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Über sieben Happen musst Du gehen

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Antonia wird ja gerne von mir hergenommen, wenn es darum geht, Personen mit einer andauernden Vorliebe für Süßes und Fettes zu charakterisieren. Sie nimmt das, und zwar nicht nur vorgegebenermaßen, mit einem gleichmütigen Schulterzucken: „Ich hab eben Verbrennung, was kann ich dafür? Mein Körper verbrennt alles so rasch, ich muß mindestens sieben Mahlzeiten am Tag einnehmen, hat der Doktor gesagt. Ich soll nicht immer so viel auf einmal essen, sondern alles auf sieben Mahlzeiten am Tag verteilen.“

„Moment mal“, protestiert Frau Büser, „wenn ich zusammenzähle, was Du allein hier während der Arbeitszeit vertilgst, dann komme ich ja schon allein auf zehn Mahlzeiten.“

„Ja und?“ mümmelt Antonia in eine Käse-Schinken-Stange: „Er hat gesagt, daß ich gar keinen großen Hunger aufkommen lassen soll. Das würde nur dazu führen, daß ich dann wieder große Portionen esse und zunehme.“

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„Ach so, und deshalb mußt Du jetzt den ganzen Tag esse, ohne Unterlass, ohne Atempause?“

„Nee, manchmal geh ich ja auch aufs Klo.“

„Mensch, Antonia, merkst Du nicht, daß Du ständig am Fressen bist?“ mischt sich Sandy wenig feinfühlig in das Gespräch ein, trifft aber den Nagel gewohnt zielsicher auf den Kopf.

„Ja, was soll ich denn machen? Sieben Mahlzeiten müssen es sein, über den Tag verteilt und dann ab und zu was zwischendurch.“

„Das kann der Arzt so nicht gemeint haben“, zweifelt Frau Büser, „Der hat bestimmt gesagt, daß Du Deine normale Ration auf sieben kleine Mahlzeiten verteilen sollst. Oder aber Du ißt normal drei Mahlzeiten und ab und zu einen trockenen Zwieback zwischendurch, gegen das nagende Hungergefühl.“

„Mach ich doch auch!“

„Machst Du eben nicht!“ protestiert Sandy: „Guck mal, Du futterst morgens wenn Du kommst schon die erste Tüte von Bäcker Lemminger leer, Puddingkrapfen, Berliner, Sahneschnittchen. Das sind Kalorien wie für einen Schwerarbeiter und müßte den ganzen Tag reichen. Aber Du ißt dann alle Stunde so eine Portion. Mittags dann einen Döner-Teller mit extra Pommes und Mayo, kurz danach wieder was Süßes vom Konditor und so geht das den ganzen Tag.“

„Sieben mal!“

„Und noch das Zeug zwischendurch!“ gibt Frau Büser zu bedenken.

„Ich halte mich bloß an das, was der Doktor gesagt hat.“

„Aha, und was machst Du abends und nachts, wenn Du hier schon sieben bis zehn Mahlzeiten verdrückst?“

„Moooment! Der hat gesagt, ich soll sieben Mahlzeiten am Tag essen, abends ist ja ganz was anderes.“

„Wie bitte?“ ist frau Büser ganz erstaunt: „Abends futterst Du noch weiter?“

„Ja, klar, der hat doch nur vom Tag gesprochen. Sieben Mahlzeiten am Tag, abends esse ich aber nicht so viel, vorwiegend trockene Sachen.“

„Was denn?“

„Chips, Flips und Käsepoppies.“

„Käse was?“

„Käsepoppies, das ist so ein Maissnack mit Käsegeschmack.“

„Du bist verrückt“, stellt Frau Büser fest und Sandy nickt.

„Ja, was soll ich machen, ich hab‘ eben Verbrennung.“

„Nee, Du bist ’ne freßsüchtige Fettwachtel“, meint Sandy und schüttelt nur den Kopf: „Schatzi, merkst Du denn gar nicht, daß Du eigentlich den ganzen Tag nur frisst? Dauerndes Fettfressen, unterbrochen von gelegentlichen Arbeitseinheiten!“

„Ihr seid gemein!“

Frau Büser macht eine beschwichtigende Handbewegung und guckt Sandy etwas vorwurfsvoll an: „Hört auf, Mädels! Aber mal ehrlich, Antonia, Sandy hat recht. Du ißt wirklich den ganzen Tag. Merkst Du denn nicht, daß Du den ganzen Tag nur ans Essen denkst?
Was meinst Du, sollen wir mal gucken, ob es da irgendwo eine Beratungsstelle gibt?“

„Ich brauche doch keine Beratung, ich habe das voll im Griff.“

„Ja, siebenmal am Tag Fett fressen…“ grantelt Sandy und meint dann versöhnlicher: „Hör zu, niemand will Dir was Böses und meinetwegen kannste auch dick sein, aber Du machst Dich krank. So fett wie jetzt warst Du noch nie und Du bist doch noch so jung. Wie dick willst Du in zehn Jahren sein? Du wirst doch krank, kriegst Zucker, Bluthochdruck und ruinierst Deine Knochen und Gelenke.“

„Mach‘ ich gar nicht!“

„Machste doch!“

„Kommt nur von der Verbrennung!“

„Ach hör doch auf! Jeder Mensch verbrennt Kalorien, jeder Mensch muß aufs Klo, nur Du stopfst oben immer viel mehr rein, als ein normaler Mensch verbrennen kann.“

„Ihr seid gemein!“

„Nein, Kindchen“, sagt Frau Büser: „Wir wollen Dir nur helfen.“

„Was soll ich denn machen?“

„Lass Dich beraten!“

„Und von wem?“

„Sollen wir Dir mal was raussuchen? Es gibt da bestimmt irgendwelche Angebote von der Krankenkasse.“

„Ich hab‘ doch bloß Verbrennung.“

„Dann müssen wir das mal löschen.“

„Ich weiß nicht, Frau Büser.“

„Doch, doch, Du weißt das ganz genau! Du weißt ganz genau, daß andere junge Frauen in Deinem Alter nicht so fett sind. Okay, der liebe Gott hat dünne und dicke Bäume wachsen lassen, das ist ja auch nicht das Problem. Meinetwegen kannst Du auch etwas moppelig sein, aber das was da gerade läuft, das kann so nicht weitergehen. Du futterst Dich um den Verstand.
Ich such‘ Dir später was raus, okay? Und wenn Du willst, dann gehen Sandy oder ich mit Dir dahin.“

Kleinlaut und mit Tränen in den Augen mault Antonia: „Meinetwegen…“, schnieft etwas und sagt dann mit Dackelblick: „Dankeschön.“

„Gern geschehen. Moment mal, wo willst Du hin?“

„Zum Bäcker.“

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