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Stuhlkreis

Ich will das ja gar nicht so hoch hängen, aber ein Bestattungsunternehmen ist ein klassischer Notdienst. Bei Wind und Wetter, an jedem Tag des Jahres und zu jeder Tages- oder Nachtzeit müssen wir raus. Wir sind für die umliegenden Samtgemeinden im Polizeidienst tätig und müssen u.a. auch Unfalltote bergen und Leute von irgendwelchen Tatorten abholen. Da ist manchmal Eile geboten. Und nicht vergessen darf man die Familien, die trotz entsprechender Hinweise von uns, meinen, daß der eben verstorbene Opa sofort aus der Wohnung muß, weil sie glauben, daß der Opa mit dem Eintritt des Todes quasi wie ein unter Druck stehender Boiler giftiges Gas ausströmt.

Jedenfalls steht fest, daß wir immer recht zügig ausrücken können müssen. Und da kommt es dann fürchterlich doof, wenn sich so eine junge Pute mit ihrem niegelnagelneuen bonbonfarbenen Mini-Cooper direkt vor unsere Einfahrt stellt.

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Das Tor an unserem Grundstück ist ein elektrisch betriebenes, brusthohes Schiebelement, das bei Annäherung eines unserer Fahrzeuge oder auf Knopfdruck zur Seite fährt. Die Ausfahrt von unserem Hof liegt an einer sehr schmalen Seitenstraße und unsere Autos sind sehr lang, sodaß man sowieso schon einigermaßen fahren können muß, um da heil herauszukommen. Wenn da jetzt noch jemand die Einfahrt einengt oder auf der gegenüberliegenden Seite parkt, können wir beim besten Willen nicht raus. Das ist auch der Grund, warum auf unserer und der gegenüberliegenden Seite absolutes Halteverbot gilt.

Sie stellt also ihren Knutschbomber mitten vor unser Rolltor und will enteilen. Ich sehe das von meinem Bürofenster, öffne dieses und rufe :“Hey, Moment mal bitte!“

Sie bleibt irritiert stehen, überlegt kurz und geht einfach nach rechts weg. Ich sprinte zur Vordertür raus, erwische sie direkt vor unserem Haus und schneide ihr den Weg ab: „Sie haben Ihr Auto direkt vor unsere Einfahrt gestellt.“

„Ja und? Das ist doch ein freies Land, oder?“

„Wir kommen jetzt aber mit unseren Autos nicht mehr raus.“

„Na und? Ist das etwa mein Problem?“

„Sagen Sie mal, hatten Sie vielleicht in der Schule nur Singen, Klatschen und Töpfern? Sprechen Sie meine Sprache?“

„Wollen Sie jetzt frech werden?“

„Nein, ich bin es schon. Bitte fahren Sie Ihr Auto da weg. Dort drüben ist ein Parkplatz, da sind ausreichend Stellplätze.“

„Ich hab’s eilig, lassen Sie mich in Ruhe!“

„Sie müssen ja nur einfach Ihr Auto zehn Meter weiter fahren und schon ist alles gut.“

„Das lassen Sie mal schön meine Sache sein.“

„Gut, dann laß ich die Karre eben abschleppen.“

„Ja wie jetzt? Abschleppen?“

„So mit ’nem Abschleppwagen, am Haken.“

„Häh?“

„Sie sind aber schon in der Lage, den Sinn meiner Worte zu erfassen, oder?“

„Abschleppen?“

„Ja, Auto an Haken, Auto weg und kostet Geld.“

„Wie jetzt?“

„Sprechen Sie irgendeine Kultursprache? Ich könnte noch Italienisch anbieten, wäre das günstiger für Sie?“

„Ja aber Sie können doch mein Auto nicht abschleppen lassen, das ist noch ganz neu.“

„Mir doch egal.“

„Sie sind doch gar nicht die Polizei.“

„Nein, ich bin der Mann, vor dessen Einfahrt Sie Ihr Auto abgestellt haben und wenn wir rein oder raus wollen und Ihr Auto dann immer noch da steht, dann lasse ich es abschleppen.“

„Ich muß aber zum Stuhlkreis.“

„Aha, Esoterikerin!“

„Nein, ich bin völlig gesund. Der Stuhlkreis ist das wöchentliche Treffen der Mütter des Kindergartens da vorne.“

„Warum parken Sie dann nicht direkt am Kindergarten, da sind doch genug Parkplätze.“

„Na hören Sie mal, mein Auto ist neu und Sie wissen doch wie so Mütter manchmal einparken.“

„Ach so. Na, vielleicht lasse ich es auch gar nicht abschleppen, sondern wir rammen die Karre einfach.“

„Kaputtmachen geht ja gar nicht!“

„Doch!“

„Dann fahr ich es eben weg, so!“

Na also, geht doch!

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#stuhlkreis

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