen! 😀
Henning
Ich find das mit den Löchern ins Parkett stanzen ja noch viel geiler! *lach*
Du suchst Sänger? Sag das doch gleich! Ich könnte noch einen Knödeltenor mit Anlauf beisteuern. Ich treffe alle Töne nach längerem Ziehen vierteltonscharf!
na so schlimm ist Körbchengröße F ja nun auch noch nicht. Wobei – könnte fast schon „Korbgröße“ heißen 😉
Dampfwolken-Brust, herrlich, einfach herrlich!
Wie alt war die gute denn? vielleicht hätte sie sich ja für ne Playboybeerdigung „besonders“ in Schale (oder aus der Schale?) geworfen. Grade zu Weihnachten wär das doch sicher ein Renner, „süßer die Glocken nie klingen“ oder wie war das noch gleich?
Oh-oh… Die Haubenlerche hat eine Schwester? http://bestatterweblog.de/archives/Die-Haubenlerche/281
Oder sind Haubenlerchen Schwarmvögel *gottbewahre* 🙂
So was von genial und deine Formulierungen sind immer wieder Klasse. *rofl*
Hihihihihihihihi!
Mein Tag ist doch noch gerettet. Her~lich!
Großartig, köstlich, kunstvoll. Ich kann nicht mehr. Wolke Bindestrich Hupendampf. Die wunderschönen passenden Namen der Darsteller in den Geschichten, einfach zu herrlich. Mich würde interessieren wie lange Tom daran feilt oder ob die immer spontan passend einfallen. Es sind die vielen kleinen Dinge in den Geschichten hier, die zusammen was großes ergeben, auch wenn es „nur“ Kurzgeschichten sind.
*PRRUUUUUST* 😀 einfach nur H-E-R-R-L-I-C-H!!!! *kulller*
Deine Sandy hat ja auch einen göttlichen Humor.
Pass auf, dass sie nichts Deiner Frau steckt!
😉
Na wenn du Sänger brauchst, pack ich gern die Gitarre ein und schmettere was. Kostproben gibts auch.
Hab jetzt mal nach Zwölftoninterpretation gesucht. Rate mal was ich gefunden hab.