Frag doch den Undertaker

Suizid an Neujahr

Da schreibt mir am 4.1.2010 jemand:

Hallo Tom,

das Erfreuliche: Ich habe alle! Artikel in deinem Blog gelesen und ich finde das Blog superklasse!

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Das Unerfreuliche: Meine Frau und ich haben heute über Dritte erfahren, daß sich die erwachsene Tochter unserer direkten Nachbarn an Neujahr das Leben genommen hat. Wir haben ein recht lockeres Verhältnis zu ihnen, wenn man sich gesehen hat hat man sich gegrüßt oder auch mal Smalltalk gehalten.

Glücklicherweise wurden wir in der Vergangenheit mit einer solchen Situation nicht konfrontiert, aber im Moment fällt mir einfach nichts ein, wie man den Eltern das Beileid ausdrücken sollte. Hättest du mir bitte einen Tipp? Ich denke, daß man das Thema Suizid besser nicht anschneidet, oder?

Leider komme ich erst heute dazu, direkt zu antworten. Aus verschiedenen Gründen war es notwendig, mir ein bißchen eine Aus-Zeit vom Weblog zu nehmen, man wird es gemerkt haben. Gestattet sei mir allerdings die grundsätzliche Bemerkung, die an alle Anfragenden gerichtet ist, daß ich gerne anbiete, auf alle entsprechenden Fragen zu antworten, es jedoch nicht in jedem Fall tun kann und es leider auch nicht möglich ist, zu garantieren, daß ich kurzfristig (auf Neudeutsch: zeitnah) antworte.

Dafür wird sicherlich jeder Verständnis haben.

In diesem konkreten Fall stehen wir vor einem Problem, das immer wieder Gegenstand von Anfragen ist, Wann, wie, wo und bei wem muß/soll/kann ich kondolieren.

Nun, eine klare Antwort darauf finden immer nur die Benimm-Oberlehrer und sie liegen in den meisten Fällen mit ihren gut gemeinten Ratschlägen ziemlich daneben. Kondolieren ist nämlich nach meinem Verständnis, nicht etwas was man nur aus Anstand und Verpflichtung heraus machen sollte, sondern darüber hinaus als Zeichen der echten Anteilnahme und ggfs. auch als Angebot der Hilfe.

Dabei hängt es jeweils vom persönlichen Verhältnis zu den Betroffenen ab, ob man nun nur eine Karte einwirft oder ob man gar zu den Hinterbliebenen geht und persönlich kondoliert.

Im vorliegenden Fall ist zwar eine gewisse soziale Distanz gegeben, man grüßt sich nur, schwatzt hin und wieder, ist aber nicht näher befreundet, jedoch gibt es eine sehr geringe örtliche Distanz, die Leute sind die direkten Nachbarn. Es ist also durchaus angebracht, daß man auf gleichem Niveau wie zuvor miteinander verkehrt, also das kurze Gespräch und die persönliche Kondolenz bevorzugen sollte.

Ohne falsches Pathos und übertrieben zur Schau getragener Anteilnahme würde ich zeigen, daß ich vom Todesfall Kenntnis erhalten habe, den Betroffenen mein Mitgefühl ausdrücken und das Angebot aussprechen, daß man gerne bereit ist, zu helfen und zu unterstützen.

Damit macht man auf keinen Fall etwas verkehrt und es kann im Gegenteil sogar bewirken, daß das nachbarschaftliche Verhältnis sich noch mehr verbessert.

Das Thema Suizid anzusprechen, würde ich vermeiden. Man spricht ja auch nicht unbedingt die dem Tod vorausgegangenen Erkrankungen oder die Umstände eines Unfalls an. Sollten die Hinterbliebenen von sich aus das Thema anschneiden, sollte man sich vorsichtshalber neugieriger Nachfragen enthalten. Eventuell gibt es später einmal eine bessere Gelegenheit, um das alles mal erzählt zu bekommen.

Eine der belastendsten Situationen für Hinterbliebene ist, daß sie die Umstände des Sterbens immer wieder berichten müssen. Es ist nicht etwa Kaltherzigkeit, die Angehörige zur Formulierung „von Beileidbsekundungen bitten wir abzusehen“ greifen lässt, sondern in erster Linie der Umstand, daß teilweise Wildfremde meinen, ein Recht darauf zu haben, alles ganz genau in allen Einzelheiten erzählt zu bekommen.
Beim Kondolieren gilt: Kurz und knapp und ehrlich und dann lieber zuhören, aber nicht viel fragen.

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(©si)